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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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gedacht, das geht schon, aber ich hab jetzt eine Tour gemacht und gemerkt: Das geht gar nicht.«
    »Oh, dit is natürlich nich so supi, wenn du dauernd kotzen musst, wa. Einfach aufstehn und über Bord kotzen und dann weitererklärn, wa. Da kannste das Trinkgeld vergessen.«
    »Wann kannst du denn hier sein?«
    »Wo biste?«
    »Palast.«
    »Na ja … halbe, drei viertel Stunde.«
    »O.k. Dann mach ich noch eine Tour. Dann komm doch um eins.«
    »Alles klar, so machen wir das.«
    »Super. Danke, Mann. Du rettest mir den Arsch.«
    »Keen Problem, Alta.«
    »Bis nachher!«
    »Jo. Tschö mit ö.«
    Klick.
    Ich setzte mich für eine Viertelstunde auf eine Bank in den Schatten, trank vorsichtige Schlucke aus meiner Wasserflasche und warf mir noch ein Halsbonbon ein. Weiter ging es. Eine Tour noch, dann konnte ich nach Hause. Ich würde überhaupt nie wieder Alkohol trinken.
    »Herzlich Willkommen an Bord, meine …« Durchatmen … durchatmen …
    »Damen und Herren«, sagte der Mann in der ersten Reihe.
    »Genau. Damen und Herren. Mein Name ist Tilman, und ich bin für die nächste Stunde Ihr Erklärer. Stadterklärer. Bild. Na, Ihr Fremdenführer halt, Sie verstehen schon. Das mit dem Erklärer war eine DDR -Erfindung, weil die das Wort Führer nicht mehr hören wollten. Wenn ich Führer sage, wissen Sie aber, was für eine Art Führer ich meine, nicht wahr. Also nicht so autoritär und so, sondern einfach nur Fremdenführer. Erklärer halt.«
    Was redete ich da für einen Stuss zusammen? Leere Gesichter sahen mich an.
    »Welcome on board, ladies and gentlemen, my name is Tilman and I will be your …«
    Verdammt. Was bin ich auf Englisch?
    »Äh … your Führer for the next hour.«
    Lautes Gelächter in den hinteren Reihen. Shit!
    Diese Tour bekam ich ohne größere Ausfälle hin. Einmal habe ich statt Martin-Luther-Brücke Lartin-Mutter-Brücke gesagt, und die Kronprinzenbrücke hieß kurzzeitig Kurfürstenbrücke. Fiel eh keinem auf.
    Als wir anlegten, stand Matze schon am Ufer. Ich ließ die Reihen an mir vorbeilaufen. Die üblichen Kleckerbeträge westdeutscher Kreissparkassenangestellter und Steuerberater fielen in meine Hände. Zwei kräftige Quadratschädel mit Stiernacken und roten Gesichtern kamen angewackelt. Zweifelsfrei Briten.
    »Herre you arre, mein Fuehrer! Har, har!«, donnerte der eine, drückte mir fünfzig Cent in die Hand und schlug mir auf die Schulter. Der andere stellte sich vor mir auf und hielt die Hand auf:
    »Papier, mein Fuehrer! Passierschein, mein Fuehrer!«
    Was?
    »Heil, mein Fuehrer. Har, har! Great job, mate!«
    Ach so. Wahrscheinlich waren das die einzigen deutschen Sätze, die er kannte, aus alten britischen Kriegsfilmen gelernt. Aus Verlegenheit lachte ich mit.
    »Thank you, guys. Thanks very much.«
    Sie trollten sich, sagten noch ein paarmal »Mein Fuehrer« im Naziton und lachten laut.
    »Was ist denn mit denen?«, fragte Matze.
    »Keine Ahnung. Briten halt. Wahrscheinlich besoffen.«
    »Excuse me!« Auf einmal stand eine kurze Amerikanerin neben uns. »Are you the guide?«
    »Yes, madam, I am.«
    »Did you just say that you are our Fuehrer?«, fragte sie.
    »Sorry?«
    »Did you say you were our Fuehrer? I don’t think you are my Fuehrer.«
    Oh nein! Jetzt bloß keinen Mist bauen.
    »No. I was just … I … I forgot the English word for guide. I was a bit confused. Sorry.«
    »You forgot a word so you just said Fuehrer instead? Do you think that’s funny? It’s not funny!«
    »Was will die Olle?«, fragte Matze.
    »Wart mal grad. No, it’s not. I was only …«
    »You know, I have relatives who died in Auschwitz and I don’t want anyone to make fun of the Nazi crimes.«
    Wieder Matze: »Was will die denn?«
    »Keine Ahnung. Die hat irgendwie Verwandte in Auschwitz.«
    »Na ja, jetze ja wohl nicht mehr«, sagte Matze.
    »I’m sorry, I didn’t want to inslut you … insult you, I mean. Sorry. I didn’t want to insult you.«
    Verdammter Mist! Jetzt war Oswiecim offen. Die Amerikanerin wurde sehr schnell sehr laut.
    »Are you calling me a slut?«, krisch sie mit einer Stimme, die klang wie eine Flex, die auf rostigen Stahl trifft.
    »No. Insult. Sorry. I didn’t want to insult you!«
    »You know, we should have bombed you fucking German bastards back to the stone age with your stupid German Nazicars and your fucking Oktoberfest and your terrible folk music. Fuck you! Go fuck yourself, you Nazi Fuehrer.«
    Die Flex sprühte Funken.
    »I’m sorry. You know, I was with Lemmy

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