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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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alten
capobastone
, und an die 5000  Personen erwiesen ihm die letzte Ehre.
    Der erste ’Ndrangheta-Krieg forderte, wie man jetzt weiß, mehr Opfer als Siziliens erster Mafiakrieg zu Beginn der 1960 er Jahre. Binnen drei Jahren wurden 233  Personen ermordet. Lokale Fehden in Ciminà, Cittanova, Seminara und Taurianova forderten weitere Opfer. Auf beiden Seiten eskalierte die Gewalt. In einem abgehörten Telefonat erzählte Mommo Piromalli seiner Frau, wie er eines seiner Opfer an die Schweine verfüttert habe: »L’anchi sulu restaru« (Nur seine Oberschenkelknochen blieben übrig), erklärte er. »Jawohl!«, entgegnete sie.
    Etwa 20 der alten Bosse wurden getötet. Der letzte (und zugleich der wichtigste nach ’Ntoni Macrì) war der Bigamist und Triumvir Don Mico Tripodo. Im Frühjahr 1976 wurde er samt seinen Camorrafreunden in Mondragone verhaftet und in das Poggioreale-Gefängnis in Neapel gesteckt. Fünf Monate später, am 26 . August, drängten zwei neapolitanische Kleinkriminelle ihn auf den Befehl eines
capo
der Camorra in eine Ecke seiner Zelle und stachen 20 -mal auf ihn ein. Die De Stefanos hatten bewiesen, dass auch sie über Freunde in der neapolitanischen Unterwelt verfügten, und indem sie sich ihrer bedienten, um ihren Boss und Feind Mico Tripodo zu beseitigen, machten sie dem Krieg ein Ende.
    Zumindest fast. Am 7 . November 1977 ging Giorgio »der Komet« De Stefano das Risiko ein, sein Grundstück in Reggio Calabria zu verlassen, um an einem wichtigen Treffen der höheren Ränge der ’Ndrangheta auf dem Aspromonte teilzunehmen. Ehe die Veranstaltung begann, setzte er sich auf einen Felsen, um sich eine Zigarre anzuzünden. Plötzlich ertönte ein Ruf: »Curnutu, tu sparasti a me frati.« (»Du Dreckskerl, hast meinen Bruder erschossen!«) Gleich darauf krachten Schüsse. Der »Komet«, der scheinbare Sieger des ersten ’Ndrangheta-Kriegs und vermeintliche Inbegriff des modernen Mafioso, hatte die Früchte seines militärischen Erfolgs nur ein Jahr lang genießen dürfen.
    Für einen Moment sah es so aus, als werde der überlebende Bruder Paolo De Stefano die ’Ndrangheta in einen neuerlichen Krieg stürzen. Doch interne Ermittlungen ergaben schon bald, dass der Todesschütze ein rangniedriges Mitglied namens Giuseppe Suraci gewesen war. Suraci habe lediglich einer persönlichen Feindschaft Ausdruck verliehen, hieß es. Die anderen Bosse, die den »Kometen« hatten sterben sehen, beschwichtigten den rachsüchtigen Zorn Paolo De Stefanos, indem sie ihm Giuseppe Suracis abgetrennten Kopf präsentierten. Diese grässliche Geste stellte den Frieden wieder her, der nach dem Krieg von 1974 bis 1976 Gestalt angenommen hatte.
    Heute wissen wir jedoch, dass die Geschichte von der Ermordung des »Kometen«, die man Paolo De Stefano aufgetischt hatte, eine raffinierte Lüge war. Der Killer Giuseppe Suraci hatte mitnichten aus persönlicher Rachsucht gehandelt, sondern weil er von den Verbündeten der De Stefanos im ersten ’Ndrangheta-Krieg, den Piromallis, den Befehl erhalten hatte. Er wurde geköpft, um Paolo De Stefano nicht verraten zu können, was ihn wirklich dazu bewogen hatte, dessen Bruder umzubringen.
    Als der »Komet« starb, war Mommo Piromalli schon halb im Ruhestand und hatte die Alltagsgeschäfte des Clans seinem jüngeren Bruder Giuseppe übertragen. Und Giuseppe hatte etwas dagegen einzuwenden, dass »der Komet« Giorgio De Stefano Schutzgeld von einem Bauunternehmer erpresste, der bereits unter Piromallis Schutz stand. Der »Komet« hatte sich also einen
sgarro
erlaubt: einen Verstoß gegen die Autorität und die Ehre eines anderen ’Ndranghetista. Dieser
sgarro
hatte genügt, um dem Frevler ein Todesurteil einzubringen. Hinterhältig und rücksichtslos hatten die Piromallis ihre emporgekommenen früheren Verbündeten zurechtgestutzt.
    Es war also Mommo Piromallis Clan, der als eigentlicher Sieger aus dem ersten ’Ndrangheta-Krieg hervorging. Der Hauptgrund für den Erfolg der Piromallis war ihre politische Gerissenheit. Mommo Piromalli, als Mitglied des Triumvirats, hielt das Gleichgewicht, solange es ihm passte. Als er die Zeit gekommen sah, seine Feinde zu isolieren, schlug er die
Mamma Santissima
vor. Er hetzte den »Kometen« gegen seine Feinde; und wendete dann einen Trick an, um sich seiner zu entledigen.
    Mommo Piromalli war das einzige Mitglied des Triumvirats, das die ’Ndrangheta seit den sechziger Jahren regiert hatte und eines natürlichen Todes starb. Eine

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