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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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nicht, über was sie reden sollte. Da sie aber die Dame des Hauses war und immerhin eingeladen hatte, stellten sich drei Nachbarinnen zu ihr, um sich zu bedanken.
    »Ein sehr schönes Haus«, sagte eine dann. »Sicher ein Entwurf von Ihrem Mann, oder?«
    »Ja«, sagte Omka einfach, aber sonst sagte sie nichts.
    »Man verbringt doch so viel Zeit im Leben zu Hause«, sagte eine andere »da kann man doch gar nicht zu viel Aufmerksamkeit auf das Nest aufwenden. Ich sage es meinem Mann ja immer wieder, er findet meine Herbstdekoration übertrieben, aber man muss es sich doch wohnlich machen, und immerhin ist er den ganzen Tag in der Arbeit und braucht es ja doch nicht so oft zu sehen, wenn es ihm nicht gefällt, aber mir gefällt es, und ich bin immerhin den ganzen Tag zu Hause bei den Kindern …«
    »Hat Jonas denn schon alle Zähne?«, fragte die dritte, damit die Gastgeberin einen Grund hätte, mitzureden.
    Omka fühlte sich schrecklich fehl am Platz und sagte nur: »Ja, ich denke schon.«
    Es war ihr peinlich, und sie wusste nicht, warum. Alle um sie herum erschienen ihr wie in Blasen mit dicken Häuten, sie fragte sich, ob es denn überhaupt etwas zu reden gab und dass vielleicht gar nicht sie schuld wäre, dass das Gefühl des Mangels sie verschluckte, dass es gar kein Fehler war, sondern dass es einfach wirklich so war, dass der Welt etwas fehlte und dass ihr das als Einziger auffiel. Sie stand zwischen den drei Frauen und beschloss, sich nicht mehr belagert zu fühlen, sondern bot Weißwein an und verschwand so durch die Hintertür aus dem Gespräch.
    »Es merkt keiner«, dachte sie, als sie die Treppen hochstieg, um nach Jonas zu sehen, aber er war mit den anderen Kindern im Badezimmer, wo er Papierflieger in die volle Badewanne segeln ließ. Auf dem Weg zurück in die Küche hörte Omka: »… Sankt Annenhospital. Sie hatte ja diesen … wussten Sie das nicht?« und blieb halb im Türrahmen stehen, um zuzuhören.
    »Er hat sie ja aus dem Krankenhaus …«, sagte eine.
    Omka konnte keine Gesichter sehen, weil sie so stand, dass man sie nicht sah. »Er hat angeblich nicht einmal gewusst, wie sie heißt.«
    Eine andere Stimme sagte: »Als hättest du das bei allen gewusst …«
    Sie lachten lauthals, und Omka schmunzelte.
    »Ja, aber das ist noch mal was anderes, ich meine, sie war auf der Psychiatrie.«
    Omka rollte mit den Augen.
    »Aber irgendetwas stimmt wirklich nicht mit ihr, man kann kein normales Gespräch führen. Irgendwas fehlt der doch, da kommt man ja nicht ran, was macht denn der arme Ehemann da?«
    Und wieder lachten alle, nur Omka nicht.
    »Man kann mit ihr kein Gespräch führen«, dachte sie und ergänzte den Satz, »und es ist einsam um sie herum, obwohl sie sich solche Mühe gibt.«
     
    Die Mütter standen herum und rührten in ihren Kaffeetassen, zogen ihre Strümpfe zurecht und zupften an ihren getuschten Wimpern, damit sie nicht zu Fliegenbeinen zusammenklebten. Die Kinder rannten durchs Haus, sprangen in Jonas’ Bett herum, das aussah wie ein rotes Sportauto, und hie und da lief eines weinend zu seiner Mutter. Omka war aufmerksam und unsichtbar. Das, worüber sich die anderen Frauen unterhielten, kannte sie entweder nicht, oder es war ihr gleichgültig, obwohl sie gerne mitgeredet hätte. Und da kam ihr zum ersten Mal der Gedanke, dass es gar nicht das eigene Leben war, das sie führte, sondern das eines anderen, obwohl das weder möglich war noch der Gedanke irgendwie begründet.
     
    Omka hatte sich noch bei mehreren Stellen beworben, hatte aber noch nichts Passendes gefunden. Sie spielte mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen – immerhin war es Josef auch. Er hielt das für keine gute Idee und meinte, es wäre nicht so schlimm, dass sie noch nichts gefunden hatte. Aber trotzdem – es war Josef klar, dass sie etwas brauchte und dass es nicht viel mit dem Geld zu tun hatte, das sie verdienen würde.
     
    Eines Abends, als Josef nach Hause kam, war Omka nicht da. Er war verwundert, weil sie ihm nicht gesagt hatte, dass sie ausgehen wollte, und ihm auch keine Nachricht hinterlassen hatte, keinen Zettel auf dem Tisch oder etwas dergleichen. Natürlich war Jonas auch nicht da, das ganze Haus war still, und Josef wunderte sich.
    »Es wird doch nichts …«, dachte er sich noch, als er die Tür hörte. Jonas’ Schritte, kurz und hektisch, kamen auf die Tür zu, und Josef hörte das Geräusch der Haustüre, die geschlossen wurde.
    »Papa«, rief Jonas, der in der Küchentür

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