Omka: Roman (German Edition)
wie von altem Adel, es war kein streng geschürztes Frauenzimmer, sondern eine richtige Dame. Er reichte ihr die Hand.
»Sie sind also Josef«, sagte sie, »es wird auch Zeit, dass wir uns einmal kennenlernen. Ich bin Regina«, sagte sie.
Josef schluckte und wurde verlegen.
»Ganz meinerseits. Ich meine, das finde ich auch.«
»Und endlich können wir wieder einmal auf eine Hochzeit gehen, nicht wahr? Das ist doch schön.«
Omkas Vater nickte schweigend.
»Herr Rampelhoff, es freut mich sehr«, sagte Josef und gab ihm die Hand. »Omka möchte gerne, dass Sie sie zum Altar führen.«
Omkas Vater stand da und machte den Eindruck, als wäre er eigentlich ganz woanders.
»Das macht er natürlich gerne, nicht wahr, Hubert?«, sagte Omkas Mutter. »Wissen Sie, wir freuen uns sehr, dass das Kind jetzt doch noch sein Glück gefunden hat. Es ist Ihnen ja bestimmt bekannt, dass sie bereits einmal verheiratet war. Eine unüberlegte, überflüssige Sache war das. Wenn es keinen handfesten Grund gibt, zusammenzubleiben, muss man doch nicht heiraten. Aber wenn man es schon macht, sollte man dann auch zusammenbleiben, nicht wahr?«
Omkas Vater war gegangen, um seine Tochter zu suchen.
»Regina und Hubert mit Omka Rampelhoff«, dachte Josef und bot Omkas Mutter seinen Arm und begleitete sie vor in die erste Bank, wo sie sich umständlich setzte. Seine Eltern waren bereits da und saßen ebenfalls ganz vorne. Zum ersten Mal fiel Josef auf, wie ungewöhnlich für Eltern in diesem Alter ein Einzelkind wie Omka war. Sie hatte keine Geschwister, und vielleicht kam ja ihre Sehnsucht nach Kindern daher, dass sie als Kind meist nur unter Erwachsenen gewesen war. Josefs Eltern begrüßten Omkas Mutter, die sichtlich erfreut war, dass die Familien endlich zusammengeführt wurden. Sie nahm ein besticktes Taschentuch aus der Handtasche und lächelte. Die Orgel setzte ein, und Omka kam mit ihrem Vater den Gang entlang. Über allen hob sich das gewaltige Gewölbe der Kirche, und die kleinen Putten schauten herunter auf die kleine Gruppe um den Altar. Josef hatte einige Tage vorher zu befürchten begonnen, dass er ein Schneehuhn am Altar vorfinden könne, eine Wolke aus Spitzen und Rüschen, in deren Mitte irgendwo die Braut versteckt war, aber Omka trug ein einfaches, sehr geschmackvolles Kleid, von dem er dauernd überlegte, ob es mit seiner langen Schleppe und dem Reifrock nicht doch zu aufwendig für die kleine Hochzeitsfeier war. Es bestand aus mehreren Lagen weißen, durchsichtigen Stoffs über dem Rock und einer roten Kette aus Korallen um den Hals, bei deren Anblick die Mutter glücklich lächelte. Omkas Brautstrauß war aus Maiglöckchen und blauen Glockenblumen, die sehr zart aussahen, und sie wollte ihn trocknen und bis an ihr Lebensende aufbewahren, weil er so schön war. Aber die kleinen Blüten waren filigran und dünn und fielen zwei Wochen nach der Hochzeit braun gefärbt von den Stielen, und sie musste ihn wegwerfen.
Beim Anblick der Festgesellschaft und Josefs vor dem Altar überkam Omka ein triumphales Gefühl. Sie wollte hören, wie Josef sagte: »Ich verspreche dir Liebe und Treue alle Tage meines Lebens.« Ob das realistisch war oder auch nur im Bereich des Möglichen, wusste sie nicht, aber sie wollte es hören und versprochen haben, etwas bekam sie dadurch von ihm, so zumindest schien es ihr. Der Priester, der die Trauung abhielt, erkannte sie nicht wieder. Im Beichtstuhl war es damals dunkel gewesen, und es war auch schon lange her. Die Kerzen brannten, der Blumenschmuck war frisch und bunt, und die rituelle Feier sowie die ernst gesprochenen Worte gefielen Omka. Als ihr Josef ewige Liebe und Treue versprach, fiel ein unverhältnismäßiges Gewicht von ihr, und sie fühlte sich, als hätte sie jahrelang eine Last geschleppt. In diesem Moment hatte sie das Gefühl, sie sei ein wichtiger und wertvoller Mensch und eine angesehene Frau. Ihre Mutter weinte in der ersten Bank gerührt in ihr Taschentuch, der Vater saß mit ausdruckslosem Gesicht neben ihr und schien gar nicht da zu sein.
Nach der Zeremonie gab es ein Festessen, und nachdem sie aus der Kirche gekommen waren, fing Omka an zu lachen, sie lachte laut und unbeherrscht, und alle waren verwundert. Ihre Mutter, deren Gesicht böse und hässlich geworden war, stieß sie in die Seite und fragte sie leise zischend und vorwurfsvoll: »Kind, was ist denn in dich gefahren?«
Danach lächelte sie wieder.
Josef hatte es gefreut, dass Omka sich bereiterklärt
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