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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Telscombe
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Augenblick entdeckte Jackie die untersetzte Gestalt ihres Verfolgers auf der andern Straßenseite. Er stand ihnen halb zugekehrt in einer Ladentür. Er hatte die Hände in den Manteltaschen und schien in die Auslage des Schaufensters vertieft zu sein; aber sein Schlapphut und der Regenmantel waren unverwechselbar.
    «Wenn das Ihre Freundin Anna ist, Miss Baker», warnte Jackie, «wäre es besser, Sie warten ab, bis sie Sie begrüßt. Drüben auf der Straße steht ein Polizist in Zivil.»
    Miss Baker hielt inne und sah ungeduldig auf die andere Straßenseite und zu der bewegungslosen Gestalt hinüber. Sie war gar nicht gewillt, diese melodramatische Entwicklung zur Kenntnis zu nehmen oder sich gar durch sie zurückhalten zu lassen. Aber von der einsamen Gestalt ging etwas Unheimliches aus. Sie schien nicht in die Atmosphäre dieser ruhigen Vorortstraße zu passen.
    Miss Baker zögerte und stellte sich dann, Jackies Rat annehmend, so unter eine Laterne, daß Anna und Sascha sie nicht übersehen konnten.
    Sie hatten sie schon bemerkt und verlangsamten für einen Augenblick ihre Schritte. Anna schien Sascha etwas zuzuflüstern, aber er schob seinen Arm fester unter ihren und zog sie weiter. Auch sie hatten den Mann auf der andern Straßenseite gesehen. Im grellen Licht der Straßenlaternen sah Annas Gesicht unnatürlich blaß aus. Ihre Lippen zitterten, und sie biß sich auf die Unterlippe, um ihre Erregung nicht zu zeigen. Humphrey sah, daß ihre freie Hand fest zur Faust geballt war.
    , dachte er und hoffte, daß seine Tante aufmerksam genug war, alle diese Anzeichen, die dem Mann auf der andern Straßenseite verborgen blieben, zu bemerken. Aber Miss Baker war bereits zu einem Entschluß gekommen. Als Anna voll vom Schein der Laterne getroffen wurde, Miss Baker einen flehenden Blick zuwarf und dann hoffnungslos vor sich hin starrte, wandte sie absichtlich den Blick ab. f Einen Augenblick lang sah sie Sascha an, und er nickte ihr kaum merklich zu und zwinkerte vergnügt mit den Augen.
    In einer Sekunde war alles vorbei. Ihre regelmäßigen Schritte wurden allmählich leiser. Weder Jackie noch Miss Baker, weder Humphrey noch ihr Verfolger sahen ihnen nach. Lange standen die vier Gestalten regungslos.
    Dann schlenderte der Sicherheitsbeamte gemächlich die Straße hinunter; Jackie nahm Miss Bakers Hand und drückte sie warm, und Humphrey räusperte sich ein wenig zu nachdrücklich.
    Miss Baker war müde und niedergeschlagen, und sie war es denn auch, die dafür stimmte zurückzufahren. Sie sagte auf der ganzen Rückfahrt kein Wort, während Jackie und Humphrey sich über die beste Methode, in die Wohnung zurückzugelangen, herumstritten. Ab und zu drehte sie sich um und betrachtete den unauffälligen jungen Mann im grauen Regenmantel, der sich wieder in den hintersten Sitz zurückgezogen hatte und in die Betrachtung der Verkehrsampeln vertieft zu sein schien.
    «Es ist doch ganz lächerlich anzunehmen, wir könnten so einfach wieder in die Wohnung zurück, wie wir rausgekommen sind», sagte Jackie. «Es hat keinen Sinn, ein Risiko auf sich zu nehmen, und es ist eine viel schwierigere Operation. Die paar Reporter machen mir keine Angst. ‘ Ich werde durch den Vordereingang reingehen und sie ablenken, während Sie Miss Baker durchs Fenster heben. Sie brauchen sie bloß durch die Küchentür und die Hintertreppe hinauf zu bringen, während ich die Reporter auf der Vordertreppe beschäftige. Dann können Sie auf demselben Weg wieder zurück und ins Metropol gehen.»
    «Und wenn sie nun in dem Augenblick, wo Sie die Tür aufschließen, gewaltsam in die Wohnung eindringen?» fragte Humphrey, der alle
    Möglichkeiten gleichzeitig ins Auge zu fassen versuchte.
    «Miss Baker kann sich sofort ins Badezimmer einschließen, wenn sie in die Wohnung kommt. Es wird bestimmt eine ganze Weile vergehen, bis ich alle dummen Fragen beantwortet habe, sie hat also viel Zeit. Ich werde sie erst rauslassen, wenn wir mit Sicherheit allein in der Wohnung sind.»
    Wie üblich mußte Humphrey zugeben, daß Jackies Plan mehr Erfolg versprach als der Versuch, alle drei auf dem Weg über die Hintertreppe wieder ins Haus zu schmuggeln.
    «Ist dir das recht, Tante Lavinia?» fragte er, als sie aus dem Bus stiegen und zusammen auf das Haus zugingen.
    «Ja, ja», sagte Miss Baker, die nicht zugehört hatte.
    «Dann wollen wir lieber ein bißchen warten und Jackie zuerst reingehen lassen. Wenn wir ihr Zeit lassen, alle ins vordere Treppenhaus

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