Omega
schienen für die Versorgung der Goompahs verantwortlich zu sein. Das war nicht donquichotisch, sondern vielmehr eine Art Verpflichtung. Es schien beinahe, als stünden die Goompahs über den Göttern.
Zudem, so fuhr Holder fort, war auffällig, dass es keinen Kriegsgott gab. Und keinen, der die Krankheiten befehligte. »Alle Gottheiten repräsentieren positive Kräfte«, sagte Jason. Aber er gab zu, dass er nicht wusste, was er daraus schließen sollte, abgesehen davon, dass die Goompahs anscheinend erstaunlich angepasst waren.
Die Kunstwerke in den Bibliothekstexten offenbarten, wie die Goompahs ihre Götter sahen. Sie verkörperten in der Tat Majestät und Macht; aber da war auch eine unverkennbare Andeutung des Mitgefühls. Eine der Gottheiten, Lykonda, eine Tochter des göttlichen Trios, hatte Flügel. Und sie trug stets eine Fackel. Also wussten sie nun, wer die Sterblichen am Eingang zum Tempel willkommen hieß. Bisher gab es keine Hinweise darauf, ob die Einheimischen an ein Leben nach dem Tod glaubten, aber Jason prophezeite, dass, sollten sie daran glauben, Lykonda auch dann zur Stelle sein würde, um ihnen ihren Lohn zu geben.
Die Städte bildeten ein Bündnis, dessen politische Kontur äußerst vage war. Aber sie hatten eine gemeinsame Währung. Und weder Judys Leute noch Hutchs Analysten auf der Erde hatten irgendeinen Hinweis auf Verteidigungseinrichtungen gefunden. Auch gab die Geschichte der Goompahs, so flüchtig ihr Einblick in selbige auch sein mochte, keinerlei Hinweise auf irgendeine Art von Konflikt, die nach menschlichem Ermessen als Krieg hätte bezeichnet werden können.
Nun gut, bei Unstimmigkeiten zwischen den Städten war schon einmal der Pöbel von einer Stadt in die Außenbezirke der anderen gezogen, hatte Steine und in einem berühmten Fall sogar Blasen geworfen, die mit gefärbtem Wasser gefüllt waren. Dann und wann hatte es ein Unglück gegeben, aber nirgends gab es eine Spur der Art organisierter Massengewalt, die so grausame Spuren in der menschlichen Geschichte hinterlassen hatte.
Es hatten sogar ein paar bewaffnete Begegnungen stattgefunden. Aber sie waren höchst selten und die Zahl der Beteiligten sehr klein. Collingdale konnte keineswegs behaupten, die ganze Geschichte des Intigo zukennen. Dennoch schienen die Goompahs eine bemerkenswert friedliche Gattung zu sein. Und die Schriften ihrer Philosophen offenbarten einen feinsinnigen und außergewöhnlichen ethischen Kodex, der den Vergleich mit den Mahnungen des Neuen Testaments nicht zu scheuen brauchte.
Die Goompahwelt schien auf den Isthmus und die Gebiete, die sich im Norden und Süden direkt an die Landenge anschlossen, begrenzt zu sein. Ihre Segelschiffe blieben immer in Sichtweite der Küste. Es gab keinen Hinweis darauf, dass sie Kompasse kannten. Offenbar hatten sie sich nie mehr als ein paar Tausend Kilometer in irgendeine Richtung von zu Hause entfernt. Sie unterhielten keine festen Kolonien und zeigten keinerlei Expansionsbestrebungen.
Die Goompahs verfügten über einige wissenschaftliche und technische Kenntnisse. Judys Team hatte eine Schrift entdeckt, die sich der Klimatologie widmete. Die meisten ihrer Annahmen waren falsch, aber sie offenbarten die zugrunde liegende Vermutung, dass die klimatologischen Schwankungen natürliche Ursachen hatten, und wenn sie die richtigen Formeln fänden und korrekte Beobachtungen anstellten, sollte ihnen auch eine Wettervorhersage möglich werden.
Einige von ihnen glaubten, auf einer Kugel zu leben. Niemand konnte sich erklären, wie sie das herausgefunden hatten, aber der Intigo wurde in mehreren Verweisen als Globus beschrieben. Gelegentlich fand sich der Begriff des Weltenkreiselns in Verbindung mit dem Wort für Ozean.
Das Team hatte 36 Werke aus der Bibliothek von Brackel erfasst und teilweise übersetzt. Von diesen 36 Werken konnten dreizehn als Dichtkunst oder Dramendichtung bezeichnet werden. Es gab nichts, was man als Roman oder auch nur Märchen hätte einordnen können. Der Rest bestand aus historischen, politikwissenschaftlichen – ihr Regierungssystem bestand aus Republiken der einen oder anderen Art – und philosophischen Texten, wobei sich die Philosophie aus der Naturwissenschaft herausgelöst hatte, was auch keine geringe Leistung war.
Die Oberklasse bemühte sich, ihrerseits dem Geist der Dinge auf die Spur zu kommen. Sie bereiteten Phrasen vor und prägten sie sich ein, bis der ganze Gemeinschaftsraum von Goompahgeschnatter widerhallte.
Challa
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