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Omega

Omega

Titel: Omega Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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wehte ein steifer Wind, und Bill sagte Regen für die frühen Morgenstunden voraus. Aber wenn man sicher in einem Flickingerfeld steckte, machte das alles nicht viel aus. Sie waren immer noch draußen, als der Sturm aufzog. Es war ein erfrischendes Gefühl, mitten in Wind und Regen zu stehen, unter ihm der Tempel und Kellie in seinen Armen. Aber als die ersten Blitze über den Himmel zuckten, beschlossen sie, dass die Situation ein vernunftbetontes Handeln erforderte. Einen Augenblick hielten sie einander noch in den Armen, und Digger schaltete ihr Feld ab. Ehe sie auch nur reagieren konnte, war sie vollkommen durchnässt.
    Sie stieß ihn fort und rannte zu der Landefähre.
    Glücklich folgte er ihr und schaltete unterwegs mit der Fernbedienung die Navigationsleuchten an. Ihre Kleidung war durch die Nässe durchsichtig geworden.
     
    Es war noch dunkel, als er wach wurde. Er lauschte und hörte ein fernes Geräusch. Fühlte es in der Landefähre.
    Stimmen.
    Gesang.
    Kellie schlief neben ihm. Er schlüpfte vorsichtig unter der Decke hervor, konnte aber aus dem Inneren der Fähre nichts erkennen. Er legte seinen E-Suit an und ging hinaus in die Nacht. Der Gesang kam vom Tempelgelände.
    Er trat an den Rand der Klippe und blickte hinunter. Da waren Fackeln und Bewegung. Und der Gesang.
    Aber er konnte nicht erkennen, was vor sich ging.
    Seine Erfahrung mit den Goompahs verriet ihm, dass sie nicht gerade als Frühaufsteher gelten konnten.
    Er kehrte zurück in die Fähre und weckte Kellie.
     
    Zwei Goompahs in schwarzen Roben und Kapuzen hielten Fackeln in Händen und folgten einem weiteren, der ganz in Weiß gekleidet war. Für Digger war dies ein Déjà-vu-Erlebnis. Auf ein Neues. Wo ist der Speer? Und da war er auch schon, sicher in den Händen seines Trägers.
    Die Menge war größer geworden. Jemand spielte auf einer Art Flöte, und die Menge sang dazu, aber Digger konnte nur dann und wann ein einzelnes Wort verstehen. »Dunkelheit«, »Gerechtigkeit«, »Deine Pracht«, »Hilf«.
    Hilf.
    Hilf uns, ein neues Dach auf den Tempel zu bauen?
    Hilf uns in der Stunde unserer Not?
    Sie drängten sich zusammen. Digger und Kellie hielten sich in sicherer Distanz.
    Die drei Gestalten in den Roben gingen im Gleichschritt über einen der Gehwege, nicht mit militärischer Präzision, aber doch geübt. Die Menge fiel hinter ihnen in Schritt. Er schätzte die Zahl der Goompahs auf ein paar Hundert, und sie alle stimmten in den Gesang mit ein und gerieten mehr und mehr in Begeisterung.
    Der Regen hatte aufgehört, und die Sterne leuchteten in einem hellen, harten Licht.
    Die Prozession bewegte sich durch einen Hain und kam an einem Strand wieder zum Vorschein. Als Digger dort eintraf, weit hinter den Goompahs, hatten die drei Anführer ihre Sandalen abgelegt und waren einige Schritte weit in die Brandung getreten, wo sie sich im Halbkreis aufstellten. Der in Weiß sah älter aus als die anderen, und er trug einen weißen Hut mit breiter Krempe.
    »Kreatur…«
    Die Menge war still geworden. Niemand folgte den drei Goompahs ins Wasser.
    »… der Nacht…«
    Plötzlich fiel Digger ein, dass er kein Aufnahmegerät dabeihatte. Er konnte keine Aufzeichnung der Vorgänge machen.
    »… hinfort…«
    Sie schlichen so nah wir möglich heran. Der Weg führte über nassen Sand, doch es war zu dunkel, als dass jemand ihre Fußabdrücke hätte sehen können.
    Die Goompahs blickten hinaus auf die See…
    Nein, tatsächlich blickten sie aufwärts. Auf jenen schwarzen Fleck, der dem nordwestlichen Horizont entgegensank.
    »… Stunde der Not…«
    Eine große Welle rollte herbei und hob den Weißgekleideten empor.
    Er riss die Arme hoch, und die Nacht wurde still. Einige Augenblicke stand er nur da, und Digger hatte das Gefühl, dass er zögerte. Dann trat er einen oder zwei Schritte weiter in das Wasser. Der Träger tauchte neben ihm auf und überreichte ihm den Speer. Er nahm ihn und hielt ihn hoch in die Luft. Seine Lippen bewegten sich. Zitterten.
    Die ganze Zeit kamen immer weitere Goompahs dazu. Manche näherten sich vom Tempel her, andere vom anderen Ende des Strands. Aber sie alle bewahrten Schweigen.
    Er zielte mit dem Speer auf die Omega, stieß ihn ein paar Male in ihre Richtung und gab die Waffe an einen der anderen weiter. Und Digger sah mit wachsendem Entsetzen, wie er weiter in die Fluten hineinschritt, bis seine Robe aufschwamm, bis er selbst emporgehoben wurde. Dann schwamm er, kämpfte sich gegen die Flut voran.Die See wollte

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