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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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obwohl die Hälfte der verbliebenen Trojaner und A r geier hier im Neuen Ilium sie begehrten.
    Sie ließ sich von ihren Sklavinnen, darunter auch Hypsipyle, baden und salben. Helena nahm sich Zeit. Diese Wohnungen in dem wiederaufgebauten Stadtteil in der Nähe des Säulenhauses beim eingestürzten skäischen Tor hielten keinem Vergleich zu ihrem früheren Palast stand, aber die Annehmlichkeiten des Lebens kehrten allmählich zurück. Sie benutzte das letzte kleine Stück ihrer rationierten parfümierten Seife im Bad. Heute war ein besonderer Tag. Der Gemeinsame Rat würde über die E x pedition nach Delphi entscheiden. Sie ließ sich von den Skl a vinnen in ihrem besten grünen Seidengewand und mit gold e nen Halsketten für die morgendliche Ratsversammlung kle i den.
     
    Es war immer noch seltsam, die Argeier, Achäer, Myrmid o nen und anderen Invasoren im trojanischen Rathaus zu sehen. S o wohl der Athene-Tempel als auch der größere Apollo-Tempel waren an jenem Tag des Falls eingestürzt, aber die trojanischen und griechischen Maurer hatten auf den Trümmern des Ath e ne-Tempels einen neuen Palast errichtet, gleich nör d lich der Hauptstraße und nicht weit von der Stelle entfernt, wo Pri a mos ’ Palast mit seinen stolzen Veranden und Säulen g e standen hatte, bevor er von den Göttern in Schutt und Asche gelegt worden war.
    Dieser neue Palast – sie hatten keinen anderen Namen für ihr zentrales Gemeindegebäude – roch immer noch nach frischem Holz, kaltem Stein und Farbe, aber an diesem Frühlingsa n fangstag war er hell und sonnig. Helena schlüpfte hinein und nahm ihren Platz bei der Königsfamilie neben Andromache ein, die ihr ein kurzes Lächeln schenkte und ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf ihren Gatten richtete.
    In Hektors dunkelbraunem, lockigem Haar und Bart zeigten sich die ersten grauen Strähnen. Alle hatten es bemerkt. Helena wusste, dass die meisten Frauen ihn damit noch vornehmer fanden, falls so etwas überhaupt möglich war. Hektor hatte die Aufgabe, die Versammlung zu eröffnen, und das tat er nun; er begrüßte all die trojanischen Würdenträger und achäischen Gäste mit Namen.
    Agamemnon war da; er benahm sich immer noch seltsam, b e dachte jeden der Anwesenden hin und wieder mit diesem la n gen, unkonzentrierten Blick, der seine Miene nach dem Fall so viele Monate lang geprägt hatte, aber sein Verstand funkti o nierte mittlerweile wieder gut genug, dass man ihm in den Di s kussionen des Gemeinsamen Rats Beachtung schenkte. Und seine Zelte waren immer noch voller Schätze.
    Nestor war da, aber er hatte auf einen tragbaren Sessel von vier Sklaven zur Stadt geschleppt werden müssen – aus der Zeltstadt der Achäer, die nun ungeschützt am Strand stand. Der kluge alte Nestor hatte nach den schrecklichen Kämpfen jenes letzten Tages am Strand die Herrschaft über seine Beine nicht wiedererlangt. Aus dem Achäerlager – sechzigtausend griechische Krieger lebten noch, genug, um eine Abstimmung zu verlangen – waren auch der kleine Ajax, Idomeneus, Polyx i nos, Teukros und der anerkannte, wenn auch nicht öffentlich bestätigte Führer der Griechen – der gut aussehende Thras y medes, Nestors Sohn – gekommen. Zum griechischen Konti n gent gehörten darüber hinaus mehrere Männer, die Helena nicht kannte, darunter ein hoch gewachsener, schlaksiger ju n ger Bursche mit lockigen Haaren und Bart.
    Als Thrasymedes von Hektor begrüßt und vorgestellt wurde, warf er einen kurzen Blick in Helenas Richtung, und Helena senkte sittsam den Blick, während sie s ich gestattete, ein wenig zu er röten. Manche Gewohnheiten waren einfach nicht totz u kriegen, nicht einmal hier auf einer anderen Welt und in einer anderen Zeit.
    Schließlich stellte Hektor den Emissär aus Ardis vor – nicht Hockenberry, der noch nicht von seiner Reise nach Westen z u rückgekehrt war, sondern einen hochgewachsenen, dünnen, schweigsamen Mann namens Boman. An diesem Vormittag waren keine Moravecs anwesend.
    Nachdem er mit den Begrüßungen, unnötigen Vorstellungen und rituellen Einleitungsfloskeln fertig war, erläuterte Hektor die Gründe für diese Ratsversammlung und erklärte, welche Beschlüsse in dieser Sitzung gefasst werden mussten.
    »Heute müssen wir also entscheiden, ob wir die Expedition nach Delphi durchführen wollen«, schloss der edle Hektor, »und wenn ja, wer an ihr teilnehmen und wer hier bleiben soll. Außerdem müssen wir entscheiden, was wir tun sollen, wenn es möglich ist, den blauen

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