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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Telscombe
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Tür bereit stand. Nur Stewart schien ihr folgen zu wollen, aber da er hinter einem Bildreporter eingeklemmt war, fühlte sie sich einigermaßen sicher. Das Blitzlicht flammte auf, Jackie drehte den Schlüssel im Schloß, flitzte in die Wohnung und schlug die Tür in dem Augenblick zu, als Stewart sich dagegenwarf.
    Es war nur gut, daß sie ihn am Eindringen gehindert hatte. Als sie noch atemlos an der Tür lehnte, kam Miss Baker aus dem Wohnzimmer.
    «Sie sollten doch im Badezimmer sein, Miss Baker», protestierte Jackie.
    «Ja? Na schön, aber es scheint doch ganz egal zu sein. Alles ist jetzt doch ganz egal.»
    Jackie war dabei, ihren Mantel auszuziehen, aber als sie die Hoffnungslosigkeit in Miss Bakers Stimme hörte, hielt sie inne und drehte sich um. Dann ging sie zu ihr und legte ihr impulsiv einen Arm um die Schultern.
    «Kommen Sie, wir machen uns jetzt einen schönen starken Tee», sagte sie. «Und wir nehmen Rum statt Milch, dann schlafen Sie gleich ein.»
    Miss Baker folgte ihr in die Küche, aber sie sagte nichts und starrte nur in die Gasflamme auf dem Herd.
    «Wenn Sie wieder in England sind, kommen Sie mich besuchen, nicht wahr, Jackie?» bat sie schließlich. Es schien nicht nötig, Jackie auseinanderzusetzen, daß sie nun doch in Kürze nach England zurückfliegen würde.
    «Natürlich - und außerdem werde ich Ihnen schreiben», sagte Jackie und stellte die Rumflasche auf das Tablett.
    Sie trug es ins Wohnzimmer, stellte es auf den Boden und hockte sich daneben. Sie goß in beide Tassen reichlich Rum, und eine Weile tranken sie schweigend ihren Tee.
    «Eins bedaure ich allerdings», sagte Miss Baker nachdenklich.
    «Da haben Sie Glück», sagte Jackie. «Wenn Sie länger bleiben würden, müßten Sie bestimmt sehr viel mehr bedauern. Es mußte so kommen, und es ist immer schwierig, klein beizugeben. Aber im Augenblick sind nur Sie betroffen. Nach ein paar Monaten hätte es viele andere Leute mitbetroffen - Anna und ihre Familie ...»
    «Das meinte ich jetzt gar nicht», sagte Miss Baker. «Ich meinte Sie und Humphrey.»
    «Humphrey?» Jackie stellte verblüfft ihre Tasse hin.
    «Er muß jetzt natürlich mit mir zurückfliegen», erklärte Miss Baker.
    «Morgen oder vielleicht übermorgen. Und so bleibt zu wenig Zeit für Sie beide zum Kennenlernen. Er ist wirklich sehr viel netter, als Sie denken. »
    «Oh - Humphrey ist in Ordnung», stimmte Jackie ihr zu. Sie fragte sich allmählich, ob sie Miss Baker vielleicht zu viel Rum eingegossen hatte.
    «Ich weiß, wir zanken uns immerzu, und ich kriege auch jedesmal die Wut, weil er vor lauter Vernunft nicht sieht, worauf es ankommt. Aber wirklich, Miss Baker, ich sehe auch seine guten Eigenschaften», sagte sie. «Er ist zuverlässig und vertrauenswürdig, und man weiß sofort, daß er einen nie im Stich lassen würde.»
    «Das habe ich aber gar nicht gemeint», sagte Miss Baker. «Und das wissen Sie auch ganz genau. Wenn Humphrey nur vernünftig und zuverlässig wäre, dann wäre er ein sehr langweiliger junger Mann. Aber er ist auch sensibel und liebevoll und kann, wenn er in der richtigen Gesellschaft ist, bestimmt auch sehr lebendig sein. Humphrey hat sich in der kurzen Zeit in Moskau sehr zu seinem Vorteil verändert. In England wird er wieder bei seiner Familie leben, und die ist nun wirklich langweilig und zuverlässig.»
    «Er kann doch in eine eigene Wohnung ziehen», wandte Jackie ein.
    «Sie können das, er nicht. Humphrey nimmt viel zu viel Rücksicht auf die Gefühle anderer Leute.»
    «Womit Sie sagen wollen, daß ich rücksichtslos bin? »
    «Nur sehr unabhängig, mein Kind. Ich bin das selbst, und deshalb verstehe ich es. Aber wenn Sie ein bißchen von Humphreys Ausgeglichenheit hätten und er ein bißchen von Ihrem Temperament, dann wäre das für Sie beide gut.»
    «Ich verstehe», sagte Jackie. Und sie verstand nur zu gut, wohin diese Unterhaltung mit Miss Baker führte. «Dann ist es ja nur gut, daß Sie bis jetzt so ganz mit Ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt waren, Miss Baker. Ich kenne Ihre Überredungskünste und bin froh, daß Sie nur einen Tag für dieses Problem übrig haben.»
    Jackie lachte, aber ein wenig Ernst schwang in ihren neckenden Worten mit. Humphrey überwachte alles, was Jackie tat, mit einer vagen Mißbilligung, die beim besten Willen nicht zu übersehen war. Und Jackie haßte es, überwacht zu werden) selbst wenn es unbewußt geschah.
    «Wir müssen ins Bett», sagte sie abrupt und stellte die Tassen

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