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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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instinktiv das Schlimmste für ihn: Herzinfarkt, Schlaganfall – Hauptsache, er verschwand aus Christas Leben. Dann könnte er, Ocke, Christa trösten, und sie würde entdecken, dass sie eigentlich schon immer Gefühle für ihn gehabt hatte. Pfui, das ist nicht nett, Ocke, ermahnte er sich, normalerweise bist du gar nicht so schlecht!
    Christa hielt Petersens Abgang wohl erst für einen Scherz, aber als er gar nicht mehr aufstehen wollte, rannte sie zu ihm. Er lag am Spielfeldrand in der prallen Sonne. Christa eilte zum Platzwart, der ihr einen Beutel mit Eis zum Kühlen gab. Sie legte Petersen das Eis auf die Schulter und half ihm, sich langsam aufzurichten.
    «Es gibt also doch einen Gott!», freute sich Ocke.
    «Ocke!», tadelte Imke mit hochgezogener Augenbraue.
    Als Christa nun mit dem humpelnden Petersen unterm Arm in ihre Richtung kam, machten sich Ocke und Imke rasch davon. Sie mussten unbedingt vor den beiden am Auto sein.
    Ocke schaltete die Zündung des Uraltdiesels an, blöderweise dauerte es quälende Sekunden, bis er den Motor starten konnte. Er schaffte es, kurz bevor Christa und ihr Lover den Parkplatz erreichten, im Rückwärtsgang auf den Rugstieg und blieb dort stehen. Von hier aus konnte er beobachten, wie Christa ihre und Petersens Sporttasche auf den Rücksitz seines Geländewagens warf. Petersen gab ihr seinen Schlüssel, sie setzte sich auf den Fahrersitz. Ocke ahnte, was es bedeutete, wenn ein Mann wie Petersen das Steuer abgab: Dann war es wirklich ernst!
    Schneller als erwartet rumpelte der schwarze Geländewagen direkt auf das parkende Taxi zu. Imke und Ocke tauchten tief in die Sitze. Der Geländewagen rauschte an ihnen vorbei.
    «Ich fahre jetzt nach Hause», sagte Ocke nach einer Pause. «Ich will heute noch mit dem Packen fertig werden.»

[zur Inhaltsübersicht]
    17. See-Neurotiker
    Inzwischen ging es auf Sonnenuntergang zu. Ocke war eigentlich ein besonnener Fahrer, aber auf dem Rückweg peitschte er den alten Diesel auf hundertzwanzig. Er würde seine Koffer packen und noch heute Abend in ein Hotel aufs Festland ziehen. Auf Föhr wurde das nichts mehr mit ihm. Selbst wenn er sich eine andere Wohnung nahm, würde er Christa und Petersen auf der Insel andauernd begegnen.
    Undenkbar.
    Vor einigen Jahren hätte die Lösung für ihn auf der Hand gelegen: Er wäre auf große Fahrt gegangen, möglichst weit weg, nach Südamerika oder China. Heute würde es aufs Festland hinauslaufen – bloß wo? Bayern vielleicht, oder Österreich, Schottland könnte ihm auch gefallen, doch das war zu teuer.
    «Hast du eine dringende Verabredung, oder was?», erkundigte sich Imke, als die Tachonadel über hundertdreißig ging – ziemlich riskant für die schmale Landstraße.
    «Mein Leben lang war ich für Frauen nur der Kumpel», knurrte er.
    «Und was war mit Uschi aus Bremerhaven?»
    Die hatte Imke zwar nie kennengelernt, aber Ocke hatte manchmal von ihr erzählt. Ansonsten hatte er nicht viel über sein Liebesleben geredet, und Imke hatte auch nicht nachgefragt.
    «Mit Uschi ging das fast ein Jahr. Dann hat sie mich mit meinem besten Freund betrogen, als ich auf großer Fahrt war.»
    «Und die käufliche Liebe?»
    Obwohl er gerade zwei Autos nacheinander überholte, sah er sie empört von der Seite an: «Also Imke!»
    «Schau auf die Straße, bitte.»
    «Okay, mit Geld habe ich es zwei-, dreimal probiert. Aber ohne Gefühl funktioniert es bei mir nicht. Eine erbärmliche Bilanz für einen Siebenundsechzigjährigen, oder?»
    Imke kratzte sich am Kinn.
    «Du musst was tun.»
    Ocke lachte bitter auf. «Imke, mal im Ernst! Ich befinde mich auf der Zielgeraden in meinem Leben, was soll sich da noch groß ändern?»
    «Noch bist du nicht tot», hielt Imke dagegen.
    Ocke ging etwas vom Gas. Sie meinte es nur gut, das wusste er.
    «Aber so gut wie.»
    «Ach was! Dich muss nur mal jemand auf Kurs bringen. Aber einer, der sich auskennt!»
    «Wer bitte sollte das sein? Wo es bisher noch nie geklappt hat?»
    Imke schaute Ocke aufmerksam von der Seite an.
    «Es gibt jemanden.»
    «Eine Wahrsagerin, oder was?»
    Imke schüttelte den Kopf.
    «Nein, ein Therapeut.»
    Jetzt wurde er richtig sauer. «Ich bin doch nicht verrückt!»
    «Weißt du’s?»
    Therapeuten hatte er höchstens mal im Kino gesehen, in der Großstadt sollten die ja richtig in Mode sein, aber
er
? Deprimiert sah er auf den grauen Asphalt vor ihm. «So weit bin ich also schon, deiner Meinung nach?»
    «Besser als Doppelkorn aus der

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