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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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traf.
    »Ich weiß, ich habe nicht gekocht«, sagte sie verärgert. »Davon wird jetzt die Welt auch nicht zusammenbrechen!«
    Verwundert schaute Josef sie an, das Kind hing inzwischen schlafend über ihre Schulter, und ihr Blick lag noch immer verärgert auf ihm.
    »Jetzt reicht’s mir«, sagte Josef dann. »Der, der durchdreht, ist nicht automatisch der, der recht hat! Von mir aus sei beleidigt, von mir aus fühl dich als gedemütigte Frau hinterm Herd, du bist doch nicht so blöd, dir das selber zu glauben! Ich habe dich nur gefragt, ob du auch noch was essen willst, weil ich dann etwas bestellen würde, und wenn du nichts willst, mache ich mir ein Brot oder sonst was, aber ich lasse mich nicht von dir ausschließen und dann blöd hinstellen! Entweder redest du mit mir und beziehst mich ein, oder du benimmst dich normal mir gegenüber, aber nicht mit mir zu reden und mir dann ins Gesicht springen, wo ich überhaupt nichts getan habe, das ist ungerecht!«
    Da verschwand Omka schnellen Schrittes mit dem Kind aus der Küche. Josef riss den Kühlschrank auf und dachte: »Bravo!« Er hörte Schritte oben im Kinderzimmer. Josef überlegte, ob er zu grob zu ihr gewesen war. Andererseits – was sollte es nützen, wenn man andauernd alles, was man sagen wollte, abschwächte, verschleierte und beschönigte? Bekam man auf eine ehrliche Aktion nicht am ehesten eine ehrliche Reaktion? Man konnte doch einen erwachsenen Menschen nicht dauernd vorsichtshalber entmündigen und auf eine Überreaktion oder eine Beleidigung reagieren, als wäre der andere an und für sich unzurechnungsfähig. Sie hatte sich offensichtlich an ihm abreagiert, also hatte er richtig reagiert, nämlich im Affekt auf den Affekt. Wieso machte er sich nur solche Gedanken? Sie schien sich ja offensichtlich auch keine zu machen, sonst würde sie zumindest mit ihm reden. »Ach, alles Blödsinn«, dachte er sich und nahm eine Dose Makrelen in Tomatensoße aus dem Kühlschrank. Als er die Kühlschranktür wieder schließen wollte, stand Omka plötzlich da, und er hätte vor Schreck fast die Dose fallen gelassen. »Ach Gott«, sagte er reflexartig, fasste sich mit der Linken ans Herz. »Du meine … Güte, hast du mich erschreckt!« Plötzlich fiel ihm wieder ein, dass sie sich eigentlich stritten, was er im Schreck schlagartig vergessen hatte. Omka streckte die Hand nach ihm aus, sah ihn ernst an, und weil er durch den Schreck immer noch zwischen den Welten hing und nicht wusste, wie er reagieren sollte, hielt er die Dose fest und sagte: »Such dir selber was zu essen!« Doch Omka nahm seinen Kopf in ihre Hände, legte ihren dann auf seine Brust und entschuldigte sich. Sie sagte, sie sei überfordert mit dem Gedanken, in Zukunft ganz alleine mit dem Kind zu sein, sonst keine Arbeit zu haben und dass sie enttäuscht sei wegen der Absagen auf ihre Bewerbungen, weil sie wusste, dass das Argumente waren, die er verstehen konnte.
     
    Omka wusste, was sie sagen musste, damit Josef alles verstand und sie tröstete, und machte sich in dem Moment keine Gedanken mehr darüber, wie wahr was auch immer war. Was war denn überhaupt wahr? Er hielt sie fest, verstand auf einmal alles und sagte dann, um sie aufzuheitern: »Aber die Dosenmakrele esse ich doch alleine, nur dass du’s weißt!«
    Sie lachte kurz auf, den Kopf immer noch an seiner Brust, und sagte dann wieder halb traurig: »Ich glaube, ich fühle mich wie die Makrele.«
    Josef lachte, weil er ihr ernstes Gesicht nicht sah, und sagte: »Ich glaube, die fühlt nicht mehr viel. Aber schmecken tut sie dafür« und kicherte ein bisschen. Sie dachte daran, wie eng und luftleer es in der Dose sein müsste, wie wenig Platz dort drinnen doch für alles war und wie verzuckert die Tomatensoße, in der der Fisch lag.
    Josef hielt sie fest und sagte: »Ich glaube, es geht dir wieder besser.« Und sie drückte seine Hand.
     
    Dann kam der Schnee. Es fror Stein und Bein, und Omka hatte beschlossen, zum neuen Jahr entweder eine Anstellung zu haben oder sich selbständig zu machen. Die glatte Stelle tat nicht weh, aber sie ging nicht weg, ihr Bauch fühlte sich an, als hätte man ihn mit einer unsichtbaren Kordel eine Handbreit über dem Nabel abgeschnürt. Der Schnee brachte Frische, und die gute alte Erde hatte jetzt eine Decke. Auf ihrem Schreibtisch türmten sich die Papierstapel, Bewerbungsmappen, halb ausgeschnittene Zeitungen, der Papierkorb mit zerdrückten, weißen Knäueln ging über, und sie bekam eine Absage nach

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