Omnia vincit amor - Liebe besiegt alles
von mir enttäuscht, weil ich diese furchtbare Sache nicht verhindern konnte und ich weiß nicht, wie ich mich jemals bei dir dafür entschuldigen kann. Aus Verzweiflung habe ich dir diese Blumen geholt. Ich weiß, dass sie lächerlich im Vergleich zu meinem Versagen sind, aber ich fühle mich ohnmächtig vor Angst um dich. Ich bin meiner Mutter über alle Maßen dankbar, dass sie dich vor dem Tode bewahrt hat. Ich habe versagt und ich weiß nicht, ob du mir das jemals verzeihen kannst. Ich darf nicht einmal mehr deinen Bauch berühren, was mir zeigt, dass du mir nicht mehr zutraust, dass ich dich und unser Kind beschützen kann. Die Erkenntnis, dass ich dich so sehr enttäuscht habe, schmerzt noch mehr als alles andere, wo doch gerade jetzt du und der Kleine das Licht am Ende eines dunklen, nicht enden wollenden Tunnels seid. Wenn ich mir das alles noch einmal durch den Kopf gehen lasse, komme ich mir fürchterlich dumm vor, dir Blumen gekauft zu haben, denn nichts kann mein Versagen wiedergutmachen. Meine eigene Mutter musste sterben, weil ich unachtsam war und dich nicht selbst beschützen konnte. Kein Wunder, dass du mich nicht mehr an dein Herz drücken magst.
Bitte wirf die Blumen einfach weg.
Weiter hatte er es nicht geschafft. Ich wollte auf der Stelle tot umfallen. Was hatte ich ihm angetan? Er durchlebte gerade die schlimmste Zeit seines jungen Lebens und ich machte es zur Hölle. Er glaubte, dass er als Vater nicht mehr gut genug war und dabei liebte er Calimero. Er hatte sich seinen alten Teddy geholt, um sich vorzustellen, dass er sein Baby umarmte. Der Gedanke, dass er die Geburt noch immer sehnsüchtig herbeisehnte, berührte mich direkt an meinem Herzen und öffnete dort ein Fenster, wodurch der ganze Hass und all die Wut einfach hinausströmten. Hatte ich gerade noch Gänsehaut beim Gedanken daran, ihn zu umarmen, so wünschte ich mir jetzt nichts sehnlicher. Doch ich musste vorher noch etwas erledigen. Ich musste mir endlich eingestehen, was geschehen war. Kein Weglaufen mehr! Ich musste zu Roman, das Wesen sehen, vor dem ich die meiste Angst hatte, ihm unter die Augen zu treten. Doch bevor Elias diese wunderschönen Blumen noch wegschmiss, nahm ich sie hoch und brachte sie in die Küche. Wir besaßen tatsächlich nur eine Vase und es dauerte einen Moment, bis ich sie gefunden hatte. Ich füllte sie mit Wasser und stellte die Blumen hinein. Gelb- und orangefarbene Germini, die wie kleine Sonnenblumen aussahen, wärmten gemeinsam mit den cremefarbenen Rosen mein Herz. Er hatte erst gestern seine Mutter verloren und war trotzdem losgezogen, um für seine zickige Frau, die ihn seither nur mit Füßen getreten hatte, Blumen zu holen. Das hatte ich nicht verdient. Ich suchte mir ein paar Klamotten, steckte den Brief in meinen BH, an mein Herz, und sah noch einmal nach Elias. Seine Lider waren ganz ruhig, er träumte nicht und war im Tiefschlaf. So konnte ich ihn getrost alleine lassen. Er war an einem Ort, wo ihm nichts und niemand wehtat – eine herrliche Vorstellung.
Ich hörte die meckernde Stimme meiner Mutter schon von weitem. Sie schimpfte mit jemandem, denn das war eindeutig ihre Standpaukenstimme. Oh, oh, ich fühlte mich binnen Sekunden in meine Kindheit zurückversetzt und mein schlechtes Gewissen wegen meines Verhaltens in den letzten Tagen jagte mir Angst in die Knochen. Als ich näher an Roman und Emilias … nein, jetzt war es nur noch Romans Schlafzimmer … kam, verstand ich, was sie sagte.
»… aus Liebe stirbt man nicht. Das beste Beispiel ist Merkutio. Ihr sterbt, weil ihr Unsterblichen dem Tod ohnmächtig gegenübersteht und ihm euch wehrlos ergebt. Wir Sterblichen, die jeden Tag durch einen Schlaganfall oder Herzinfarkt sterben könnten, stehen jeden Morgen auf und zeigen dem Tod den Mittelfinger!«
»Ihr lebt auch nur ein Leben«, konterte Anastasija mit leiser, weinerlicher Stimme. »Ihr müsst nicht die Ewigkeit ohne eure große Liebe verbringen.«
»Er hat doch euch und wird bald Opa! Herrje, es gibt so viel zu lieben in seinem Leben. Dass er jetzt trauert ist klar und so schnell wird das auch nicht vorbei sein, aber daran stirbt man doch nicht! Ihr verhungert, verwahrlost, nenn es wie du willst, aber ihr sterbt nicht an Liebeskummer!« Den Sturkopf hatte ich wohl von meiner Mutter. Ich öffnete die Tür, da Ana mich sicherlich sowieso bereits gehört und gerochen hatte.
»Hey«, murmelte ich kleinlaut und schaffte es zuerst gar nicht, zum Bett
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