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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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neue Freundin nur noch Augen für Imperatoren hatten.
    Seine Rettung nahte in Gestalt von Margherita. Die warf ihren Schulranzen in eine Ecke, stieß ein Seufzen aus, das sämtliche Fächer und Lehrer abdeckte, und pfiff nach Rüdiger.
    Weg war er. Die beiden verschwanden in der Küche.
    Grete runzelte die Stirn. »Bei mir darf der das nicht.«
    Marie schwieg. Sie sah immer noch erschrocken aus und fragte sich wohl, ob irgendjemand verstanden hatte, was Olafs Versprecher vorhin bedeutete. Seine Mütter. Herr im Himmel!
    Die alte Frau, die ihre Schwester hätte sein können, reichte ihr eine Schale mit eingelegten Oliven. Maries Augen weiteten sich vor Angst. Dann ließ sie eine Olive auf ihren Teller gleiten und stieß todesmutig mit der Gabel zu. Die Olive flog hoch und landete auf Gretes hochgekämmten Haaren. Die merkte nichts. Zu viel Spray auf der Frisur, vermutlich. Ich fragte mich, was sich da oben noch so alles ansammelte. Olive Nummer zwei landete zielgenau in Mamas Weinglas.
    »Danke«, sagte Mama ungerührt. »Jetzt habe ich eine Art Martini.«
    Der dritte Versuch gelang. Marie schob sich vorsichtig eine Olive in den Mund. Die alte Frau nickte glücklich. Viel zu sprechen schien sie auch nicht.
    Marie kaute äußerst vorsichtig, spuckte dann den Kern aus und probierte ein winziges Stück Artischockenherz.
    Tapfere Marie.
    Ich fühlte mich ein bisschen schwer, und es dauerte einen Moment, bis ich merkte, woran es lag. Federico hatte mir wie selbstverständlich einen Arm um die Schultern gelegt.
    Hallo? Ging das nicht ein bisschen schnell?
    Jans Blick hatte sich zum Glück aufgehellt. Er sprach schnell in sein Handy und erzählte vermutlich Hans-Dieter, dass er die Liebe seines Lebens sei. War er ja auch. So wie Paul die meine war.
    Imperatoren bringen ein Herz nur vorübergehend aus dem Takt. Meines zum Beispiel galoppierte nicht. Es hatte vor Schreck aufgehört zu schlagen.
    »Ist dir nicht gut?«, fragte Federico.
    Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken, weg von seinem Arm. Der Stuhl stand zwischen Mama und Papa. Hier war ich in Sicherheit.
    »Dein Vater gehört eingesperrt«, erklärte Mama.
    »Ganz deiner Meinung.«
    »Andererseits sind die Leute hier wirklich sehr gastfreundlich. Es gehört sich so, dass wir sie ebenfalls einladen.«
    »Wenn du meinst.« Ich knabberte an den Grissini, von denen ich mir gleich eine ganze Hand voll gegriffen hatte, damit der Grappa di Vino in meinem Magen etwas verdickt wurde.
    Jan war dabei, sein Handy wegzustecken. Er zögerte und las dann eine Nachricht.
    Sein Blick huschte zu mir.
    Mein Herz galoppierte an.
    Federico sagte zu Papa, der Padrone wolle ihn sprechen, und nahm seinen Platz ein.
    So langsam wurde mir alles zu viel.
    Ich beschloss, dass ich Ruhe brauchte. Eine Siesta war jetzt genau das Richtige.
    Als ich am Kopfende des Tisches vorbeikam, stand Anna beim Padrone und redete in einer Art Stakkato-Italienisch auf ihn ein. Papa wartete höflich in gebührendem Abstand auf seine Audienz. Ich verstand die Worte Puttaniere und Bambini . Vermutlich befürchtete Anna, die halbe Lüneburger Heide sei von Nachkommen der Occhipintis um die dreißig bevölkert. Zuzutrauen wär’s meinem zeugungsfreudigen Vater. Und nicht jedes dieser Bambini wäre in Erbschaftsangelegenheit vielleicht so bescheiden wie ich.
    Ich grinste. Anna funkelte mich böse an. Mein nonno blinzelte mir unter buschigen weißen Augenbrauen zu.
    Ich blinzelte zurück. Er mochte ja eine Respektsperson sein, aber ich hatte keine Angst vor Patriarchen. Wer unter Opa Hermanns Fuchtel aufgewachsen war, der fürchtete sich vor nichts und niemandem. Außer vielleicht vor kaiserlichen Versuchungen.
    In meinem Trullo teilte mein Blackberry mir mit, dass Paul zweimal angerufen hatte. Einmal, als ich an Federicos Brust gestolpert war, einmal, als er seinen Arm um mich gelegt hatte. Da war ich mir hundertprozentig sicher.
    Während mein Herz jetzt auch noch im Galopp ein paar Hindernisse nahm, rief ich zurück.
    Mailbox. Welch Überraschung.
    Na gut, dann musste er eben mal mir Zeit lassen.
    Ich legte mich aufs Bett und stellte fest, dass das runde Dach fröhlich vor sich hin eierte.
    Ein Erdbeben schloss ich aus. Das war der Schnaps.
    Opa Hermann geriet verschwommen in mein Sichtfeld.
    Mann! Der war aber weit gereist!
    Sah auch nicht gut aus. Grau wie die gemauerten Feldsteine.
    »Nele! Du fährst auf der Stelle nach Hause!«, befahl er.
    »Ich bin nicht fahrtüchtig«, erwiderte ich voller Logik.
    Opa

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