Olympos
hende Gefahr spürte. Tom hielt das Flechette-Gewehr im A n schlag, und Daeman hatte ein weiteres Gewehr über seine Schu l ter gehängt.
Das Wesen steuerte nicht auf das Lagerfeuer oder den Schu p pen zu. Es zerrte sie zwanzig Meter weit in die Dunkelheit der westl i chen Rasenfläche. Dann huschte es in einen der ehemaligen Ve r teidigungsgräben – einen Feuergraben, den Ada mit ausgehoben hatte – und schien sich auf seine gespreizten Hä n de zu hocken.
Zu beiden Seiten des kleinen Geschöpfs taten sich zwei neue Öffnungen auf, und handlose Stängel, pulsierende Rüssel, k a men hervor, schwankten hin und her und saugten sich auf einmal am Boden fest. Dann ertönte ein Geräusch, das wie eine Mischung aus dem Wühlen eines Schweins und dem Trinken eines Babys klang.
»Was zum Teufel … « Tom hatte das Gewehr auf das Wesen g e richtet. Der Schaft aus Kunststoff und Metall lag fest an seiner Schulter. Ada wusste, dass der erste Schuss etliche tausend mit Widerhaken versehene Glas-Flechettes mit Überschallgeschwi n digkeit in die pulsierende rosafarbene Monstrosität j a gen würde.
Ada begann zu zittern. Ihr beständiger, pulsierender Kop f schmerz verwandelte sich in eine Woge der Übelkeit.
»Ich kenne diese Stelle«, flüsterte sie mit zitternder Stimme. »Hier sind Reman und Emme während des Voynix-Angriffs g e storben … sie sind hier verbrannt.«
Die Setebos-Brut fuhr fort, laut zu wühlen und zu trinken.
»Das heißt also … «, begann Daeman und brach ab . »Es frisst«, beendete Ada den Satz.
Tom legte den Finger an den Abzug. »Erlaube mir, es zu t ö ten, Ada Uhr. Bitte.«
»Ja«, sagte Ada. »Aber jetzt noch nicht. Ich zweifle nicht d a ran, dass die Voynixe zurückkehren werden, sobald dieses Ding stirbt. Es ist noch dunkel, und wir sind noch nicht annähernd vorbere i tet. Gehen wir wieder zu eurem Lager.«
Sie gingen gemeinsam zum Lagerfeuer zurück. Daeman zog das widerstrebende und sich mit den Fingern festkrallende Setebos-Wesen hinter sich her.
60
Harman ertrank.
Sein letzter Gedanke, bevor das Wasser seine Lungen füllte, war: Dieses Miststück Moira hat mich belogen, dann bekam er ke i ne Luft mehr, würgte und ertrank in der strudelnden goldenen Flüssi g keit. Harman hatte zugesehen, wie die goldene Flüssi g keit in den kristallenen Dodekaeder strömte und ihn lediglich bis zu einer Höhe von dreißig Zentimetern unterhalb seiner facettenreichen O berseite füllte. Savi-Moira-Miranda hatte die leuchtend goldene Flüssigkeit als »Medium« bezeichnet, mit dessen Hilfe er die g i gantische Büchersammlung des Taj sigln würde – obwohl sie di e sen Ausdruck nicht benutzt hatte. Harman hatte sich bis auf seine Thermohaut ausgezogen.
»Die auch«, sagte Moira. Ariel war in den Schatten zurückgetr e ten, und nun stand nur die junge Frau mit ihm zusammen im he l len Licht, das durch die Kuppelfenster hereinfiel. Die G i tarre lag auf einem Tisch in der Nähe.
»Warum?«
»Deine Haut muss in Kontakt mit dem Medium sein«, erklärte Moira. »Durch eine Molekularverbundschicht wie eine Therm o haut funktioniert der Transfer nicht.«
»Welcher Transfer?« Harman fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er war sehr nervös. Sein Herz klopfte.
Moira deutete auf die scheinbar endlosen Bücherreihen in den Regalen auf den hundert gekrümmten Etagen an der inneren Kuppelwand, die sich unter ihnen nach außen wölbte.
»Woher soll ich wissen, ob diese alten Bücher irgendetwas en t halten, was mir hilft, zu Ada zurückzukehren?«, fragte Harman.
»Das kannst du nicht wissen.«
»Du und Prospero, ihr könntet mich auf der Stelle nach Hause schicken, wenn ihr wolltet.« Harman wandte sich von dem sich füllenden kristallenen Tank ab. »Warum tut ihr es nicht? Dann könnten wir uns diesen ganzen Unsinn sparen.«
»Das ist nicht so einfach«, erwiderte Moira.
»Ach was, dummes Zeug«, rief Harman.
Die junge Frau sprach weiter, als hätte Harman nichts gesagt. »Zunächst einmal weißt du vom Turin und von Prospero, dass sämtliche Faxknoten und Faxpavillons des Planeten abgescha l tet worden sind.«
»Von wem?« Harman drehte sich wieder zu dem kristallenen Schrein um. Die goldene Flüssigkeit strudelte bis zu einer Höhe von dreißig Zentimetern unterhalb der Oberkante, aber der Tank füllte sich nicht weiter. Moira hatte eine Abdeckung an der Obe r seite geöffnet – eine der facettenreichen Glasflächen –, und er sah die kurzen Metallsprossen, über die er zu
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