Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
hinüberzusehen.
»Miriam«, hauchte Ana meinen Namen, sprang jedoch nicht wie sonst, wenn ich ein Zimmer betrat, auf, um mich zu umarmen.
»Ich versuche deiner Schwägerin gerade zu erklären, dass man Lebende nicht totreden soll«, knurrte meine Mutter wütend und stampfte zum Bett. Roman lag dort, blass und teilnahmslos. Er weinte nicht, starrte einfach ins Nichts. Mama packte ihn am Kopf und riss ihn ein wenig hoch. Wütend klopfte sie sein Kissen auf und ließ ihn dann zurücksausen. Hui, sie war wirklich – entschuldigt den Ausdruck – angepisst.
»Merkutio hat überlebt, weil er sich um ein Kind kümmern musste, welches er niemandem überlassen konnte und ich glaube heute, dass Paul auch noch leben würde, wenn der Orden ihm Michael nicht sofort abgenommen hätte. Der Kleine ist wirklich nicht aus Zucker und hätte es sicherlich überlebt, seinen Vater trauern zu sehen.«
»K-könnte ich vielleicht kurz m-mit ihm alleine reden?«, stotterte ich und sah Anastasija in die Augen, welche blutrotgeweint waren. Sie nickte erstaunt und verließ mit Mama das Zimmer, wobei sie eine Duftwolke ihres ureigenen Parfums hinterließ. Wie sehr hatte ich diesen Duft vermisst. Dann war ich mit Roman alleine und mein Herz pochte mir zum Hals.
»Tut mir leid, dass ich erst jetzt komme«, begann ich leise, »aber ich war mir nicht sicher, ob du mich überhaupt sehen möchtest?«
Er drehte tatsächlich seinen Kopf und sah mich mit den traurigsten Augen, die ich je gesehen hatte, an. Ich begann laut zu schluchzen.
»Wenn … ich könnte, d-dann würde ich alles ungeschehen machen.« Ich atmete tief durch und rang um Fassung. »Ich würde deinen Schmerz ertragen, wenn es mir nur möglich wäre. Ich fühle mich so schuldig und hilflos.« Dann geschah etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte. Roman hob einen Arm und streckte ihn nach mir aus. Ich stürmte ihm förmlich in die Arme.
»Miriam«, flüsterte er mit weicher Stimme in meine Haare. Seine kühle Haut verursachte Gänsehaut auf meiner.
»Du darfst nicht sterben«, schluchzte ich in den Kragen seines Pullovers. »Ich brauche dich doch und ich verspreche dir, dass Elias, David und ich dir so viel Liebe geben werden, wie wir nur können. Bitte, verlass uns nicht.« Ich nahm eine seiner Hände und legte sie auf meinen Bauch. »Meine Eltern werden irgendwann sterben und du wirst der einzige Opa sein, den er noch hat.« Es war komisch, ihn Opa zu nennen, wo er doch wie mein Elias aussah. Ich klammerte mich an seinem Pullover fest. »Ich lasse dich nicht sterben, hörst du?«
Die Hand auf meinem Bauch verstärkte ihren Griff und streichelte sich langsam zu meinem Rücken vor. Ich schüttelte meinen Kopf.
»Nein, das lasse ich nicht zu.«
Roman war bisher ganz ruhig gewesen, doch nun begann auch er zu weinen. Ich wich ein Stück zurück und nahm sein Gesicht in meine Hände. Blutrote Tränen liefen aus opalschwarzen Augen. Es war auf eine grausame Art und Weise wunderschön.
»Ich rieche sie immer noch«, wisperte er mit heiserer Stimme. »Ich habe mein Bett und meine Träume mit ihr geteilt.«
Ich schloss meine Augen, in der Hoffnung, es würde den Schmerz in meinem Herzen lindern. Endlich war die Trauer dort angekommen. Emilia war tot und sie würde nicht wiederkommen. Nicht in hundert Jahren, sie war weg. Für immer.
»Ich kann nicht ohne sie leben. Meine Seele ist mit ihr gestorben.« Er schluckte und atmete tief durch. »Ich fühle ihre Lippen noch immer auf meinen«, sagte er zusammenhangslos und ich brach in seinen Armen zusammen. Worte wollten mir nicht einfallen, also küsste ich stattdessen eine Spur quer über seine Stirn.
»Ich will nur, dass du weißt«, sagte ich, als ich am Ende seiner linken Augenbraue angekommen war, »dass du immer geliebt sein wirst, solange ich atme.«
Er sah mich mit fragenden Augen an.
»Ich kann dir niemals deine Frau ersetzen, aber ich werde dich nicht alleinlassen.« Ich sah auf meinen Bauch und lächelte. »Und der Kleine wird dich brauchen. Du weißt, dass er nicht gesund sein wird und ich befürchte, dass er die Kräfte meiner Eltern nicht so gut einschätzen kann wie Michael.« Ich schluchzte. »Emilia fehlt mir.«
Roman drückte mich an sich. »Mir auch«, flüsterte er.
»Ich war auf so etwas nicht vorbereitet, sie war fest in mein Leben eingeplant!« Roman roch sogar wie Elias und ich genoss es, in seinen Armen zu liegen und zu weinen. Die Zeit strich an mir vorbei und es wurde dunkel draußen. Der Himmel schien mit
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