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Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition)

Titel: Omertà - Die ganze Geschichte der Mafia: Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickie
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ausgebildeten Teams gegen die Terroristen vorzugehen, was ihrem Ruf äußerst zuträglich war.
    Während der bleiernen Zeit kam auch das italienische Rechtssystem in die Jahre. In der Theorie waren Staatsanwälte und Richter, seit 1948 die Verfassung der Italienischen Republik verkündigt wurde, keiner politischen Einmischung unterworfen gewesen, nur den eigenen Vorgesetzten. In der Praxis jedoch war die juristische Unabhängigkeit noch längst nicht angekommen. In den 1960 er Jahren wurde dank des wachsenden Bildungssystems und des Staatsexamens als Auswahlkriterium für Juristen eine Karriere im Rechtssystem zur Option, die intelligenten jungen Menschen aus unterschiedlichen Familienverhältnissen offenstand. So wurde die Richterschaft weniger eine Kaste als eine offene Zunft.
    Einige der Richter, die in den 1960 er Jahren ihr Studium absolviert hatten, standen während der bleiernen Zeit beruflich an vorderster Front. Wie die hochrangigen Polizeibeamten gingen sie ein schreckliches Risiko ein: Jede ihrer Bewegungen wurde von Terrorzellen verfolgt, die jede Gelegenheit ausspionierten, um zuzuschlagen. Die Erfolge, die der Staat letztlich gegen den Linksterrorismus zu verbuchen hatte, gaben dem Rechtssystem einen Vorrat an Glaubwürdigkeit, von dem es zehren konnte, als es mit Italiens Bastionen unerlaubter Privilegien – korrupten Politikern und den Mafias – den Kampf aufnahm.
    Der Konflikt innerhalb der Cosa Nostra, der in Sizilien seit 1978 geschwelt hatte, explodierte im Frühling 1981 , als Totò Riina die Heroinelite der Mafia attackierte. Unterdessen überzogen die
Nuova Camorra Organizzata
und die
Nuova Famiglia
Kampanien mit Leichen. Die ersten Reuigen der kriminellen Organisationen waren diesem Gemetzel geschuldet.
    Die todbringende Kombination
    Andernorts wären Pio La Torre und Carlo Alberto Dalla Chiesa erbitterte Gegner gewesen: der eine ein militanter Kommunist aus Sizilien, der sich für eine radikale gesellschaftliche Veränderung starkmachte; der andere ein strenger Soldat aus Norditalien, der seine Aufgabe darin sah, die Gesellschaft vor Umstürzlern zu bewahren. Die Cosa Nostra machte sie zu Verbündeten. 1982 tötete sie alle beide.
    Wenige kannten die sizilianische Mafia so genau wie Pio La Torre. Er kam 1927 im Dorf Altarello di Baida zur Welt, inmitten der mafiakontrollierten Zitrusgärten in Palermos Conca d’Oro. Das Leben war hart. Sein Vater hielt ein paar Tiere, um das wenige aufzustocken, das er als Tagelöhner verdienen konnte. Mit einer Hartnäckigkeit, die ihn sein ganzes Leben charakterisieren würde, büffelte Pio bei Kerzenlicht, arbeitete schwer, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, und schaffte es an die Universität. Dort trat er 1945 in die Kommunistische Partei ein und stieg bald zu einem lokalen Anführer der kommunistischen Landarbeitervereinigung auf. Seine erste Erfahrung als politischer Aktivist machte er nach dem Krieg, als die Bauern die Kontrolle über das Land forderten – dies war auch seine erste heftige Auseinandersetzung mit der Mafia. Der lokale Boss, immer auf der Suche nach Talenten, machte sich während eines Wahlkampfes an ihn heran: »Du bist doch ein intelligenter Bursche. Du wirst es weit bringen. Du brauchst nur mit uns zu kommen …« Bald darauf machten sie ihm über seinen Vater ein Angebot: Er könne sofort Parlamentsmitglied werden – er brauche lediglich die Seiten zu wechseln. »Wir können diese Partei nicht ausstehen. Drüben in Russland vielleicht (…) Aber in Italien tun wir so was einfach nicht.« Als La Torre sich weigerte, fand sein Vater eines Morgens die Tür zum Kuhstall in Flammen stehen. Die Warnung war deutlich: Pio musste sich zwischen seinem Zuhause und seiner Politik entscheiden. Er packte die Koffer.
    Es waren hochgefährliche Jahre für militante Linke in Westsizilien. Dutzende von Gewerkschaftern und politischen Aktivisten wurden von Mafiosi oder von Salvatore Giulianos Banditen ermordet. Im März 1948 verschwand Placido Rizzotto, ein Gewerkschaftsführer aus der Mafiahochburg Corleone. La Torre übernahm dessen Posten. Im März 1950 führte La Torre mehrere tausend Bauern aus dem nahegelegenen Bisacquino zu einem verlassenen Gut, um es zu besetzen. Mit 180  Mitstreitern wurde er verhaftet und aufgrund der falschen Zeugenaussage eines Carabiniere wegen gewalttätiger Umtriebe zu einer Haftstrafe verurteilt. So verbrachte er erschreckende 18  Monate in Palermos Ucciardone-Gefängnis – unter anderem mit

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