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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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größten Absatzmarkt für illegales Heroin, den USA . Mit ihren Stützpunkten im westlichen Sizilien und in New York, ihren transatlantischen Handelsverbindungen und ihrem großen Beziehungsnetz in den Staaten, waren Mafiosi die idealen Schieber. Zwischen den Kriegen wurde das Morphin in ausgehöhlten Orangen oder in Kisten mit sizilianischen Exportgütern wie Sardellen, Olivenöl oder Käse versteckt.
    Doch das Heroingeschäft der Mafia blieb überschaubar. Der Markt war sogar rückläufig. 1924 gab es in den USA noch 110 000  Drogenabhängige. Der Zweite Weltkrieg unterband die Versorgung mit Opiaten so grundlegend, dass die Zahl der Abhängigen am Ende nur noch etwa 20 000 betrug.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Handel wieder in Gang, unter Beteiligung der Mafia. Italien war damals kein großer Absatzmarkt für Drogen. Bis 1951 durften dort Pharmaunternehmen das Heroin für medizinische Zwecke legal herstellen. Ein gewisser Anteil dieses legalen Heroins fand Eingang in die USA , wo es auf dem Schwarzmarkt veräußert wurde. Lucky Luciano, wie einige andere Mafiosi, die nach dem Krieg nach Italien zurückgeschickt worden waren, exportierte Heroin. Dennoch blieb der Heroinkonsum in Amerika weitgehend auf die Ghettos der Schwarzen und der Puerto-Ricaner beschränkt, und so war der Stoff für die Mafiosi nur ein Geschäft unter vielen.
    Heroin spielte im sizilianischen Kriminellenmilieu erst nach 1956 eine größere Rolle, als in den USA der
Narcotics Control Act
verabschiedet worden war. Weil dieses Gesetz drakonische Strafen für den Drogenhandel vorsah, waren die Heroindealer der New Yorker Mafia darauf erpicht, möglichst viel Arbeit – und Risiko – auszulagern und ihren Vettern in der Alten Welt zuzuschieben. Wie bereits erwähnt, reiste 1957 eine Delegation der New Yorker Bonanno-Familie nach Palermo, um sich im Hotel delle Palme mit hochrangigen Bossen zu treffen. Wie ein US -Anwalt später bemerken würde, war ein jeder im Hotel ein »Drogenschwergewicht«. Auch andere Zeichen kündeten davon, dass Sizilien zu einem größeren Heroinzwischenlager geworden war. 1961 konnte die
Guardia di Finanza
(Steuer- und Zollfahndung) einen internationalen Rauschgiftschmuggelring ausheben, mit Sitz in Salemi in der Provinz Trapani, dem auch kanadische und amerikanische Ehrenmänner angehörten. Im Februar 1962 kam es zum ersten Mafiakrieg, als ein Drogenkonsortium der Mafia, das Bosse aus verschiedenen Palermer Familien umfasste, sich wegen einer Heroinlieferung entzweite, die für die Vereinigten Staaten bestimmt war. Als die Cosa Nostra in Palermo sich infolge der Ciaculli-Bombe von 1963 auflöste, flohen viele der ranghöchsten Ehrenmänner in die USA , um den amerikanischen Markt mit Drogen zu beliefern.
    Der wachsenden kommerziellen Aktivität der sizilianischen Mafia lag eine neue Epidemie Heroinsüchtiger in Amerika zugrunde. Diese Epidemie nahm ab Mitte der sechziger Jahre immer mehr Fahrt auf, als die drogenfreundliche Gegenkultur zunehmend Anhänger fand und in Vietnam amerikanische Bodentruppen zum Einsatz kamen. Während des Krieges unterhielten Heroinköche mit Sitz in Laos, die mit korrupten Offizieren der südvietnamesischen Luftwaffe vernetzt waren, eine dicke Heroinpipeline nach Saigon. 1971 schätzten Mediziner der US -Armee, dass zehn bis 15  Prozent aller US -Soldaten sich Heroin spritzten. Parallel dazu war die Zahl der Abhängigen zu Hause in Amerika auf eine halbe Million gestiegen – das waren zweieinhalbmal so viele Menschen wie zu der Zeit, als das Heroin noch ein legaler Inhaltsstoff vieler patentierter Medikamente gewesen war. Das Geschäft mit dem Rauschgift war keine Wald-und-Wiesen-Industrie mehr.
    Die Schlafmohnfelder dieser Welt finden sich fast ausschließlich in den Hochlagen, die den südlichen Rand Asiens säumen: vom türkischen Anatolien im Westen über Iran, Pakistan, Afghanistan und Indien bis hin zum »Goldenen Dreieck«, wo Burma, Laos und Thailand aneinanderstoßen. In den sechziger Jahren kam das meiste Heroin Amerikas aus der Türkei. Hier wurde der Schlafmohn zwar legal angebaut, doch ein großer Ernteanteil fand Eingang in den Schwarzmarkt. Zwischen den türkischen Bauern und den amerikanischen Konsumenten gab es eine lange Kette aus Mittelsmännern, Schmugglern und Profitmachern: Polizisten und Zollbeamte wurden geschmiert, um wegzusehen. Kameltreiber verfütterten Plastikbeutel mit Opiumpaste an ihre Tiere, um sie so über die türkische Grenze zu schmuggeln.

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