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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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an ihm vorbei. Normalerweise hätte er in diesem Zustand gar nicht fahren dürfen, und schon gar nicht mit Imke an Bord. Es ging gerade so gut.
    Auf dem kleinen Parkplatz im Wyker Rugstieg inmitten eines schattigen Kiefernwäldchens hielt er an. Direkt neben ihm stand der schwarze Geländewagen, dessen Kennzeichen er auswendig kannte: NF - SP 23 . Es war dasselbe Auto, das nachts vor ihrem WG -Haus in Dunsum gestanden hatte.
    Plötzlich erinnerte er sich daran, wie er hier vor sechzig Jahren beim Einpflanzen der zarten Schößlinge dieser Bäume zugesehen hatte. Da war er gerade in die zweite Klasse gekommen und wollte Düsenjägerpilot werden. Jetzt stand er an derselben Stelle und blickte wehmütig zurück. Was hatte er erreicht? Hatte er seine Chancen auf ein gelungenes Leben verspielt?
    «Ich bleibe im Wagen», keuchte er.
    Er hätte sich niemals zu diesem ganzen Schwachsinn überreden lassen dürfen. Was sollte er denn tun? Christa zur Rede stellen? Sich mit Petersen duellieren?
    «Ich kann das nicht alleine durchziehen, Ocke, dazu reicht meine Kondition nicht.» Imke sackte in ihrem Sitz zusammen.
    Er startete den Motor. «Umso besser, fahren wir zurück.»
    Jetzt schoss Imke mit überraschender Energie aus dem Sitz wieder hoch und war anscheinend voll auf Sendung.
    «Mach den Motor aus, dann gehe ich alleine», schnarrte sie entschlossen.
    Ocke bekam ein schlechtes Gewissen. Was war, wenn Imke im Wald etwas passierte? Einmal stolpern, Oberschenkelhalsbruch, Lungenentzündung, dann Exitus, so etwas hatte er wer weiß wie oft gehört. Konnte er das verantworten?
    «Also gut.» Er schaltete den Motor ab, stieg aus und half Imke aus dem Wagen.
    Sie hakte sich bei ihm ein, und so schritten sie langsam auf das Waldstück zu, in dem der Tennisplatz lag. Es war etwas beschwerlich, die Äste schlugen ihnen ins Gesicht, aber nach wenigen Minuten standen sie am haushohen Drahtzaun des Tennisplatzes, der zusätzlich mit einem halb durchsichtigen dunkelgrünen Gazenetz geschützt war. An einer Stelle war das Netz aufgeschlitzt, sodass sie von dort freien Blick auf den Tennisplatz hatten.
    Ocke entdeckte Christa sofort. Sie saß alleine in dem kleinen Café neben den Spielfeldern, vor ihr standen zwei große Gläser Mineralwasser. Zwei mittelalte Herren mit kugelrunden Bäuchen traten gerade am Court gegeneinander an. Die Abendsonne brutzelte immer noch erbarmungslos auf den gewalzten Sand, die Männer schwitzten wie wahnsinnig und spielten das langsamste Tennis, das nach den Gesetzen der Schwerkraft überhaupt möglich war. Die beiden würde selbst er vom Platz fegen, obwohl er gar kein Tennis konnte, dachte Ocke.
    Kurze Zeit später kam Petersen an Christas Tisch: schlank, dynamisch, braungebrannt. Seine Haare waren leicht gelockt, ohne eine Spur Grau. Er funkelte Christa mit seinen großen Augen an.
    «Gegen den komme ich niemals an!», stöhnte Ocke.
    «Jetzt steiger dich da nicht so rein», rief Imke. «Das sehe ich auf einen Blick, dass das rein platonisch ist!»
    In diesem Moment küsste Petersen Christa auf den Mund – mit Zunge. Christa schmolz dahin wie ein Stück Schokolade in der Sonne.
    «Ich will hier weg», jammerte Ocke.
    «Geh du schon vor. Ich will noch zuschauen, wie sie spielen.»
    Ocke blieb wie angewurzelt neben Imke stehen, obwohl er selbst nicht wusste, warum er sich das antat. Die beiden älteren Herren hatten inzwischen aufgegeben und Christa und Petersen den Platz überlassen. Christa gab alles, sie pfefferte Petersen die Bälle nur so um die Ohren. Sie war in der Lage, ihre gesamte Energie auf einen Punkt zu konzentrieren, was den Altersunterschied zwischen den beiden locker ausglich. Bald lag Petersen hoffnungslos zurück. Er lächelte tapfer, aber Christa spürte offensichtlich, dass ihm nicht wohl dabei war. Also ließ sie ihn aufholen, verschlug einen Ball nach dem anderen, als sei ihre Kraft erschöpft.
    «Typisch Frau», kommentierte Imke verärgert.
    «Wieso? Weil sie verliert?»
    «Es genügt Christa zu wissen, dass sie besser ist. Sie muss es ihrem Gegner nicht noch unter die Nase reiben.»
    Petersen zeigte eine triumphale Freude daran, Punkt für Punkt aufzuholen, und plötzlich sahen seine Bewegungen ganz mühelos aus. Dagegen kam sich Ocke vor wie ein Klotz. Den letzten Punkt holte Petersen mit einem filmreifen Volley vom Netz aus und warf seinen Schläger in die Luft, was wohl mehr als Parodie gemeint war.
    Plötzlich sank er mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden. Ocke erhoffte

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