Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
Vom Netzwerk:
Arbeitswelt integriert werden und erhielt deshalb einen Posten in einer Möbelfabrik im mittelitalienischen Teramo. Doch die Position eines Buchhaltungsgehilfen passte nicht recht zu Mutolos Fähigkeiten, also überredete er den Besitzer, ihn zum Handelsvertreter für Palermo zu machen. Er erhielt außerdem Heimurlaub in Sizilien, aus »familiären« Gründen. Mutolo ließ seinen Ferrari Dino und seinen Alfa Romeo GTV   2000 nach Teramo überführen, um zu Geschäftsterminen nach Sizilien düsen zu können. Er mietete sich zudem eine riesige Villa am Meer nicht weit von Teramo und nutzte eine Suite im Fünf-Sterne-Hotel Michelangelo als Büro. Von dort aus führte er Telefongespräche nach Australien, Brasilien, Venezuela und Kanada.
    Mutolos Drogengeschäft nahm einen kometenhaften Aufstieg. Er gründete rasch eine Organisation aus gewöhnlichen Kriminellen, Freunden und Verwandten, um die vielen hundert Kilo Heroin zu veredeln, die Ko Bah Kin aus Thailand schickte. Als die Behörden einige der sizilianischen Drogenküchen entdeckten, griffen Mutolo und Kin eine Idee auf, die das Veredeln ungleich sicherer machte, und brachten damit weitere Glieder in der Versorgungskette an sich. Kin spürte die Morphinbasis in Thailand auf. Ein Mafiapartner Mutolos sorgte dafür, dass der Stoff per Schiff nach Europa transportiert wurde. An Bord wäre ein Ehrenmann aus Mutolos Cosa-Nostra-Familie, der als Wachposten fungierte, außerdem, was ebenso wichtig war, ein Chemiker, so dass das Heroin – 400  Kilo auf einen Schlag – bereits verkaufsfertig ankäme.
    » 1981 : mein magischer Moment, das beste Jahr meines Lebens«, erinnerte sich Mutolo. Armanianzüge, Seidenkrawatten, Maßschuhe, Uhren von Cartier für seine Freunde … Die Anwälte, Ärzte und Professoren aus Teramo, mit denen er verkehrte, gaben Mutolo den Spitznamen »Mister Champagne«. Heute, als Kronzeuge, führt er ein bescheidenes Leben. Er hat eine neue Identität angenommen und fährt statt des Ferraris einen Motorroller. So ist es vielleicht verständlich, dass er sich mit Wehmut an sein einstiges Luxusdasein erinnert. Doch im Grunde seines Herzens weiß er, dass dies alles nur Flitterkram war. Die angezapften Telefongespräche und andere Beweismittel, die ihn schließlich als Drogenhändler überführten, zeigen, wie er seinen Reichtum sorgfältig nutzte, um Gefälligkeiten zu verteilen und Freunde zu gewinnen. Um politische Spannungen innerhalb der Cosa Nostra zu vermeiden, war Mutolo stets darauf bedacht, dass die Palermer Familien grundsätzlich die Chance erhielten, in neue Warensendungen zu investieren, und dass das Heroin, das Sizilien erreichte, auch gerecht verteilt wurde. Mutolo sorgte dafür, dass sein Boss ihm gewogen blieb. Er stieg in Saro Riccobonos Wertschätzung und wurde zu einem der führenden Mitglieder der Partanna-Mondello-Familie. Im Grunde war Geld in der Cosa Nostra nur von Bedeutung, wenn es in Macht umgewandelt werden konnte.
     
    Die gewaltigen Mengen preisgünstigen Heroins, die in den siebziger Jahren durch Italien geschleust wurden, verursachten eine explosionsartige Zunahme des Drogenkonsums auf der Halbinsel. 1970 hatte man das Heroinproblem noch kaum registriert. Doch schon 1980 gab es in der italienischen Bevölkerung pro Kopf mehr Heroinsüchtige als in den Vereinigten Staaten. Wer in den achtziger Jahren eine größere italienische Stadt besuchte, erinnert sich gewiss noch an den Anblick der Plastikspritzen, die in entlegeneren Straßen in den Rinnsteinen lagen.
    Trotz des wachsenden Drogenkonsums in Italien (der sich auch in einem Anstieg der Todesfälle infolge einer Überdosis bemerkbar machte) blieb Amerika, absolut gesehen, der größte Absatzmarkt. Gaspare Mutolo war ein dicker Fisch in dem komplexen Im- und Exportspiel, dem der Heroinhandel zwischen Fernost, Sizilien und den Vereinigten Staaten glich. Doch er war bei weitem nicht der dickste im Teich. Mutolo lernte sehr schnell, dass den strategisch günstigsten Platz in der Versorgungskette nach Amerika jene Mafiosi innehatten, denen der Spagat über den Atlantik gelang.
    Das Transatlantische Syndikat
    Am 22 . April 1974 ließ sich in Saint-Léonard, Montreals Little Italy, eine kleine Gruppe Mafiosi in einer Eisbar nieder, um zu plaudern. Zwei von ihnen waren die Wortführer. Der eine war der Besitzer der Bar, Paolo Violi, Unterboss der Cosa Nostra in Quebec. Violis Gast kam direkt aus Sizilien: Es war Giuseppe »Pino« Cuffaro, ein Ehrenmann, der wie Violi aus

Weitere Kostenlose Bücher