Oma packt aus
und Durst, die Füße taten mir weh, und kalt war mir auch. Ich drehte um und lief zurück. Also den anderen Weg.
In guten und weniger guten Filmen wird die Heldin spätestens jetzt gerettet.
Ja, toll.
Mutlos trottete ich weiter.
Wie viele Olivenbäume gibt es eigentlich in Apulien? Zehn Millionen? Abgeerntet waren die auch schon, wie ich mit echtem Bedauern feststellte.
Irgendwo in weiter Ferne bellte ein Hund. Ich schöpfte Hoffnung. Vielleicht gab es hier einen Bauernhof in der Nähe.
Das Bellen verklang. Wahrscheinlich hatte ich es mir eingebildet. Genau wie Opas Stimme, die sich in meinem Kopf festsetzte.
»Was soll das Gejammer, Nele? Du bist eine Lüttjens. Vergiss das nicht! Habe ich dir mal erzählt, wie ich mich beim Russlandfeldzug verirrt habe? Fünf Tage lang bin ich allein durch die Schneewüste gestapft. Drei Zehen habe ich mir abgefroren …«
Ich ließ ihn reden und fand es tröstlich, ihn bei mir zu haben.
»Ach, Opa, ich bin so allein.«
»Dumm Tüch! Da kommt Rüdiger!«
Echt? Im nächsten Moment stand er vor mir, mein großer Freund, und schlabberte mich ab. Ich fing an zu heulen und klammerte mich an ihn. Opa wandte sich angewidert ab.
Während ich Rüdiger so glücklich umarmte, stellte ich fest, dass an seinem Halsband ein Zettel steckte. Und eine kleine Wasserflasche hing auch daran.
»Rüdiger, du würdest einen prima Bernhardiner abgeben«, erklärte ich, nachdem ich meinen schlimmsten Durst gelöscht hatte.
Den Zettel hatte Jan geschrieben. »Imperatoren sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Federico hat gestanden, dass er dich in der Walachei allein gelassen hat. Rüdiger ist die Vorhut. Die Kavallerie ist auf dem Weg!«
Das mit der Walachei war geografisch nicht korrekt, aber ich verzieh es großzügig. War viel zu erleichtert. Und nachdem mein Retter mehrfach laut gebellt hatte, rückten sie an. Federico, Jan und Margherita auf Vespas und Mofas.
Federico machte ein außerordentlich zerknirschtes Gesicht.
»Das werde ich mir nie verzeihen«, erklärte er.
Ich dir auch nicht, dachte ich, stellte jedoch fest, dass ich gegen seinen Charme keineswegs immun war.
Jan schon. Dem ging seine große Schwester über alles.
Federico stieg von der Vespa und kam auf mich zu. Ich war drauf und dran, mich an seine Brust zu werfen. Einzig Jans böser Blick hielt mich davon ab.
»Perdonami«, sagte Federico. »Ich bin schon nach zehn Minuten wieder umgekehrt, um dich mit nach Hause zu nehmen, aber ich konnte dich nicht mehr finden. Da bin ich zurückgefahren, um Hilfe zu holen.«
Immerhin, er hatte mich nur kurz allein gelassen. Das konnte man doch verzeihen, oder?
Nein!, erklärten Jans Augen kategorisch.
Ja!, sagte ein Teil von mir, der ein ganzes Stück tiefer als mein Herz saß.
Federico streckte die Hand nach mir aus. »Irene hat mir verraten, dass du Stress mit deinem Freund hast.« Er sagte nicht »Verlobter«.
Alle Achtung. Das nennt man eine flotte Recherche.
Ich wollte die Hand ergreifen, aber da drängte sich Rüdiger zwischen uns. Der traute dem Mann nicht.
»Braver Hund«, sagte Jan.
Margherita amüsierte sich königlich. Mit siebzehn konnte man sich über das seltsame Verhalten der Erwachsenen nur schlapp lachen.
»Ab nach Hause«, sagte sie und lud mich ein, auf ihrem Zweisitzer mitzufahren. »Rüdiger muss seine Belohnung kriegen.«
Ich wäre lieber mit Jan gefahren, aber sein Mofa war nur für eine Person gedacht. Außerdem wackelte er ziemlich hin und her. Hatte noch nie so ein Ding gelenkt. Auf die Vespa traute ich mich nicht. Gut möglich, dass mich meine weiblichen Instinkte zu einem sexuellen Amoklauf anstifteten. Imperator von der Vespa ziehen und in den nächsten Olivenhain schleppen, zum Beispiel.
Margherita fuhr, wie italienische Jugendliche so fahren. Ich war froh, noch am Leben zu sein, als wir den Hof erreichten. Dort war das Abendessen in vollem Gange, und mir wurden wahre Fleischberge frisch vom Grill aufgehäuft, kaum dass ich saß.
Der Padrone warf mir einen tadelnden Blick zu. Hab keine Lust, meine vierundzwanzigste Enkelin gleich wieder zu verlieren, sollte der wohl heißen.
Mama, Papa, Irene und Grete durchlöcherten mich mit Fragen.
Ich gab mich wortkarg, konzentrierte mich aufs Essen und sah nur noch, wie Margherita mit Rüdiger in einer der Küchen verschwand.
Sobald mein Teller leer war, entschuldigte ich mich und ging in meinen Trullo. Noch angezogen warf ich mich aufs Bett und schlief auf der Stelle ein.
Irgendwann spät
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