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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Telscombe
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Zeiten in meinem Leben mit niemand geteilt zu haben.»
    «Sie meinen, daß Sie nicht verheiratet waren?» fragte Jackie gerade heraus.
    «Die Ehe ist wahrscheinlich die angenehmste und dauerhafteste Weise, etwas mit jemand zu teilen», stimmte Miss Baker zu. «Aber ich habe eigentlich jede Art von Teilen gemeint. Je länger man es aufschiebt, desto schwieriger wird es, damit anzufangen. Zum Beispiel glaube ich nicht, daß Sie Ihre Wohnung gern mit einer Kollegin von der Botschaft teilen würden - stimmt’s? »
    «Nein, lieber nicht», sagte Jackie. «Ich bin daran gewöhnt, alles auf meine Art zu machen, und ich stelle es mir ziemlich lästig vor, sich an jemand anders zu gewöhnen.»
    «Sehen Sie? Erst ist es lästig, und dann wird es unmöglich, so daß man nach ein paar Jahren gar nicht mehr daran denken kann.»
    «Aber mit einem Ehemann zu teilen wäre etwas ganz anderes», sagte Jackie. «Ein Ehemann kümmert sich nicht um die Küche und versucht nicht, dauernd die Möbel umzustellen.»
    «Trotzdem. Je länger Sie die alltäglichen Dinge genau nach Ihrem Kopf machen können, desto weniger werden Sie einem Mann gefallen. Unseligerweise entwickelt man nämlich eine zu unabhängige, beherrschende und bestimmte Persönlichkeit -»
    Jackie setzte sich und stützte ihr Kinn in beide Hände.
    «Das ist wirklich komisch, daß Sie das sagen. Wissen Sie, daß ich gerade heute vormittag diesen Eindruck hatte? Da war ein junger Mann im Hotel, und ich hatte das Gefühl - ich weiß nicht, warum -, ich hatte einfach das Gefühl, daß er mich ablehnte. Er selbst war auch nicht gerade interessant, aber ich war eine halbe Stunde mit ihm zusammen, und er hat mich nicht mal nach meinem Namen gefragt.»
    Die sehr kühle Begegnung mit Humphrey war Jackie immer noch unangenehm in Erinnerung, und sie wollte Miß Baker gerade davon erzählen, als ein blubberndes Geräusch aus der Küche ertönte und sie eilig aufsprang.
    «Das Wasser kocht. Ich bringe gleich den Tee.»
    Als sie mit der Teekanne zurückkehrte, hatten beide vergessen, wovon die Rede gewesen war. Miss Baker experimentierte mit Jackies Kastagnetten.
    «So», sagte Jackie und ließ sie aufeinanderklappern. «Ich habe nie lang genug probiert, um es wirklich zu können. Nehmen Sie Milch und Zucker, Miss Baker?»
    «Ja, gern. Zwei Stück, bitte.»
    Hinterher konnte Jackie nicht mehr erklären, wie es zu der Abmachung kam, daß Miss Baker während ihrer Abwesenheit in ihrer Wohnung wohnen solle. Natürlich war es wirklich schade, sie leer stehen zu lassen, aber Miss Bakers humorvolle Hinweise auf das gesprungene Waschbecken und die erbsgrünen Wände in ihrem Zimmer im Metropol waren eigentlich keine so deutlichen Winke gewesen. Im Gegenteil, Miss Baker schien wirklich erstaunt, als Jackie ihr voreilig die Benutzung ihrer Wohnung für vierzehn Tage anbot. Jackie war es ganz gewiß gleichgültig, ob die Wohnung leer stand oder nicht, und so war es doch seltsam, daß in ihr der Eindruck zurückblieb, sie habe Miss Baker gegen deren besseres Wissen zur Annahme ihres Angebots gezwungen. Aber Miss Baker, die mehr als eine Methode kannte, das zu bekommen, was sie haben wollte, wußte genau, wie man höfliche Zurückhaltung mit dem richtigen Quantum an Dankbarkeit mischte.
    «Das ist rührend von Ihnen, mein Kind. Nach diesem unbequemen Hotelzimmer wäre es wirklich herrlich, aber ich glaube nicht, daß die Botschaft damit einverstanden ist. Wahrscheinlich sind sie doch auch sehr knapp mit Unterbringungsmöglichkeiten?»
    «Die Botschaft braucht davon gar nichts zu erfahren», sagte Jackie unbesorgt. «Natürlich sind sie knapp mit Wohnungen, aber hauptsächlich geht es dabei um Dauermieter. Es würde sich für sie nicht lohnen, jemand nur für zehn oder vierzehn Tage in meine Wohnung zu setzen. Ich sehe eigentlich nicht ein, was man dagegen haben sollte.»
    Miss Baker, die durchaus nicht die Absicht hatte, sich dieses Angebot entgehen zu lassen, erfand noch ein paar weitere Hinderungsgründe, aber sie überlegte dabei bereits, wie weit es ratsam war, noch zu zögern. Schon im Augenblick, als sie den Fuß in Jackies Wohnung gesetzt hatte, war sie zu dem Schluß gekommen, daß ihr hier für die nächste Woche ein perfektes Refugium zur Verfügung stand, eine Zufluchtsstätte, in der niemand sie mit Visumverlängerungen und Hotelrechnungen belästigen konnte, wo sie ihre Erkältung in aller Ruhe auskurieren konnte, bis ihre Briefe Ergebnisse zeitigten.
    Jackie hatte sich inzwischen von

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