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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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Faschistischen Partei und derzeit in Neapel wohnhaft, spendet 10 000  Lire: Für den Bau der örtlichen Parteizentrale erhält die Gruppierung in Roccarainola einen Zuschuss von 5000  Lire. Von den restlichen 5000  Lire wird in Nola ein Heliotherapie-Zentrum errichtet.«
    Wie verlautet, würde Vito Genovese später das Gebäude der faschistischen Parteizentrale in Nola mit einer Summe von 25 000   US -Dollar subventionieren. Besucher von Nola – und deren gibt es nicht viele – können noch immer das Gebäude an der Piazza Giordano Bruno besichtigen: Der weiße Block, seit langem seiner faschistischen Symbole beraubt, beherbergt eine regionale Zweigstelle der Universität Neapel, die juristische Fakultät, um genau zu sein.
    Genovese kam am 21 . November 1897 unweit von Nola in Risigliano zur Welt. Wir wissen nicht, ob seine Familie bereits Verbindungen zur Unterwelt Kampaniens hatte, bevor sie 1912 in die Vereinigten Staaten emigrierte. Jedenfalls bot New York gewaltbereiten jungen Einwanderern unbegrenzte Möglichkeiten. Seite an Seite mit seinem Freund, dem gebürtigen Sizilianer Charles Luciano, genannt Lucky, erstieg Vito schnell die Karriereleiter der Unterwelt. Ein mittlerweile berühmtes Fahndungsfoto von Genovese aus dieser Zeit zeigt einen Schlägertyp mit hervorquellenden Augen und einem schiefsitzenden schwarzen Haarschopf.
    1936 wurde Lucky Luciano wegen Zuhälterei vor Gericht gestellt und zu 30 bis 50  Jahren Haft verurteilt. (Was ihm freilich erspart geblieben wäre, hätte er die im Heimatland der Mafia geltenden Gepflogenheiten befolgt.) Vito Genovese sollte eigentlich an Lucianos Stelle treten als Oberhaupt der New Yorker Mafia, die noch immer von Sizilianern dominiert war. Doch fürchtete er auch, dass ein anhängiger Mordprozess gegen ihn eine vergleichsweise raue Behandlung nach sich ziehen könnte. Also flüchtete er 1937 in sein Geburtsland, in ein vergoldetes Exil.
    In Italien hatten Vito Genoveses Großzügigkeit und faschistische Gesinnung eigennützige Gründe. Gerüchten zufolge war es ihm darum zu tun, Rauschgift in die Vereinigten Staaten zu schmuggeln. Mit den Einkünften leistete Genovese seinen Beitrag zum architektonischen Erbe der Faschisten in Kampanien und bereitete sowohl Mussolini wie auch seinem Außenminister und Schwiegersohn, dem Grafen Galeazzo Ciano, einen fürstlichen Empfang. Dass Genovese auch zu den Honoratioren in Nola ausgezeichnete Kontakte pflegte, versteht sich von selbst.
    Offensichtlich mangelte es den faschistischen Machthabern in Kampanien an der nötigen Integrität und Aufmerksamkeit, sonst hätten sie die Ratschläge Major Anceschis nach dessen Einsätzen in den Mazzoni-Sümpfen von 1926 bis 1928 befolgt. Jedenfalls glitt der Faschismus in Kampanien vom kämpferischen Eifer der Himmelfahrtsrede zu einem friedlichen Arrangement zwischen Politik und Gangstertum ab. Wie spätere Ereignisse ans Licht bringen sollten, war Vito Genovese nunmehr Teil einer blühenden kriminellen Landschaft.
    Sizilien: Der schleimige Krake
    Wir wissen seit langem, dass sich Cesare Moris prahlerische Behauptung, er habe die Mafia besiegt, als hohl erweisen würde, und dass die Operation Mori auf längere Sicht ein Fehlschlag war. Denn kaum war nach dem Sturz des Faschismus die Demokratie wiederhergestellt, begann für Siziliens berüchtigte kriminelle Vereinigung eine neue Phase, in der sie sich arroganter und blutrünstiger gebärdete denn je. Man hat eine Menge Energie darauf verschwendet, für das Wiedererstarken der Mafia nach dem Zweiten Weltkrieg einen Verantwortlichen zu suchen. Verschwörungstheoretiker gaben ausschließlich den Amerikanern die Schuld: Die Mafia sei mit der Landung der Alliierten im Jahre 1943 zurückgekehrt. Pessimisten sehen den Fehler in der italienischen Demokratie: Ohne Diktator an der Spitze sei das Land schlicht außerstande, das organisierte Verbrechen kompromisslos zu bekämpfen.
    Wer auch immer die Verantwortung trug für das Wiedererstarken der Mafia, die meisten Erinnerungen an den Versuch, sie auszurotten, waren mehr oder minder im Einklang mit den Fanfarenstößen des Faschismus. Selbst einige Mafiosi dachten mit Schaudern an die Alarmsignale Ende der 1920 er Jahre zurück. Ein Ehrenmann, der freilich noch zu jung war, um sich an die Operation Mori zu erinnern, erzählte 1986 :
    »Plötzlich [unter den Faschisten] wurden andere Saiten aufgezogen. Schwere Zeiten für Mafiosi (…) Nach dem Krieg existierte die Mafia kaum noch. Alle

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