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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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entschuldigend und wischte sich mit einer Handvoll Schnee über den Bart.
    Two-Elk legte ihm seinen Mantel um die bebenden Schultern.
    „Soll nicht heißen, es hätte mir nicht geschmeckt“, fügte er im Scherz hinzu. Aber es wirkte nicht. Parker sah die ernsten Mienen seiner Freunde noch finsterer werden. Er fühlte sich unendlich erschöpft, während Lacroix ihn, wie einen alten Greis am Arm führend, wieder zurück in die Blockhütte brachte.
    Two-Elk vergrub derweil das Erbrochene und urinierte auf die Stelle, damit die Wölfe sich davon fern hielten.
    Drinnen ließ Parker sich auf seinen Stuhl am Kamin sinken. Der Geruch nach Tierhäuten und Fellen, die überall in der Hütte in Ballen gestapelt waren oder von den Deckenbalken herabhingen, beruhigte ihn. Lacroix tauschte den Mantel um Parkers Schultern gegen zwei Wolldecken aus, die er so um ihn wickelte, dass nur noch sein struppiger Kopf aus dem Bündel herausguckte. Der Frankokanadier schenkte kalten Tee aus einer zerbeulten Emailkanne in Parkers Tasse nach und hielt sie ihm an die spröden Lippen.
    „Trink, Alan. Du brauchst dringend was in den Magen und der Tee scheint das Einzige zu sein, was drinnen bleibt.“
    Parker schluckte die bittere Flüssigkeit ohne Widerworte. Sie hatten es zuvor mit heißem Tee versucht, doch der hatte ein wahres Höllenfeuer in seinem Innern entfacht und das seltsame Fieber nur noch verschlimmert, das sich von der Wunde ausgehend in seinem Köper breitgemacht hatte. Genau wie das Essen hatte er ihn wieder ausgekotzt.
    „Das Vieh hat dich mit irgendwas infiziert.“ Lacroix hob eine Hand und gestikulierte damit vor Parkers Nase herum. Wenn er wütend war, verstärkte sich sein französischer Akzent noch. „ Tabernac ! Das ist nicht bloß Wundbrand!“
    Parker war zu schwach, um zu antworten.
    „Wenn es in den nächsten Tagen nicht besser wird, müssen wir Hilfe holen.“
    „Und wo? Etwa bei den Kurpfuschern in Fort Frances?“, krächzte Parker.
    „ Mais non “, Lacroix stieß sein Kinn in Richtung des Chippewa. „Bei seinen Leuten.“
    Parker sah Two-Elk an, der stumm das Feuer im Kamin schürte.
    „Sie kennen die Medizin gegen den …“ Lacroix sprach nicht weiter. „ Putain de merde ! Warum mussten wir ausgerechnet an dem Tag bei den Walcotts auftauchen und diesem verdammten Biest in die Arme laufen!“
    „Hadern bringt jetzt auch nichts.“ Parker bekam kaum noch Luft unter der dicken Schicht aus Wolle. Seine Füße schmerzten, als seien sie zu Baumstämmen angeschwollen.
    Es war eine Woche her, seit sie von diesem selbstgefälligen Lieutenant verhört worden waren und die Überreste der Walcotts begraben hatten. Der Lieutenant hatte sie nur ungern gehen lassen, denn für ihn war die Untersuchung der Morde noch lange nicht abgeschlossen. Parker hatte gespürt, dass er ihnen nicht traute. Aber der Engländer wusste ja, wo er sie finden konnte, und so waren sie noch am selben Tage zu der Blockhütte in ihrem Jagdgebiet zurückgekehrt. Sie waren keine Menschen, die viel Trubel mochten, und der wäre in Fort Frances mit großer Wahrscheinlichkeit über sie hereingebrochen. Die Leute dort lechzten nach jeder noch so unbedeutenden Neuigkeit, und ungeklärte Morde waren ein wahres Fest für Klatsch und Tratsch, eine willkommene Abwechslung, die eine Weile von der Einsamkeit ablenken würde. Parker und seine beiden Freunde scheuten jedoch den Lärm der Menschen, sie liebten die Stille des Waldes, in die sie sich zurückziehen konnten.
    Allerdings erschien ihnen die Stille draußen in der Wildnis indessen nicht mehr ganz so beruhigend. Sie wirkte zunehmend bedrohlich. Obwohl nichts darauf hindeutete, dass sich dort draußen etwas Anderes aufhielt als die ihnen vertrauten Bewohner des Waldes.
    Die finstere Kreatur blieb verschwunden; eine bloße Erinnerung, ein Schatten, der allein in Parkers unruhigen Träumen lebendig blieb.
    „Mir ist viel zu heiß“, jammerte er. Ihm standen Schweißperlen auf der Stirn. „Bitte, lasst mich wenigstens die Decken ablegen.“ Er machte Anstalten, sich aus den Decken zu schälen, doch Two-Elk trat auf ihn zu und hinderte ihn daran.
    „Nicht! Wir können es nur aufhalten, wenn du die Wärme in dir behältst.“
    „Aber ich komme um vor Hitze!“
    „Das ist der Kampf deines Körpers gegen das Fieber. Es ist gut.“ Der Indianer hielt ihm ein Stück getrocknetes Hirschfleisch hin. Parker lief das Wasser im Mund zusammen, in seinem Magen gurgelte es verlangend. Er musste etwas

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