Olympos
sind Partner. (Zur gefäll i gen Beachtung: Ich meine Geschäftspartner – und gute Freunde –, aber nicht Partner in der seltsamen Bedeutung dieses Wortes im einundzwanzigsten Jahrhundert, wenn es um zwei Männer ging. Ich meine, ich habe Helena von Troja nicht gegen Nig h tenhelser aus Ardis Town eingetauscht. Ich habe Probleme, aber nicht auf diesem speziellen Sektor der Konfusion.)
Was Helena wohl von unserem Wirtshaus halten würde? Es heißt Dombey & Son – der Name war Nightenhelsers Vo r schlag, viel zu niedlich für meinen Geschmack –, und die G e schäfte laufen hervorragend. Es ist ziemlich sauber im Ve r gleich zu den anderen Läden, die sich am Flussufer hier aufre i hen wie Dachziegel, die über dem Rand eines alten Daches he r vorstehen. Unsere Bardamen sind Bardamen und keine Huren (jedenfalls nicht hier oder in unserer Zeit oder in unserem Wirtshaus). Das Bier ist das beste, das es für Geld zu kaufen gibt – Hannah, Ardis ’ erste Millionärin der neuen Zeit, wie ich höre, besitzt noch eine weitere Firma, die das Bier braut. Offe n bar hat sie das Brauen gelernt, als sie Bildhauerei und Metal l guss studiert hat. Fragen Sie mich nicht, wieso.
Verstehen Sie jetzt, weshalb ich zögere, diese epische G e schichte zu erzählen? Ich verliere einfach immer wieder den Faden und schweife ab.
Vielleicht hole ich Helena irgendwann einmal hierher und frage sie, wie sie den Laden findet.
Aber wie man munkelt, hat Helena sich die Haare abgeschni t ten, ist in die Kleidung eines Jungen geschlüpft und zusammen mit Hektor und Thrasymedes zu dem Delphi-Abenteuer aufg e brochen, und die beiden laufen ihr nun nach wie Hündchen einem Knochen. (Ein weiterer Grund, weshalb ich zögere, mit dieser epischen Geschichte zu beginnen: In Metaphern und Vergleichen war ich immer grottenschlecht. Wie Nightenhelser mal gesagt hat: Ich bin tropisch herausgefordert. Na, egal.)
Zum Teufel mit dem Gemunkel. Ich weiß, dass Helena bei der Delphi-Expedition ist. Ich habe sie dort gesehen. Sie sieht gut aus mit ihren kurzen Haaren und der gebräunten Haut. Richtig gut. Nicht wie meine Helena, aber gesund und sehr schön.
Ich könnte euch noch mehr über meinen Laden und über A r dis Town erzählen – wie Politik aussieht, wenn sie noch in den Kinderschuhen steckt (sie ist zu ebenso wenig zu gebrauchen wie ein Kleinkind, und sie stinkt auch genauso), oder wie die Menschen hier sind, Griechen und Juden, mit Funktionen und ohne, Religiöse und Zyniker … aber das gehört nicht zu dieser Geschichte.
Außerdem bin ich nicht der wahre Erzähler, wie ich später an diesem Abend feststellen werde. Ich bin nicht der auserwählte Barde. Ich weiß, das ergibt keinen Sinn für Sie, aber warten Sie nur ein Weilchen, dann werden Sie sehen, was ich meine.
Diese letzten achtzehn Jahre waren nicht leicht für mich, vor allem nicht die ersten elf. Ich fühle mich emotional so zernarbt und zerfurcht wie die Schale des alten Orphu von Io. (Er lebt meistens oben auf dem Hügel bei Ardis. Sie werden ihn ein wenig später auch noch sehen. Er geht heute Abend zu der Aufführung, aber nachmittags hat er immer eine Verabredung mit den Kindern. Das war ein sanfter Wink für mich, dass auch all meine Jahre als Philologe und Scholiker mich nicht dazu prädestiniert haben, diese spezielle Geschichte zu erzählen, wenn es an der Zeit dazu ist.)
Ja, diese letzten achtzehn Jahre, vor allem die ersten elf, waren hart, aber ich glaube, ich fühle mich ihretwegen reicher. Ich ho f fe, Ihnen geht es genauso, wenn Sie die Geschichte hören. Wenn nicht, ist es nicht meine Schuld – ich verzichte darauf, sie zu erzählen, obwohl meine Erinnerungen jedem zur Verfügung stehen, der sie sich ausborgen will.
Ich bitte um Entschuldigung. Ich muss Sie jetzt verlassen. Das Feierabendvolk kommt – die Tagschicht in der Gerberei ist g e rade zu Ende, riechen Sie die Leute? Eine meiner Bardamen ist krank, eine andere ist gerade mit einem der jungen Athener durchgebrannt, die nach Delphi hierher gekommen sind, und … na ja … ich habe zu wenig Personal. Mein Barmann kommt in einer Dreiviertelstunde zur Abendschicht, aber bis dahin muss ich wohl oder übel selber das Bier zapfen und das Roastbeef für die Sandwiches schneiden.
Mein Name ist immer noch Thomas Hockenberry, aber aus dem Dr. phil. ist ein Dr. füll geworden.
Verzeihung. Humor war noch nie meine Stärke, mal abges e hen von ein paar literarischen Wortspielen und bemühten Scherzen.
Wir sehen uns
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