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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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Heroinköche erhitzten in einer ersten Stufe das Rohopium mit Ätzkalk, um das Morphin zu extrahieren. Lkw-Fahrer schufen in ihren Obst- und Gemüselieferungen an türkische Märkte in Deutschland Geheimfächer. Chemiker veredelten das Morphin zu Heroin – ein heikler Vorgang, bei dem das Morphin mit Essigsäureanhydrid für eine präzise Dauer auf eine präzise Temperatur erhitzt werden muss. Mit jeder Stufe stieg der Preis – und die Gewinnspanne – in geometrischer Folge. Je nachdem, welches Glied in der Kette man war und – ebenso wichtig – wie viele Glieder dieser Kette man kontrollierte, brachte das Heroin entweder das Einkommen eines Schafhirten oder das eines Ölmagnaten.
    In dieser Phase der Geschichte des Heroins waren sizilianische Mafiosi nicht die Hauptlieferanten der Vereinigten Staaten. In den sechziger Jahren kam der Großteil des in Nordamerika konsumierten Heroins aus Korsika. Die Korsen waren Unternehmer, verfügten über ein weltumspannendes Netz aus Kontakten und einen sicheren Standort für ihre Labors in Marseille. Hier genossen die korsischen Clans politischen Schutz für ihre Operationen, indem sie sich als Streikbrecher und als kommunistenfeindliche Schläger verdingten, wodurch sie die französische Hafenstadt zu einer der großen Kriminellenhochburgen Europas machten. 1970 war das Heroin aus Marseille bei amerikanischen Drogenabhängigen bereits berühmt. Mafiosi erschlossen den Korsen ein Vertriebsnetz in den USA . So waren die Sizilianer zwar ein wichtiger, im Wesentlichen aber untergeordneter Teil eines korsischen Unternehmens.
    Das korsische System geriet zu Beginn der siebziger Jahre ins Wanken. Da die amerikanische Öffentlichkeit bestürzt war angesichts des steigenden Heroinkonsums, besonders unter den Streitkräften, rief Nixon zu einem »Kampf gegen Drogen« auf. Der Vertriebsweg Türkei–Marseille–New York, als
French Connection
bekannt, wurde zum strategischen Angriffsziel erklärt. Die Vereinigten Staaten machten der türkischen Regierung zunächst ein großzügiges finanzielles Angebot, um sie dazu zu bewegen, den legalen Anbau von Opium zu unterbinden, der nach der Ernte im Jahr 1972 tatsächlich eingestellt wurde. Unterdessen verloren die Korsen in Frankreich ihre einflussreichen Freunde. Im November 1971 wurde ein französischer Geheimagent, der mit den Korsen zusammengearbeitet und Heroin aus Marseille geschmuggelt hatte, in den USA angeklagt, was in Frankreich einen gewaltigen politischen Skandal auslöste. Außerdem verstärkte das wachsende Heroinproblem in den französischen Großstädten den Druck auf die Regierung, schärfere Maßnahmen zu ergreifen. In Marseille schloss ein Drogenlabor nach dem anderen, und die Chemiker wurden verhaftet.
    Die Sizilianer, die keine so wichtige Rolle in Amerikas Heroinversorgung spielten wie die Korsen, schienen durch die Zerschlagung der
French Connection
in die Bedeutungslosigkeit gedrängt worden zu sein. Amerikanische Drogenabhängige litten an Heroinentzug, und die Sizilianer belegten nur ein kleines Segment des verbliebenen Marktvolumens. 1976 stützte sich der ersehnte Abschlussbericht von Italiens Parlamentarischem Untersuchungsausschuss in Sachen Mafia auf eine Rauschgiftlieferung, die zu Beginn der siebziger Jahre in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt worden war, um zu behaupten, dass »ein Großteil des Heroins, das für den amerikanischen Markt bestimmt ist, nicht mehr wie früher über Italien verschickt wird«. Fast schien es, als sei der Kampf gegen die Drogen bereits gewonnen.
    In Wirklichkeit war gar nichts geschehen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage brauchte eben seine Zeit, bis es im weltweiten Drogenmarkt griff. Die Heroinknappheit auf dem amerikanischen Markt trieb die Preise in die Höhe, wodurch sich die Risiken, neue Versorgungswege zu erschließen, besser auszahlten. Die türkische Produktion erholte sich nach dem anfänglichen Einbruch bald. Und als die amerikanischen Truppen aus Vietnam abgezogen wurden, suchten Morphin- und Heroinlieferanten aus dem Goldenen Dreieck händeringend nach neuen Großabnehmern. Zwischen den asiatischen Lieferanten und den verzweifelten amerikanischen Drogensüchtigen taten sich für Zwischenhändler und Köche verführerische neue Möglichkeiten auf. Und hier trat die sizilianische Mafia auf den Plan. Auf die
French Connection
folgte die
Pizza Connection
. Die Cosa Nostra wurde süchtig.
    »Mister Champagne«: Heroinzwischenhändler
    Gaspare Mutolo, Sohn eines

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