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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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rollte innerlich mit den Augen, der Kerl ließ nicht locker.
    „Aus L.A.“
    „Wirklich, und ich dachte, sie kommen aus Schweden. Ihr Akzent verrät Sie.“ Shamgood zwinkerte ihm anzüglich zu.
    Der Typ hatte ein gutes Gehör, das musste man ihm lassen, dachte Ondragon. Er hatte dem Modefuzzi gegenüber absichtlich mit einem starken schwedischen Akzent gesprochen, er liebte es, die Menschen zu verwirren.
    „Meine Mutter ist Schwedin“, antwortete er schlicht. Das stimmte zwar, täuschte jedoch über die Tastsache hinweg, dass er wie sein Vater eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft besaß.
    „Die Schweden! Ein sehr freizügiges Völkchen. Richtig? Sind Sie auch so freizügig?“ Ondragon ließ pikiert den Löffel sinken, während Shamgood schäbig grinsend die Brauen über den falschen blauen Augen tanzen ließ.
    „Ich weiß nicht, was Sie damit meinen. Ich denke, ich bin wie jeder andere normale Mensch.“
    Mr. Shamgood kicherte impulsiv los. „Das ist gut! Das ist wirklich gut!“ Er holte tief Luft und wedelte sich mit einer Hand vor dem Gesicht herum, als sei ihm zu heiß. „Hach, normal ! Wie das klingt. Als ob es direkt wahr sein könnte. Aber wir beide wissen, dass es nicht so ist, richtig?“ Er zwinkerte Ondragon verschwörerisch zu. „Mal ehrlich, wenn wir normal wären, dann wären wir beide doch nicht hier. Jedoch allein die Vorstellung, normal zu sein, ist überaus reizvoll. Darf ich fragen, welch kleine Unpässlichkeit Sie hierherführt?“
    „Dürfen Sie nicht!“ Ondragon hatte genug von dieser aufgezwungenen Konversation. Er wandte sich ab und versuchte das beleidigte Murren des Modedesigners zu ignorieren. Zu seiner großen Erleichterung stellte er fest, dass mittlerweile fünf weitere Gäste zum Frühstück platzgenommen hatten. Leider war die interessante Frau mit der Zeitung verschwunden. Er fluchte innerlich, weil er sich von Mr. Shamgood hatte ablenken lassen. Aber er würde der rätselhaften Dame sicherlich bald wieder begegnen. Dank des Autoschlüsseldepots konnte hier ja niemand weg, und spätestens heute Nacht würde er wissen, wie sie hieß und woher sie kam.

    Kurz nach neun verließ Ondragon den Frühstücksraum und machte einen kurzen Rundgang durch das Erdgeschoss des Westflügels. Bis auf einen Patienten hatte er alle beim Frühstück gesehen und seine Personenliste vervollständigt. Nur Nummer Zwanzig hatte offensichtlich kein Bedürfnis nach einer morgendlichen Mahlzeit oder bekam es in seinem Zimmer serviert. Auch das würde er überprüfen, sobald er die Zimmernummern den Personen zuordnen konnte. Mit einer kleinen mentalen Übung, die er sich über die Jahre mühevoll antrainiert hatte, gelang es ihm, die Zentrifuge zu stoppen. Vorläufig.
    Bleib locker. Das hier ist bloß ein spielerischer Zeitvertreib, mahnte er sich selbst. Kein wirkliches Problem, das es zu lösen gilt. Schließlich bin ich nicht hier, um zu arbeiten. Er sah auf seine Armbanduhr. Noch zwölf Minuten bis zum Termin mit Dr. Arthur.
    Ondragon machte im Eingang des Spabereiches kehrt, der aus rustikalem Holz und Naturstein gestaltetet war, durchmaß den Flur, von dem es linkerhand zum Restaurant und zur Terrasse abging, bis er den Nabel der Lodge erreichte: Die Rezeption.
    Sheila wandte ihm den Rücken zu. Sie durchsuchte gerade eine Kartei. Ihre grünlackierten Fingernägel klickten über die Karten. Ondragon nutzte diesen Moment, um einen Blick durch die offene Bürotür zu werfen. Er konnte geschlossene Aktenschränke erkennen und einen Arbeitstisch mit einem bläulich leuchtenden Computerbildschirm darauf.
    Er räusperte sich laut vernehmlich, und Sheila fuhr herum.
    „Oh, guten Morgen. Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte sie, etwas atemlos durch den Schreck, aber ihr Lächeln wirkte echt. Der falsche Brilli auf ihrem Eckzahn blinkte im Licht der Halogenstrahler, die über dem Tresen hingen. Irgendetwas an ihr reizte Ondragon.
    „Vielleicht wollte ich nur mal nachschauen, ob mein Auto noch da ist.“
    „Und?“ Sheila legte keck den Kopf schief. Sie schien besser drauf zu sein als gestern.
    „Moment.“ Er hob bedeutungsvoll eine Hand, ging rückwärts zum Eingang, öffnete eine der Glastüren und spähte hinunter zum Parkplatz. Da stand er in voller Pracht, der Mustang.
    „Noch da!“ Ondragon stieß übertrieben erleichtert Luft aus und ging zurück zum Empfangstresen. „Jetzt würde mich noch interessieren, ob auch der Schlüssel noch an seinem Platz

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