Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
Vom Netzwerk:
hilflos mit den Schultern. Ihm war unangenehm heiß und er spürte Schweiß auf seiner Stirn. Aus Verlegenheit blickte er aus dem Fenster. Das konnte ja heiter werden, wenn er sich bei solch einer lächerlich abstrakten Frage schon in die Ecke getrieben fühlte. Wie würde sich dann erst der echte Seelenstriptease auf ihn auswirken? War er dafür überhaupt bereit? Er blickte auf seine Hände und plötzlich erschien die Farbe in seinem Geiste. Warum ausgerechnet…?
    Er schüttelte den Kopf. „Wissen Sie was“, sagte er aus irgendeinem Grund belustigt darüber, „es ist Grün!“
    „Welche Schattierung?“
    Ondragon hatte sich vorgenommen, nicht mehr verwundert zu sein und antwortete diesmal ohne zu zögern: „Dunkelgrün, so ein Tannengrün.“ Genau wie das Grün, das der Pullover der rätselhaften Frau gehabt hatte , dachte er.
    „Hmm, Tannengrün, wirklich sonderbar. Vielen Dank, Paul.“ Dr. Arthur notierte sich etwas auf einen Block, der auf dem Schreibtisch lag. Dann sah er auf und grinste schief. Dabei wirkte er wie eine Inkarnation des Buffalo Bill. „Sie können ganz beruhigt sein, Paul. Dies ist kein Psychotest oder Ähnliches. Meine Methoden beruhen ausschließlich auf meinen eigenen Studien. Ich habe ein unabhängiges Bewertungssystem entwickelt, das sich von allen bekannten Arbeitsweisen unterscheidet. Sozusagen mein ‚Geheimrezept‘. Einer der Gründe, warum die Cedar Creek Lodge so erfolgreich ist. Und nun zum Therapieablauf.“ Er nahm ein bedrucktes Blatt von der obersten Ablage auf seinem Schreibtisch und schob es zu Ondragon hinüber.
    „Heute Nachmittag erwartet Sie Dr. Zeo. Sie wird Sie vorweg auf etwaige dissoziative Persönlichkeitsstörungen untersuchen. Das ist essentiell für unser Vorgehen, denn wir müssen alle abgespaltenen Persönlichkeitsbilder ausschließen, zu denen Sie Zuflucht nehmen könnten. Liegt das Ergebnis vor, werden alle anschließenden Sitzungen unter meiner Aufsicht durchgeführt.“
    Ondragon las den Plan und sah, dass nicht mehr als zwei Stunden am Tag angesetzt waren. Das erschien ihm etwas wenig und er erkundigte sich danach.
    „Die Therapie wird Schritt für Schritt intensiviert. Aber die erste Woche ist zur Eingewöhnung. Entspannen Sie sich, Paul, genießen Sie die Ruhe. Sie werden Kraft brauchen im Kampf gegen Ihre Angst.“
    Ondragon faltete den Plan zweimal zusammen, steckte ihn in die Innentasche seines Jacketts und sah geradewegs in die bizarr gelben Augen seines Gegenübers.
    „Darf ich Sie auch etwas fragen, Dr. Arthur?“
    „Natürlich, nur zu.“ Der grauhaarige Psychotherapeut lehnte sich vor und faltete die Hände auf dem Tisch.
    Auch Ondragon neigte sich vor und packte beide Armlehnen.
    „Wer hat diese dämlichen Golden Rules erfunden?“

4. Kapitel

    1835, Kabetogama, die einsame Blockhütte der Pelzjäger, 50 Meilen von Fort Frances entfernt

    Rauch stieg vom Schornstein der Blockhütte auf und vermischte sich mit dem Dunst des trüben Wintertages. Die fahle Märzsonne schaffte es noch immer nicht, die dichten Wolkenmassen zu durchdringen. Es war sehr still im tief verschneiten Wald rings um die Lichtung. Lediglich zwei Fußspuren führten von der Hütte fort, eine zum Holzstapel und die andere zum Abort, ansonsten lag die graue Schneedecke unberührt da wie mit Wasser vollgesogene Wolle. Ab und an fauchte der eisige Nordwind über die Wipfel der Fichten und Espen hinweg und befreite sie von der erdrückenden Schneelast. Mit einem dumpfen Klatschen landeten die weißen Klumpen auf dem Boden. Bald würde sich eine weitere arktische Nacht über die menschenleere Landschaft senken und die geheimnisvollen Rufe der endlosen Wildnis mit sich bringen.
    Plötzlich wurde die Tür der Blockhütte aufgerissen und ein Mann kam herausgestürmt. Stöhnend schleppte er sich einige Schritte auf die Lichtung hinaus. Er trug nur Hose und Hemd, sein Gesicht war eingefallen und fiebrig rot. Auf halbem Wege zum Abort hielt der Pelzjäger in seinem taumelnden Gang inne, beugte sich vor und presste beide Hände auf seine verhärtete Bauchdecke. Ein abgehacktes Würgen war zu hören, als Parker sich übergab. Dampfend spritzte das vor zwei Stunden gegessene Mittagessen in den pappigen Schnee. Mühsam rang er nach Luft, während die Krämpfe ihn schüttelten.
    Erst als nichts mehr in seinem Magen war als frische Galle, richtete Parker sich auf und blickte mit blutunterlaufenen Augen seine beiden Freunde an, die ihm gefolgt waren.
    „Schon wieder“, ächzte er

Weitere Kostenlose Bücher