Omka: Roman (German Edition)
hatte, seinen Nachnamen anzunehmen. »Omka Grentshäuser ist doch schön«, hatte er beim Essen gesagt, »ich finde es viel schöner als Omka Rampelhoff. Nicht?«
»Das musst du ja sagen«, sagte Omka und lachte. Der Tag verging wie im Flug, und am nächsten Morgen war Omka enttäuscht, weil sie von der Hochzeit nichts mehr merkte.
Aus Jonas war inzwischen ein hübscher und ruhiger kleiner Junge geworden, und Velinka war immer noch als Kinderfrau im Haus und kümmerte sich tagsüber um ihn. Er hing sehr an Omka und wusch sich oft die Hände. Wenn er in ihrer Nähe war, hob er die Ärmchen, weil er von seiner Mutter aufgehoben werden wollte, und wenn Omka das sah, hob sie ihn immer auf. Manchmal drehte er mit seiner kleinen Hand ihren Kopf herum und sagte: »Kuss.« Dann küsste Omka das Kind, ihre Augen waren meistens müde dabei, aber sie verwehrte ihm nie die Zuneigung, wenn es darum bat. Manchmal ging sie mit ihm auf den Spielplatz und nahm sein Eimerchen und die kleine Schaufel mit, um einen Sandkuchen zu backen, aber Jonas wollte nicht in die Sandkiste. Er kletterte an Omka hoch, ein großes, dunkelgrünes Huflattichblatt in einer Hand, und setzte es ihr auf wie einen Hut, der Stengel stand hoch in die Luft wie eine Antenne oder ein Blitzableiter, und Jonas sagte: »So Mama!« Omka musste lachen und setzte ihn mitsamt dem ganzen Plastikspielzeug in die Sandkiste und sich selbst auf die Bank daneben. Es war ein nicht besonders warmer Tag mit einem grauen Himmel, an dem nur manchmal ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke stach. Auf dem Spielplatz war es einigermaßen ruhig, nur wenige Mütter waren mit ihren Kindern nach draußen gegangen, Omka sah eine Frau in mittleren Jahren, die einen Zwillingswagen an der Sandkiste vorbeischob und ihr leicht mit dem Kopf zunickte, einen Vater mit ärgerlichem Gesichtsausdruck, der sein Kind auf der Schaukel anschubste, daneben stand die Mutter, die mit ärgerlichem Gesicht auf die Uhr sah, und ein Mädchen in einem rosa Kleidchen, barfuß, das auf einem gefederten Schaukelpferd mitten im grünen Rasen saß und versuchte, es zu bewegen, was aber ohne Hilfe nicht ging, weil es zu leicht war. Omka beobachtete das Paar mit dem Kind auf der Schaukel, während sie eine Illustrierte aus ihrer Tasche holte. Der Vater, ein schöner, junger Mann im Trenchcoat, stieß das Kind, das dauernd zu der jungen Frau sah, vorsichtig an. Er war um die dreißig Jahre alt, hatte ein kantiges Gesicht mit Dreitagebart, das, wenn er zur Seite sah, aber etwas Weiches und fast Weibliches hatte. Die junge Frau um die zwanzig mit den langen, aschblonden Haaren, die ihr bis zur Hüfte fielen, hatte blaue, dumpfe Augen, ein langes Gesicht, in der weggestreckten Hand hielt sie eine dünne Zigarette. Der gleichgültige, müde Gesichtsausdruck, der halboffen stehende Mund und die vollen Lippen zusammen mit den zu langen Stirnfransen führten dazu, dass sie für jemanden, der sie nicht kannte, auf den ersten Blick einen dummen Eindruck machte. Aber sie war sehr hübsch. Sie beobachtete jede Bewegung des Mannes, sah immer wieder auf die Uhr, zog nervös an ihrer Zigarette und mit der anderen Hand am Trageriemen ihrer Handtasche, der ihr immer wieder von der Schulter rutschte, weil die Tasche zu schwer war. Der Mann schaukelte das Kind höher, seinem Gesicht war keine Freude anzusehen, das Kind begann, sich ängstlich an die Schaukel zu klammern und zu weinen, die Mutter bekam ein böses Gesicht und ließ die Zigarette fallen, die sie auf dem Boden austrat, um den letzten Mundvoll Rauch in die kühle Luft hinter sich zu blasen. Verlegen hielt der Mann die Schaukel an, und die Frau nahm mit einer schnellen, vorwurfsvollen Bewegung das weinende kleine Mädchen auf den Arm und schaukelte es. Omka sah zu dem jungen Mann hin, der ausatmete und sich die Haare aus der hohen Stirn strich. Ihre Blicke trafen sich, Omka nickte ihm zu, er nickte zurück und lächelte ein bisschen schief, aber so bezaubernd, dass sie ihren Blick einen Moment zu lange auf ihm ruhen ließ. Als die junge Frau, die das weinende Mädchen wiegte, das sah, zerrte sie mit einer freien Hand am Ärmel des Mannes und begann zu schreien und ihn lauthals auszuschimpfen. Omka konnte nicht alles hören, weil ihr Gesicht abgewendet war, aber als sie mit dem Kopf in ihre Richtung zeigte, verstand sie den Satz: »Ist das Kind da vielleicht auch von dir?«, woraufhin der junge Mann, verärgert über diesen Wutausbruch, die Schultern hochzog und keine
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