Oma und Frieder - Sammelband
rote Backen und strahlt. Bei den Clowns muss er so lachen, dass er einen Schluckaufkriegt, und die Oma lacht so sehr, dass ihr der graue Hut auf den Schoß fällt.
Bei den Luftakrobaten staunt er und die Oma macht »Huch«, wenn sie in der Luft Purzelbäume schlagen.
Und als die Tiger kommen, greift der Frieder nach Omas Hand. Sicher ist sicher. Wo sich doch die Oma vor wilden Tieren so furchtet ...
Und in den Pausen, da spielt die Kapelle und dann kommt wieder eine neue Nummer, und die ist noch besser und spannender als die letzte, und Zirkus ist wunderschön. Rundum. Das findet die Oma auch.
»Pass auf, Bub«, wispert sie, »gleich kommt der Zauberer!« Auf den hat sich die Oma nämlich am meisten gefreut. Zaubern, das hat sie gerne.
»Wo bloß der Eismann bleibt«, murmelt sie und rückt auf ihrem Sessel und schaut sich um. »Wo doch gleich der Zauberer kommt!«
Da spielt die Kapelle einen heftigen Tusch und der Zauberer kommt mit wehendem rotem Mantel in die Manege gelaufen, verbeugt sich und fängt an zu zaubern.
Dem Frieder bleibt der Mund offen stehen!
Was der alles kann!
Der Zauberer verbeugt sich tief und zieht seinen Zylinder, und echte, lebendige Hasen hüpfen über seine Schulter. So was!
Er greift in die Hosentasche und zieht einen riesigen bunten Blumenstrauß hervor, aber auch gleich einen ganz riesigen.
Und dann steckt er eine Frau im Badeanzug, die er sich mitgebracht hat, in einen Kasten und ...
Frieder hält die Luft an ... fängt an zu sägen. Mit einer echten Säge.
Er sägt die Frau im Kasten mittendurch! Und die tut keinen Mucks. Die Kapelle spielt wieder einen heftigen Tusch und da steigt die Frau wieder aus dem zersägten Kasten raus. Heil und unzersägt! Frieder staunt!
»Ha, da ist er ja, der Eismann«, sagt da die Oma neben ihm, und sie steht auf und winkt mit beiden Armen. »Heda, heda, her zu mir!«
Aber nicht der Eismann kommt, sondern der Zauberer. Zur Oma. Mit einem Sprung ist er bei ihr, fasst sie an der Hand und zieht die verblüffte Oma in die Manege und lächelt und verbeugt sich. Und Frieder sitzt alleine da.
Was will denn der Zauberer mit seiner Oma?
Frieder hält den Atem an. Er will schreien, aber er kriegt keinen Ton raus. Wenn nun der Zauberer seine Oma zersägt?
»Oma!«, schreit der Frieder, ganz laut, und ihm wird heiß und kalt.
Die Oma steht in der Manege und reißt die Augen auf, und ehe sie was sagen kann, klatscht ihr
der Zauberer seinen Zylinder auf den Kopf und zieht ihn wieder weg. Und auf Omas Kopf sitzt eine weiße Taube. In echt und ganz lebendig.
Sie flattert hoch und die Oma kreischt und fährt sich in die Haare und das Publikum lacht und klatscht und der Zauberer verbeugt sich und schüttelt der Oma die Hand. Da hat sie eine Rose in der Hand. Eine echte! Sie strahlt und winkt zum Frieder hin und ruft: »Bub, Frieder, her zu mir!«
Blitzgeschwind steigt der Frieder über die Brüstung und flitzt zur Oma hin und stellt sich neben sie und fasst ihre Hand. Sicher ist sicher.
»Nicht sägen!«, sagt er zum Zauberer und er sagt es ganz laut und macht eine tiefe Verbeugung. Der Zauberer lacht und das Publikum lacht auch und die Kapelle spielt einen Tusch und die Oma wird ganz rot. Sie hält die Rose vors Gesicht und strahlt und nickt selig nach allen Seiten. Und dann gehen sie wieder auf ihre Plätze, die Oma und der Frieder. Gerade will sich der Frieder erleichtert setzen, da springt der Zauberer auf ihn zu, greift in Frieders Hosentasche und zieht einen knallgelben riesigen Lutschbonbon hervor. Der war vorher nicht drin, in der Hosentasche. Das weiß der Frieder ganz genau.
Verblüfft starrt der Frieder auf den Lutschbonbon und auf den Zauberer. Der lacht wieder und winkt und springt zurück in die Manege. Den Lutschbonbon hat er nicht mitgenommen. Vorsichtig leckt er Frieder dran: Es ist ein echter und er schmeckt herrlich. Frieder grinst und schleckt und die Oma riecht an ihrer Rose und beide, Oma und Frieder, haben glänzende Augen. Zirkus ist herrlich, keine Frage. Aber am herrlichsten ist der Zauberer, da sind sie sich einig, Oma und Frieder.
Der Eismann ist dann doch noch gekommen, aber da hat die Oma nicht mehr gewollt.
»Zu spät«, hat sie gemeint und mit der Rose gewinkt und Frieder hat genickt und immer noch am knallgelben Lutschbonbon geschleckt, weil das wirklich ein riesengroßer Lutschbonbon ist. Zau-ber-haft groß und zauber-haft lecker. Da kann so ein ganz normales Eis gar nicht mit, aber auch schon überhaupt
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