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Omega

Omega

Titel: Omega Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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paar vereinzelte, über das Land verteilte Tempel –, hatten zwar ein Dach, waren aber davon abgesehen offen und den Elementen ausgeliefert. Es war jederzeit möglich, gleich ob bei Tag oder bei Nacht, einen Tempel aufzusuchen.
    Ein paar Besucher spazierten zwischen den Säulen umher, die die beiden Kuppeldächer stützten. Die Götter schienen hier getrennte Quartiere bezogen zu haben. Sie saßen, standen oder ruhten auf Bänken. Die Wirkung dieser Darstellung war weniger distanziert, weniger majestätisch als an anderen Orten. Diese Götter schienen zu Hause zu sein, zwanglos und salopp, als wollten sie ihre Besucher gemütlich zu einem Drink einladen.
    An den Wänden fanden sich bildhafte Darstellungen von Göttern, die Kindern halfen, einen Fluss zu durchwaten, die eine stürmische See besänftigten oder eine Fackel für verirrte Wanderer im Wald bereithielten. Da war Lykonda, die ihre Flügel weit gespreizt hatte, um die Kälte der Nacht von ihren Schützlingen fern zu halten. Aus den Schriften hatten sie ein wenig über sie erfahren. Sie wurde als Hüterin des himmlischen Reichs beschrieben, auch wenn nicht klar geworden war, warum sie diesen erhabenen Titel innehatte. Sie war die Wächterin des Wissens, Kämpferin für die Schwachen, Behüterin der Reisenden. Tu einem Fremden Böses an, und du musst dich vor Lykonda verantworten. An einer anderen Stelle entdeckten sie den lachenden Gott, der offensichtlich gerade dabei war, eine Gruppe heftig lachender Goompahs mit einer Pointe zu beglücken.
    »Wer«, flüsterte Kellie, »würde nicht lachen, wenn Gott einen Witz erzählt?«
     
    Eine andere Gottheit, deren Namen sie nicht kannten, führte ein Schwert.
    »Sieh mal!« Kellie blieb vor dem Fries stehen. Der Gott trug einen Kriegerhelm, hielt einen Stab mit einem flatternden Banner in einer Hand, das erhobene Schwert in der anderen. Er sah wütend aus und wurde von dämonischen Wesen umschwirrt. Die Angreifer waren mit Speeren und Keulen bewaffnet. Brutale Waffen.
    Digger hielt den Atem an.
    Diese dämonischen Kreaturen…
    … sahen menschenähnlich aus. Wie die Figur auf dem geflügelten Rhinozeros.
    »Ihre Nasen sind ein bisschen lang«, stellte Kellie in der plötzlichen Stille fest.
    Das Gleiche galt für ihre Glieder. Und sie hatten Klauen anstelle von Fingernägeln. Ihr Haar hing zottelig auf ihren Rücken herab. Ihre Mienen drückten Böswilligkeit und Heimtücke aus. Beide Geschlechter waren dargestellt, und sie erinnerten stark an Dämonendarstellungen in der Kunst des 15. Jahrhunderts.
    »Waren wir doch schon früher hier?«, fragte Digger.
    Ein Vogelschwarm flog aus einer Baumkrone auf, bildete eine Formation und flog in westlicher Richtung davon.
    »Tja«, meinte Kellie, »jedenfalls kann ich mir jetzt vorstellen, warum sie schreiend davongelaufen sind, als du vor ihnen aufgetaucht bist.«
     
    Das Land hinter dem Tempel stieg auf holprigem Boden in Richtung der Skatbrones auf, dem Namen, mit dem die Goompahs nicht allein die einzelne Bergkette, sondern den ganzen gebirgigen Norden bezeichneten. Ein paar Häuser tüpfelten die unteren Hänge, und es gab einige Obstgärten. Die Landefähre wartete auf einer abgelegenen Klippe.
    Kellie rief sie herbei, und sie gingen noch auf dem Tempelgelände an Bord, was ein wenig riskant war, doch Kellie hatte dafür gesorgt, dass die Steuerbordseite zur See zeigte, sodass niemand die offene Luke der Luftschleuse sehen würde.
    Sie kletterten hinein und schlossen die Luke. Kellie flog sie zurück zu der Klippe, und Digger schaltete seine Systeme ab. Als sie gelandet waren, gönnte er sich zufrieden eine heiße Dusche, wechselte die Kleider und ließ sich ermattet auf einen Sitzplatz fallen. Als auch Kellie im Waschraum fertig war, servierte Bill das Abendessen. Zu Kellies Entzücken zauberte Digger einige Kerzen und eine Flasche Wein aus den Vorräten der Jenkins hervor. »Wie bin ich nur je auf den Gedanken gekommen«, sagte sie, »du wärest nicht romantisch?«
    »Ich bin Meister der Romantik«, konterte er. »Darum haben mich die Frauen all die Jahre so hartnäckig verfolgt.«
    »Das verstehe ich voll und ganz. Schenk ein.«
    Er hätte Champagner vorgezogen, aber ihr kleiner Vorrat war schon längst aufgebraucht. Und er hätte sich etwas Edleres als Hackbraten zu dieser Gelegenheit gewünscht, aber die Möglichkeiten der Landefähren waren nun einmal begrenzt. Er schenkte die Gläser voll, zündete die Kerzen an und brachte einen Toast auf seine liebreizende

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