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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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mit ihren bescheuerten Fragen armen Stadtführern auf die Nerven. Na, vielen Dank auch!«
    »Sind Sie Stadtführer?«
    »Nein, ich habe ein Nagelstudio. Und in meiner Freizeit dressiere ich Zwergdromedare und trete mit denen in Altersheimen auf.«
    Wir fuhren in den S-Bahnhof Alexanderplatz ein. Ich stand auf und ging.
    »Tschü-hüüs!«, rief das Mädchen mir noch hinterher.
    »Ach warte«, sagte ich, griff in meine Hosentasche und gab dem Mädchen eine kleine Packung Gummibärchen.
    »Eine richtige Antwort, eine Packung Gummibärchen. Und für Sie«, sagte ich zur Mutter gewandt »zwei Stunden nachsitzen. Ich frag das beim nächsten Mal ab.«

Man muss ja helfen, wo man kann
    D ie Saison war so gut wie vorbei. Immer öfter mussten wir Wartetouren drehen, weil niemand kam. Das Schiff fuhr nur noch vier Touren pro Schicht, und während der letzten Tour wurde es schon dunkel. Das Schönste war es, bei Sonnenuntergang in den Tiergarten zu fahren. Sobald man das Kanzleramt passiert hatte, ließ man den Lärm hinter sich und fühlte sich wie in seinem eigenen Privatpark. Manchmal konnten dann selbst die wenigen Gäste, die noch kamen, einfach mal Ruhe geben.
    Ende der vorletzten Tour, fast Feierabend. Eine sicherlich siebzigjährige Amerikanerin in einem pinkfarbenen Kostüm, mit viel Make-up im Gesicht und einer getönten Brille blieb vor mir stehen.
    »Thank you very much, young man. That was very interesting.«
    Ich hatte die richtige Antwortformel schon tausendmal in Schnellrestaurants, Abfertigungshallen oder Fernsehserien gehört:
    »You’re welcome.«
    »Are you from Berlin?«, fragte sie.
    »Yes, I am.«
    Zwar war mir klar, dass Klaus mich für diese Antwort köpfen lassen würde. Andererseits war ich mir sicher, dass die Vorstellung, man sei erst in der dritten Generation echter Berliner, einer Amerikanerin nicht zu erklären war. Außerdem hatte ich keine Lust, ihr einen biographischen Abriss zu geben.
    »Do you like your job?«
    Ah, ein kleiner Smalltalk. Das war meistens ein gutes Zeichen. Denn eines hatte ich in diesem Sommer gelernt: Menschen entsprechend ihrem Umgang in ihrem Trinkgeldverhalten einzuschätzen. Grundsätzlich stand die Länge der Unterhaltung in proportionalem Zusammenhang zur Höhe des Trinkgeldes, insbesondere bei Amerikanern, die gern redeten und gern Trinkgeld gaben. Deutsche waren schwieriger gewesen. Manche hatten mich nur angesprochen, wenn sie etwas nicht verstanden hatten, noch eine Information wollten oder glaubten, mir widersprechen zu müssen. Hier dagegen war jetzt schon mit mindestens fünf Euro zu rechnen.
    »Yes, I really like it. You get to meet so many people from all over the world. It’s really interesting.«
    Eine wunderbare Plastikantwort von der Stange. I am the King of Small Talk. You may call me the Master of Shallow Conversation. Get down on your knees and beg for mercy, unfreundliche Berliner Einzelhandelsbratzen! Die Amerikanerin lachte.
    »Tsihihi! Your English is really good«, sagte sie und klopfte mir dabei auf die Schulter, wie man einem Zehnjährigen auf die Schulter klopft, der bei der Schulaufführung der Weihnachtsgeschichte seinen Text als zweiter Hirte fehlerfrei aufgesagt hat. Schulterklopfer geben Bonuspunkte. Spätestens jetzt mussten wir im zweistelligen Bereich sein.
    »Thank you«, sagte ich und lächelte mein Profilächeln.
    »Have you been to the US?«, fragte sie.
    »Yes, twice. I’ve been to Portland, Oregon, and San Francisco in 1996 and then to Chicago in 2003.«
    »Tsihihihi!«
    Wieder lachte die Amerikanerin wie ein Schulmädchen, dem man einen schmutzigen Witz erzählt hat.
    »You have kind of a long work day, I guess.«
    Lief die Sache etwa auf zwanzig Euro hinaus? So viel hatte ich noch nie von einem einzelnen Gast bekommen. Ich sah mich schon am Abend mit einem Baconburgermenü vom Frittiersalon und zwei Flaschen Tegernseer Spezial in meinem Sessel im wohlverdienten Feierabend sitzen.
    »It’s okay«, sagte ich. »I start at ten a.m. and the last tour ends at six. Sometimes at half past seven.«
    »Oh, that’s really a long work day. I guess that’s really hard. You can be proud of yourself.«
    Jawoll! Ich kann so stolz sein. Ich bin so ein hart arbeitender Mann, mache meinen Job aber trotzdem voller Hingabe, bin immer um steigende Qualität bemüht, liebe meine Stadt und meine Kunden, und genau deshalb wird mir gleich eine alte, reiche Amerikanerin einen Fünfzigeuroschein in die Hand drücken, von dem ich am Abend meine

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