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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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hatte bestimmt nichts mit der Leiche zu tun und konnte noch warten. Jetzt musste er zuerst seine Anwesenheit am Leichenfundort gegenüber der Polizei erklären. Er zog eine Grimasse. Sein Aufenthalt hier gestaltete sich vollkommen anders, als er sich vorgestellt hatte. Was er allerdings davon halten sollte, wusste er noch nicht.

    Er betrat die Lodge wieder durch die Feuertür. In das Schloss hatte er ein Blatt Papier geklemmt, um sie von außen wieder öffnen zu können. Mittlerweile war es draußen so düster wie bei einem Weltuntergang und es goss in Strömen. In seinem Zimmer schlüpfte Ondragon aus seinen nassen Klamotten und verschwand im Bad, um eine heiße Dusche zu nehmen.
    Später beim Abendessen war die Aufregung des Tages unter den Gästen noch deutlich zu spüren. Ondragon setzte sich an seinen Tisch und bestellte das Steak, leider ohne Steinpilze.
    Noch während er aß, stand plötzlich Mr. Shamgood neben ihm und lächelte ihn vielsagend an. Ondragon nickte ihm zu, aß aber weiter, was bedeuten sollte, dass er ungestört bleiben wollte. Doch der Modedesigner machte keine Anstalten, wegzugehen, und nahm - ganz zu Ondragons Entsetzen - gegenüber am Tisch Platz. Demonstrativ legte Ondragon das Besteck hin, faltete die Hände und blickte Shamgood an.
    „Ich war so frei.“ Shamgood deutete auf den Stuhl unter seinem Arsch und grinste sein poliertes Perlweissgrinsen. „Netter Shampoo-Duft übrigens.“
    Gleich betrittst du die Welt der Schmerzen! Ondragon bezwang seinen Wunsch, dem Kerl seine gebräunte Visage zu demolieren, und lächelte stattdessen zurück. Kategorie: Wolf - ich zerfetz‘ dich, wenn du mir zu nahe kommst!
    „Raten Sie doch mal, warum ich zu Ihnen gekommen bin?“ Shamgood legte geziert seine manikürten Hände übereinander. Entweder schien er die unterschwellige Warnung seines Gegenübers zu ignorieren, oder er hatte sie schlichtweg nicht verstanden.
    „Keine Ahnung! Klären Sie mich doch bitte auf, Mr. Shamgood.“ Ondragon hob die Schultern und betonte bewusst seinen schwedischen Akzent. Er wollte sich von Shamgoods künstlichem Upper Eastside -Geplapper distanzieren, um eine etwaige Vertrautheit zwischen ihnen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Der Kerl mit seinem aufdringlichen Aftershave stank ihm im wahrsten Sinne des Wortes. Finsterem Blickes taxierte er die dünne Gestalt mit dem Chemieunfall auf dem Kopf.
    Shamgood grinste noch breiter und neigte sich vor, dabei sog er laut und genussvoll Luft durch die Nase ein. „Hm, das Steak duftet gut, … Sie übrigens auch.“ Er zwinkerte ihm zu, wurde dann aber schlagartig ernst. „Ich habe Sie gesehen, Mr. Ondragon. Draußen!“ Er lehnte sich wieder zurück und verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust.
    „Und?“, fragte Ondragon barsch.
    „Tja, war es nicht so, dass die Polizei verboten hatte, das Gebäude zu verlassen?“
    Du liebe Güte, ein Petzer! Ondragons Miene blieb versteinert.
    „Was haben Sie denn draußen gemacht? Sie sahen aus, als seien Sie einer Verschwörung auf der Spur. Oder haben Sie etwas mit dem Mord zu tun? Richtig?“
    Ondragon hatte nicht vor, auf diese Fragen zu antworten. Er nahm sein Besteck und aß weiter.
    „Wie Sie wollen. Ich finde Ihr Verhalten höchst verdächtig, Mr. Ondragon. Kaum tauchen Sie hier auf, gibt es eine Leiche. Sie können mir viel erzählen, aber Unternehmensberater sind Sie jedenfalls nicht! Und ich denke, ich könnte Ihren Alleingang an Dr. Arthur melden. Der liebt es gar nicht, wenn seine Anweisungen missachtet werden, richtig? Er hat schon so manchen Patienten vorzeitig rausgeworfen, weil er renitent war.“
    Innerlich war Ondragon kurz vorm Platzen, doch er beherrschte sich. Ein Wutausbruch vor versammelter Mannschaft würde dem Gerede über ihn nur Vorschub leisten. Er musste die Flucht antreten. Das war zwar nicht seine Art, aber im Moment die sinnvollste Taktik. Mr. Shamgood würde er sich in einer stillen Minute noch einmal vorknöpfen, wenn sie unter sich waren. Ob Amnesty International auch schwule Modedesinger vertrat?
    „Sie halten sich nicht an die Golden Rules .“ Shamgood war offenbar noch nicht fertig. Anklagend fuchtelte er mit seinem Zeigefinger in der Luft herum.
    Immer ruhig bleiben. Denk an etwas Schönes! Ondragon steckte sich den letzten Bissen Steak in den Mund und griff nach der Serviette. Kurz stellte er sich dabei vor, sie Shamgood ins Maul zu stopfen.
    „Sie schleichen des Nachts hier im Gebäude herum und trinken Bier mit diesem“,

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