Oma und Frieder - Sammelband
Pullis bequem. Dunkel ist's im Schrank. Die Luft riecht auch nicht gut. Macht nichts. Hauptsache, er ist weg und die Oma sucht ihn dann und findet ihn nicht und ärgert sich noch mehr. Frieder grinst und hockt im dunklen Schrank und wartet. Eine ganze Weile. Er sieht nichts, er hört nichts ... doch. Die Oma. Sie ruft: »Bub, Frieder, herkommen. Teigschüssel schlecken, der Kuchen ist bald fertig.« »Schleck selber, Oma«, murmelt der Frieder und kichert und hockt still. Tut keinen Mucks. »Bub«, schreit die Oma, »du bist ja so still! Ist dir was passiert?« Ihre Stimme klingt gar nicht wie Arger. Ihre Stimme klingt so mehr nach Angst, das kann der Frieder deutlich hören. Angst soll die Oma nicht haben. Bloß Arger. Und Frieder brüllt laut im dumpfen Schrank: »Ist nix passiert, Oma! Ich bin bloß weg.« »Was bist du?«, schreit die Oma zurück. »Weg!«, brüllt der Frieder, so laut er kann. »Eine neue Oma suchen, wie oft soll ich das noch sagen!«
Da ist die Oma still. Frieder horcht und wartet. Was macht die Oma denn? Sie muss ihn doch jetzt suchen ... Frieder schaut durchs Schlüsselloch ... da steht die Oma. Mitten im Zimmer. Frieder kann es deutlich sehen. Er hält den Atem an und auch noch die Hände vor den Mund. Die Oma sucht. Und weiß nicht, wo er ist. Hurra! Sie steht und schaut. Und wie sie da so steht und schaut, da hat sie ganz viele Falten im Gesicht. Sieben oder hundert. Da sieht sie aus wie eine ganz, ganz alte Oma. Wie eine Oma, die traurig ist ... dem Frieder wird ganz komisch. Jetzt setzt sie sich auf sein Bett, seufzt tief und nimmt den Teddy auf den
Schoß. So, wie sie sonst den Frieder auf den Schoß nimmt.
»Teddy«, sagt die Oma und wiegt den Teddy hin und her, »Teddy, der Bub, jetzt ist er weg. Der sucht sich eine neue Oma, hat er gesagt.« Der Teddy wackelt auf ihrem Schoß. Der Frieder horcht im Schrank.
»Er hat ja Recht, der Bub«, flüstert die Oma, »ich bin ja wirklich alt. Bin nimmer so flink wie früher.« Sie wischt sich übers Gesicht. Dem Frieder wird im Schrank ganz heiß ... wie müd die Oma aussieht ...
Sie schweigt und streichelt den Teddy und plötzlich sagt sie ganz laut: »Aber geprügelt hab ich den Bub noch nie! Und wenn der noch mal Prügel-Oma zu mir sagt, dann hau ich ihm den Popo voll.« Der Teddy brummt ein langes, tiefes »Brummm«, weil ihn die Oma geschüttelt hat. Frieder im Schrank schluckt und schluckt ... am liebsten hätte er mitgebrummt oder ein bisschen geheult oder so was ... die Oma sitzt so alleine da. Bloß mit dem Teddy und sonst nichts.
»Teddy«, wispert die Oma dem Teddy ins Ohr, »Teddy, ob der Bub wohl weiß, wie lieb ich ihn hab? Jetzt ist er weg, der Bub. Jetzt haben wir nur noch uns, gell, Teddy?« Da wird dem Frieder im Schrank ganz anders. Da steigt das Schlucken in seine Kehle. Da schluckt es raus, aus Mund und Nase ... die arme Oma! Der arme Teddy! Und er ist auch so arm! Allein im Schrank und weit weg in der Welt ... Frieder hockt im Schrank und heult. Ganz leise und ganz jämmerlich. Da reißt die Oma die Schranktür auf und Frieder stolpert raus, genau in ihre Arme. »Oma«, schluchzt er, »Oma, ich bin doch hier! Und lieb hab ich dich auch!«
Und er heult der Oma den Busen nass und dem Teddy den Bauch.
»Herzensbub!«, sagt die Oma. »Da bin ich aber froh!« Und sie wischt Tränen weg. Dem Frieder vom Gesicht und dem Teddy vom Bauch. Und gibt den beiden einen Schmatz. Dem Frieder auf die Backe und dem Teddy auf die Nase.
Frieder schluckt und Frieder grinst. Und dann marschieren alle in die Küche. Teddy links an Omas Hand, Frieder rechts an Omas Hand. Und gemeinsam schlecken sie die Teigschüssel aus. Der Frieder mit der Zunge, die Oma mit beiden Händen, der Teddy mit der Nase. Und wer kriegt diesmal Bauchweh? Der Teddy! Weil der das Teigschlecken nicht gewöhnt ist ...
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, heut geh ich nicht schlafen! Noch lange nicht. Und überhaupt nicht!«
»Ja, lässt du mich gleich los, Rotzbub!«, zetert die Oma. »Und komm mir nicht mit so was! In der Nacht schläft der Mensch. Marsch, ab ins Bett und damit Schluss!«
»Wenn ich doch aber gar nicht müde bin, Oma«, jammert der Frieder und hopst im Schlafanzug vor der Oma auf und ab. »Ich mag mal aufbleiben. Ganz lange!« Und weil die Oma streng schaut, setzt er noch »bitte, liebe Oma« hinzu. Es wirkt nicht. Die Oma schaut noch strenger.
»Du hast ja schon ganz kleine Augen, die hat der Sandmann klein gestreut«,
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