Omka: Roman (German Edition)
um hinter ihm lautlos wieder aufzutauchen. Als er sie bemerkt, verschwindet sie schnell wieder unter der Wasseroberfläche, an seinen Beinen spürt er ihr Haar, als sie unter ihm durchtaucht. Als sie nicht dort auftaucht, wo er sie vermutet hätte, schaut er verwundert um sich, und sie ist neben ihm und schaut an dieselbe Stelle. Als er sie ansieht, beginnt sie zu lachen, sie lacht herzlich und aus voller Brust, kichert, spritzt ihn an, und die Steinwände werfen ihr Lachen tausendmal zu ihnen zurück. Er versucht, sie zu fangen, und als sie ihm mehrmals entwischt, gibt er auf und lässt sich einfach wieder vom Wasser tragen, als er ihre Stimme neben sich hört, die wie die eines kleinen Kindes klingt und bettelt: »Noch mal fangen.«
Und das Echo wirft es von allen Seiten auf ihn. Alles, was sonst verquer war, wurde leicht und warm. Er wachte auf.
Zwei Jahre zogen ins Land, und aus Josef und Omka war ein Ehepaar geworden. Josef hatte ihr einen Antrag gemacht, nachdem er es für das Beste gehalten hatte, sie und das Kind abzusichern für den Fall, dass ihm etwas passieren würde. Abgesehen davon gehörte es sich so, Frau und Kind zu haben ohne verheiratet zu sein, kam ihm komisch vor.
Es war nur eine sehr kleine Hochzeit gewesen. Omka wollte unbedingt kirchlich getraut werden, obwohl sie konfessionslos aufgewachsen war. Josef war das unverständlich, er hatte aber zugestimmt und bei sich gedacht, dass es ihr wohl um die Zeremonie und das weiße Kleid ging. Nachdem man einige Dinge geklärt hatte und weil Josef getauft war und regelmäßig Kirchenbeitrag bezahlte, wurde die Trauung nach katholischem Ritus möglich gemacht. Sie hatte in der Ortskirche stattgefunden, in der Omka einmal gewesen war. Ihre Größe bot Platz für eine Festgesellschaft von fünfhundert Leuten, und die kleine Gruppe am Altar machte den Eindruck von hingestreuten Sandkörnern. Nach einigem Hin und Her hatte sie ihre Eltern eingeladen. Josef war einigermaßen aufgeregt – nicht wegen der Heirat, sondern weil er Omkas Eltern noch nie gesehen hatte. Er stellte sich vor, sie müssten irgendetwas Ekelhaftes an sich haben, weil Omka es immer vermieden hatte, sie einzuladen, und auch nicht wollte, dass Josef irgendetwas mit ihnen zu tun hatte. Bei der Geburt von Jonas hatte sie pflichtschuldig zu Hause angerufen, dabei ständig in den Hörer gelacht und dann »Ja, so ist es eben« gesagt. Etwas später war sie mit dem Kind weggefahren, die Eltern wollten es sehen, und Josef fragte sich, warum sie ihm davon nicht vorher etwas gesagt hatte und alleine gefahren war.
»Es war doch immerhin mitten unter der Woche, ein Arbeitstag, und dafür brauchst du dir ja wirklich nicht freizunehmen«, hatte sie gesagt. Die Eltern waren aus irgendwelchen Gründen erst zur kirchlichen Trauung erschienen, und Josef war fast ein wenig enttäuscht: Weder war die Mutter eine Hyäne, noch wuchs dem Vater ein Kranichschnabel aus dem Gesicht. Der Vater war groß, trug einen dunklen Anzug aus gutem, teurem Stoff, hatte ein kantiges Gesicht und gütige, dunkle Augen und schütteres, teilweise ergrautes Haar, wirkte aber erstaunlich jungendlich, und man sah ihm an, dass er einmal ein bemerkenswert schöner Mann gewesen sein musste. Aber das, was Besonderes an ihm war und nicht sofort auffiel, waren seine Hände. Sie waren groß, sahen weich aus, an den Fingerkuppen waren große, weiße Monde, und diese Hände flößten einem sofort Vertrauen ein, wenn man sie bemerkte. Diese Hände waren zwanzig Jahre alt, gewohnt, Werkzeug zu halten und Frauen zu streicheln, man konnte sich denken, dass sie eher dazu gemacht waren, beim Tanzen fest auf einer Hüfte zu liegen, als einen Vertrag zu unterschreiben. Er trug keine Brille, und auf seinem Hemd war oberhalb der Brust ein kleiner, roter Fleck, wahrscheinlich hatte er sich beim Rasieren geschnitten. Omkas Mutter war im altrosa Kostüm, sehr elegant mit einer Perlenkette und hochhackigen schwarzen Lackschuhen, ihr Gesicht war weiß gepudert mit rougegefärbten Wangen und einem süßen Lächeln. Sie standen in der Kirchenpforte, und Omkas Mutter hielt den Vater am Ärmel zurück, um ihn von Kopf bis Fuß zu mustern und über seinen Anzug zu streichen, als wollte sie etwas abwischen. Josef stand ganz hinten bei den Bankreihen und ging nun schnellen Schrittes auf Omkas Eltern zu, um sich vorzustellen. »Frau Rampelhoff«, sagte er förmlich, und bei ihrem Anblick dachte er an eine Verbeugung oder einen Handkuss, weil sie aussah
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