Oma klopft im Kreml an
Anfrage bearbeiten.»
Geduldig und höflich versuchte Humphrey zu erklären.
«Aber es ist wirklich nicht nötig, die Verwalterin damit zu bemühen. Wenn ich nur einen Blick in das Hotelregister werfen darf -»
«Sie möchten für Ihr Zimmer bezahlen? Ja, ich kann Ihnen die Rechnung schreiben.»
«Nein. Ich würde gern die Gästeliste sehen. Von diesem Hotel. Und wenn Sie mir die Namen all der Hotels geben könnten, in denen Ausländer abzusteigen pflegen, und vielleicht auch die Telefonnummern ...»
Das runde Gesicht des Mädchens sah verständnislos aus, und Humphrey merkte zu spät, daß er sein Hauptanliegen durch diese zusätzlichen Komplikationen in Gefahr brachte. Das Mädchen jedoch war wild entschlossen, mit ihm Schritt zu halten.
«Das würde davon abhängen, ob Sie ein Ferngespräch oder ein Ortsgespräch wünschen», sagte sie, sehr stolz darauf, von der ganzen Rede wenigstens einen Satz verstanden zu haben, auf den es eine feste Antwort gab. «Für Ferngespräche, besonders ins Ausland, sollten Sie lieber direkt zum Hauptpostamt gehen.»
«Aber Sie mißverstehen mich. Was ich möchte -»
«Es ist nicht sehr freundlich von Ihnen, sich über mein Englisch lustig zu machen. Ich bemühe mich sehr zu lernen. Also kommen Sie um zwei Uhr wieder, und dann wird alles erledigt werden.»
Widerstrebend sah Humphrey ein, daß er seine Suche bis nach dem Mittagessen verschieben mußte.
Er war nicht besonders hungrig, aber er schlenderte trotzdem in das Restaurant in der stillen Hoffnung, Miss Baker dort an einem der Tische zu finden. Es war sehr voll, und während Humphrey sich durch die Tischreihen wand, fing er Gesprächsfetzen in wohl einem Dutzend verschiedener Sprachen auf.
Humphrey fand endlich einen freien Tisch, setzte sich und ließ seinen Blick systematisch von einem Gast zum andern wandern. Nachdem er den ganzen Raum auf diese Weise sorgfältig abgegrast hatte, stellte er fest, daß Tante Lavinia so einfach nicht zu finden war, und wandte sein Interesse der Speisekarte zu. Diese war zuvorkommenderweise mehrsprachig, was Humphrey zu dem Schluß veranlaßte, daß es relativ einfach sein müsse, auf die Nummer neben der englischen Version des gewünschten Gerichts zu zeigen, sobald er einen Kellner auf sich aufmerksam gemacht habe. Aber nach zwanzig Minuten wartete er immer noch auf eine Gelegenheit, diesen Plan auszuführen.
Alle leeren Tische waren inzwischen besetzt, und so traf es Humphrey nicht unvorbereitet, als ein kleiner, rundlicher Mann mit einem Gesicht wie eine runzlige Walnuß sich ohne weitere Zeremonien an seinem Tisch 1 niederließ.
«Ich setze mich zu Ihnen», sagte er und wischte sich die Stirn mit einem hellgrünen Taschentuch. «Mein Englisch ist nicht das beste, aber ich übe gern. Sie haben bestellt? Ich darf die Karte haben?»
Humphrey gab ihm schweigend die Karte. Vielleicht war es sein englischer Maßanzug, der seinem Nachbarn gleich die Nationalität verraten hatte, aber Humphrey vermochte diesem subtilen Kompliment keine Befriedigung abzugewinnen. Auch wenn man stolz auf seine Nationalität war, sah man es doch nicht gern, daß sie einem Ausländer sofort ins Auge sprang. Er hatte nicht die Absicht, sich mit einem völlig Fremden zu unterhalten, und so machte er ein abweisendes Gesicht und starrte mit leerem Blick auf einen Punkt oberhalb des Nachbartisches.
Diese eiskalte Mißbilligung hatte eine überraschende Wirkung auf seinen Tischnachbarn. Seine kleinen braunen Augen funkelten, und sein Gesicht strahlte vor belustigtem Mitgefühl. Er lachte leise vor sich hin.
«Aha, mein Freund, Sie sind nicht nur Engländer. Es ist auch sofort zu erkennen, daß Sie gerade erst in Moskau angekommen sind, und zwar zum erstenmal. Sie sind natürlich schockiert, daß jeder in der Ausländerkolonie Sie sofort anspricht, Sie fragt, warum Sie hier sind, und diese sehr unenglische Neugier zeigt», sagte der kleine Mann, durch Humphreys Reserviertheit offensichtlich amüsiert.
«Aber Sie dürfen das nicht übelnehmen. Es ist für uns die einzige Art der Entspannung. Ich liebe das Essen, aber ich komme nicht hierher, um die scheußliche sowjetische Küche zu genießen. Nein, ich gehe in dieses Restaurant, um von Moskau fortzukommen, um eine Weile meine eigenen Probleme zu vergessen und manchmal andern Leuten bei ihren zu helfen. Jeder, der nach Moskau kommt, hat früher oder später Probleme.»
Er lächelte Humphrey gewinnend an und lehnte sich erwartungsvoll vor, als erwarte er,
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