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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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Bertolt Brecht’s theatre. You know Bertolt Brecht, Dreigroschenoper and stuff … äh … you know? And the Mäckie has a Messer … a knife. The Mäckie has a knife. And the shark has teeth in his face.«
    Ein paar Gäste fingen an zu tuscheln.
    Und jetzt? Was kam jetzt? Die Touristen sahen mich erwartungsvoll an. Ich musste irgendetwas sagen. Ich sah mich um:
    »Rechts sehen Sie typische DDR -Plattenbauten. On the right, the typical GDR panel construction buildings. Very cheap and not really beautiful.«
    Ein paar Gäste machten Fotos. Puh, das hat geklappt.
    Mit jedem Satz wurde mir noch deutlicher bewusst, wie zerstört ich war. Wie konnte es so weit kommen? Lemmy trank am Tag dreimal so viel wie ich gestern und machte dann abends einen Höllenlärm auf der Bühne. Der musste Nerven aus Stahlseilen haben und einen Schädel aus Beton. Ich strauchelte schon bei einmal Black Death und einmal Casino. Dabei war ja nicht mal etwas Besonderes passiert, keine Frauen, keine abgefahrenen Drogen, kein Erwachen in der Ausnüchterungszelle, sogar Schlaf hatte ich noch bekommen. Aber ich entstammte eben der westdeutschen Mittelschicht und Lemmy der britischen Working Class. Er hatte in den untersten Pubs im finstersten Britannien sein Handwerk gelernt. Ich war mit anderen Gymnasiasten im Elfer gewesen und hatte um zwölf zu Hause sein müssen. Das prägt. Du kannst noch so oft in der Eckkneipe den einfachen Mann aus dem Volk gespielt haben, deine Flötenstunden kriegst du nicht vom Arsch.
    Wir fuhren in den Tiergarten.
    »Vorne das Schloss Bellevue, der Sitz des Bundespräsidenten. Ein Bau, der ursprünglich …«
    Der Kapitän begann wieder mit dem Wendemanöver. Das halte ich nicht aus.
    »Also, ein Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert. Wir werden gleich eine kurze Pause einlegen«, stammelte ich, legte das Mirkofon zur Seite, rannte nach hinten und stolperte die Treppe hinunter. Bitte, lass das Klo frei sein. Gott sei Dank! Ich ging hinein, schmiss die Tür zu, beugte mich über die Schüssel, und schon ergoss sich ein erster Schwall halbverdauten Frühstücks in die Toilette. Ha-Wuääätsch! Mir platzt der Kopf. Achtung! Ha-Wuääätsch! Pause. Atmen. Noch einer: Ha-Wuääätsch! Jemand drückte die Klinke.
    »Besetzt!«, brüllte ich.
    Ha-Wuääätsch! Pause. Atmen. Ha-Wuääätsch!
    War es vorbei?
    Nein: Ha-Wuurrllggh
    Leer.
    Schwer atmend hing ich über der Schüssel. Wie sah ich aus? Hatte ich mich besudelt? Kniete ich in den Hinterlassenschaften anderer Herrschaften? Ich zog mich hoch, wusch mir Hände und Gesicht und fühlte mich schon etwas besser. Ich hatte kaum Spritzer auf dem Hemd, und meine Hose war noch völlig sauber. Ich musste raus, gleich ging es weiter. Mit Klopapier wischte ich das Gröbste vom Schüsselrand, spülte und richtete meine Kleidung. Und weiter ging es, ich war hier ja schließlich »auf Arbeit«.
    Vor der Tür stand ein Herr:
    »Was machen Sie denn da drin?«
    »Essen Sie niemals beim Discount Döner auf der Greifswalder Straße«, sagte ich. »Erst recht nicht zum Frühstück.«
    »Hatte ich nicht vor«, sagte der Herr und betrat die Toilette.
    »Ach du liebe Zeit«, hörte ich noch vom Inneren der Toilette, als ich schon auf dem Weg nach oben war.
    Ich brachte die Tour mit Mühe und Not zu Ende und schleppte mich an den Ausgang. Auf der Treppe rutschte ich aus, schlug mir den Fußknöchel an einer Stahlstufe an.
    »Arrgh! Verflucht!«
    Es tat höllisch weh. Auch das noch!
    Mit dem Schmerz im Gesicht humpelte ich leise fluchend zum Ausgang. Super! Ich sah aus wie ein Flaschensammler, stank wie die Kampftrinker vom Boxhagener Platz und humpelte wie ein frühpensionierter Hausmeister. Das war nicht der Zustand, in dem man arbeiten sollte.
    Ein paar Euros bekam ich trotzdem zusammen. Als alle von Bord waren, griff ich zu meinem Telefon und rief Matthias an.
    Tuut.
    »Ja?«
    »Hallo Matze, hier ist Tilman.«
    »Ach kieke, der Kollege!«
    »Ja, genau. Hömma, ich bin hier gerade aufm Dampfer.«
    »Wo bist du?«
    »Auf dem Schiff. Mir gehts grad ganz beschissen, ich glaub, ich bin krank. Meinst du, du könntest mich vertreten?«
    »Hm …«
    Bitte sag ja, Mann! Sag schon ja!
    »Also …«
    Heilige Maria, Mutter Gottes, lass ihn ja sagen!
    »Ich bin hier noch in der Uni, aber ich muss nur schnell noch was kopieren, und dann könnte ich eigentlich.«
    Preiset den Herrn!
    »Das wär echt super. Mir gehts echt nicht gut.«
    »Was haste denn?«
    »Irgendwie so Magen-Darm oder so. Ich hab erst

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