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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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erschien und die Ärmchen hochhielt, damit sein Vater ihn zu sich hochhob. Josef nahm das Kind auf den Arm, und Omka kam zur Tür herein, sie war offensichtlich in Eile gewesen, hängte den Schlüssel auf das Schlüsselbrett an der Wand und sagte schnell: »Jetzt habe ich es doch nicht mehr geschafft – ich habe mir gedacht, ich bin vor dir zu Hause.« Josef half ihr mit der freien Hand aus dem Mantel, während Jonas versuchte, ihm die Lesebrille, die eine handbreit über seinen Augenbrauen in seinen Haaren hing, wieder zurück auf die Nase zu schieben.
    »Wo warst du denn?«, fragte er sichtlich erstaunt, dass sie um diese Uhrzeit, in der sie normalerweise kochte und nach dem gemeinsamen Essen Jonas langsam fürs Bett vorbereitete, noch außer Haus gewesen war.
    »Brille, Papa, deine Brille da«, sagte Jonas laut in das Ohr seines Vaters, der keine Hand davorhalten konnte und schmerzlich das Gesicht verzog.
    »Ja, ich weiß, Zwergenfürst, schrei nicht so in Papas Ohr, danke!« und stellte ihn lachend nieder, um ihm das Jäckchen und die Schuhe auszuziehen.
    »Ich war«, sagte Omka und legte ihren Schal ab, »bei Velinka.«

Kapitel XIII Die Erle
    Omka war bei Velinka gewesen. Sie wohnte in einer kleinen, engen Wohnung in einem großen Gebäudekomplex, der mit einer fröhlichen Farbe gestrichen war. Nebenan stand noch einer und noch einer, die Farbe wechselte je nach Gebäude. Velinka hatte angerufen, um Omka zu sagen, dass sie Jonas nicht mehr betreuen könnte, weil ihre eigene Tochter ein Kind bekommen hatte und sie, da die Tochter alleinerziehend war, ihr jetzt mit dem Kind zur Hand gehen musste. Omka hatte am Telefon gratuliert und gefragt, ob Velinka die alten Sachen von Jonas gebrauchen könnte und dass sie sie bringen würde. Als die sich etwas verwundert bedankt hatte, hatte Omka ihr angeboten, die Sachen gleich vorbeizubringen, da sie ohnehin etwas erledigen musste. Velinka war überrascht, nahm das Angebot aber gleich an und lud Omka zu einer Tasse Kaffee bei sich zu Hause ein und nannte ihr die Adresse.
    Die begann gleich wie elektrisiert damit, das Kind anzuziehen und auf dem Speicher wahllos Kartons mit Spielzeug und Babysachen zusammenzusuchen, die sie mitbringen konnte. Jonas wollte nicht nach draußen, es war kalt und regnete, er weinte und zog an seinem Schal und wollte sich die Stiefelchen nicht anziehen lassen. Wie sie zu Velinka kommen sollte, hatte sie sich nicht überlegt, aber als ihr Blick auf die Kartons und das quengelnde Kind fiel, beschloss sie, ein Taxi zu nehmen. »Nein«, dachte sie sich, nachdem sie das Taxi gerufen hatte. Ihr Blick fiel auf Jonas, der seine Ärmchen zu ihr hochhob, und auf die Kartons, und ein Gefühl der Mutlosigkeit breitete sich in ihr aus wie eine dicke Schneedecke, die alles unter ihrem strahlenden Weiß begrub.
     
    Das Taxi fuhr los, das Wetter war trüb, und Omka saß mit dem Kind auf der Rückbank und wurde den Eindruck nicht mehr los, dass es für die Schachteln hinten im dunklen Kofferraum schrecklich sein musste, und eine Traurigkeit überfiel sie wegen der Babysachen, die auf dem kalten Speicher gestanden hatten und jetzt im kalten Kofferraum waren. »Aber wenigstens kann sie jetzt jemand anderes gebrauchen«, dachte sie. Das Taxi fuhr durch die grauen Straßen, und das Wasser spritzte unter den Reifen davon, der Nebel hing tief, und Omka dachte: »Wir fahren an einem Fluss vorbei. Da kommt der Nebel her.« Da kam er auch her. Omka dachte daran, wie es jetzt wäre, in ihr altes Leben zurückzufahren, die Allee entlang, mit dem Kind und den Babysachen. Der Regen wurde stärker. Sie fuhren in ein Wohngebiet am Stadtrand, kahle Bäume standen neben der Straße, die Lichter der Geschäfte, Ampeln und Werbung zogen vorbei und schließlich standen sie vor dem großen Wohnkomplex, in dem Velinka lebte. Omka sah die grauen Wände hoch, die mit grellen Farben an den Balkonen einen weniger trübseligen Eindruck erwecken sollten, aber für Omka genau das Gegenteil bewirkten, und sie wurde traurig und dachte, wie man nur an so einem Ort leben könne. Der Taxifahrer half ihr, die Kartons aus dem Kofferraum zu holen, die hatte jetzt aber keine Hand mehr frei für Jonas, der am Wegrand irgendetwas gefunden hatte. Omka sah zu ihm hinunter, der die Hand, in der er es hatte, zu ihr hochhielt, um es ihr zu zeigen.
    »Da Mama«, sagte er, »Palmlätzchen aus Holz.« Verwundert schaute Omka in die kleine Hand, wo drei erbsengroße, runde, gefurchte Kügelchen lagen, die

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