Oma und Frieder - Sammelband
wäscht er sich lange und ausführlich die Hände und den Hals dazu und lispelt dabei mit zartem Stimmchen: »Ohhh, du schmutzfinkiger Frieder, du. Wirst du dich wohl waschen, du! So ist es fein. So ist es brav!«
Und dann setzt er sich an den Tisch, steckengerade, faltet die Hände, klappert mit den Augendeckeln und blinzelt zur Oma hoch.
»Dich hat der wilde Watz gebissen«, sagt die Oma fassungslos, setzt die Grießbreischüssel und den Himbeersoßenkrug auf denTisch und sich auf den Stuhl. »Hast du etwa Fieber, Bub?«, fragt sie ängstlich und langt an Frieders Stirn.
»Nein, vielen Dank«, antwortet der Frieder und sein Stimmchen wird noch dünner und er piepst in den höchsten Tönen: »Ich bin bloß brav. Guten Appetit.«
»Ja so was«, staunt die Oma und dann fangen beide an zu essen. Das heißt, die Oma isst. Frieder speist.
Er schiebt winzigkleine Grießbreibissen mit Messer und Gabel in den Mund. Auf die Himbeersoße verzichtet er. Weil man die nicht mit Messer und Gabel essen kann. Beim Grießbrei ist es sowieso schon schwierig genug ... und dabei flötet er andauernd ein »Bittesehr« und »Dankesehr«
und »Allerliebste Oma« hier und »Allerliebste Oma« da.
Bis es der Oma zu viel wird. »Ja Himmeldonnerwetter!«, schreit sie und schmeißt ihren Löffel hin. »Schluss! Ich bin doch nicht im Affenhaus! Gleich benimmst du dich wieder, wie es sich gehört!«
Strafend blickt der Frieder die Oma an, wackelt empört mit dem Kopf, macht »tz, tz, tz« und zeigt auf den Löffel, den die Oma hingeschmissen hat.
Grießbrei tropft davon runter. Auf den Tisch. Auf die Tischdecke!
»Ja Himmeldonnerwetter noch einmal!«, schreit die Oma auf und wischt am Tischtuch herum. »Das kommt davon! Du bist schuld! Weil du so ein lausriger Brävling bist!« Vorwurfsvoll schaut sie auf den Frieder und auf den Fleck im Tischtuch.
Frieder grinst und dann springt er auf, geht zur Oma und wispert ihr ins rechte Ohr: »Na gut, dann bin ich halt nicht mehr brav, ja?« Er drückt der Oma einen Schmatz auf die Backe und wispert ihr ins linke Ohr: »Dann bin ich jetzt ein bisschen schlimm, darf ich?«
Die Oma seufzt tief auf: »Na schön, wenns sein muss! Hauptsache, du bist wieder gesund. Das war ja krankhaft, wie du dich benommen hast. Das war ja nicht normal!«
Frieder strahlt und kichert und verkündet laut: »Dann mag ich jetzt mal essen wie ein Schwein!« Und schon fährt er mit den Fingern in den Grießbrei, dass er nach allen Seiten spritzt, stopft ihn sich in den Mund, und den Himbeersaft schlabbert er gleich mit der Zunge aus dem Krug. »Ha!«, kreischt die Oma auf. »Musst du dich so auffuhren?«
Der Frieder nickt eifrig und hat einen roten Himbeersoßenfleck auf seinem Hemd. »Sonst werde ich doch wieder brav, Oma, pass auf!«, sagt er und strahlt die Oma an.
»Bloß das nicht«, seufzt die Oma, »dann lieber das!« Und sie grinst und fängt an, mit den Fingern die Rosinen aus dem Grießbrei zu picken.
Das ganze Abendessen lang fuhren sich Oma und Frieder auf, wie sich wahrscheinlich Schweine nicht aufführen. Die essen nämlich viel manierlicher als Oma und Frieder an diesem Abend.
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, mach schneller! Der Zirkus fängt ja gleich an. Wir wollen doch in den Zirkus gehen!«
»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma und greift nach ihrer Handtasche, der schwarzen, und ihrem Geldbeutel, dem braunen, und ihrem Hut, dem grauen. Denn ohne Hut geht die Oma nicht aus. Nie.
»Und du benimmst dich, wie es sich gehört, sonst gehn wir gar nicht, haben wir uns verstanden?«, sagt sie und nimmt den Frieder an die Hand. »Eine alte Frau ist doch kein D-Zug!« Aber dann geht sie doch sehr schnell und Frieder geht noch schneller. Weil er sich so auf den Zirkus freut.
Die Oma freut sich auch. Genau wie der Frieder.
Und endlich sind sie da.
Zirkus ist toll. Immer. Frieder und Oma sitzen sogar in der ersten Reihe, ganz nahe an der Manege. »Weil, sonst seh ich ja nix!«, sagt die Oma und dem Frieder ist das recht. Sehr sogar. Jetzt kann er nicht nur alles ganz genau sehen, er kann auch alles ganz genau riechen und hören. Die Tiere und den Manegenstaub und die Kapelle. Die spielt laut und schön und beinahe andauernd.
Und ein Eis kriegt er auch. Das hat die Oma ihm versprochen.
Eis gehört zum Zirkus, hat sie gemeint, und auch das ist dem Frieder recht.
Endlich gehen die Lichter im Zelt aus und in der Manege an und toll wirds. Alles. Frieder hat
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