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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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gleich wie aus Eimern. Rasch folgte er dem Weg immer tiefer in den Wald hinein. Das Zwielicht unter dem dichten Dach der Bäume versetzte den Wald in eine weit weniger einladende Stimmung als gestern bei strahlendem Sonnenschein. Finstere Schattenlöcher taten sich rechts und links des Weges auf und hauchten nasse Kälte aus ihren moosigen Mäulern. Unbewusst beschleunigte Ondragon seinen Schritt und lauschte aufmerksam in die Umgebung. Doch alles blieb still, kein Knacken ertönte und auch kein Bärengebrüll. Nur das hohle Rauschen des Windes über den Baumwipfeln war zu hören.
    Nach einer geschätzten Viertelstunde erreichte er eine Lichtung mit mehreren Gebäuden. Augenblicklich schlug ein Hund an. Das Vieh kam als zottiges schwarzes Kräuel auf ihn zugeschossen, und als Ondragon schon die Hand hob, um ihn abzuwehren, ging ein unerwarteter Ruck durch das Tier, und es wurde jaulend zurückgerissen.
    Die Leine hatte nur wenige Zoll vor ihm ihre maximale Dehnung erreicht.
    Zufrieden lächelte Ondragon den tobenden Hund an.
    „Na, verschätzt?“
    Dann wandte er sich auf der Stelle um und betrachtete die Ansammlung von Gebäuden: Ein Haupthaus aus behauenen Stämmen, alt, aber in Schuss, eine dünne blaue Rauchwolke kräuselte sich aus dem Schornstein; daneben eine Art Stall oder Schuppen, schon etwas verrottet, an der Wand unter dem vorgezogenen Dach hingen rostige Tierfallen und undefinierbare Tierkadaver; in Anschluss eine weitere kleine Hütte, davor ein schlammiger Platz und in zirka zwanzig Schritt Entfernung ein mit frischen Latten verschaltes Klohäuschen. Und, nein, es war tatsächlich kein Herz in die Tür geschnitten, sondern eine Mickey Mouse mit zwei runden Ohren!
    Ondragon sah auf den kläffenden Hund, der immer wieder in die Leine sprang und sich dabei zu erdrosseln drohte. Geifer tropfte von seinen zurückgezogenen Lefzen auf sein schwarzes Brustfell. Blöder Köter!
    Nur, warum reagierte keiner auf sein Gebell?
    Er drehte sich zurück zum Haupthaus und hätte beinahe laut aufgeschrien!
    Vor ihm stand wie aus dem Erdboden gewachsen ein verhutzeltes Männchen mit weißem Rauschebart und einer Pfeife im Mund; und er wirkte wie der perfekte Almöhi aus einer Werbung für Urlaub in der Schweiz. Das Einzige, was das Bild störte, war die antike Flinte, die er lässig in einer Armbeuge trug.
    „Kann ich Ihnen helfen?“, krächzte der Mann und blinzelte ihn aus wässrigen Altmänneraugen an.
    „Puh, haben Sie mich erschreckt, Sir!“ Leicht verlegen fuhr sich Ondragon mit der Hand durch sein nasses Haar und war froh, dass der Kerl nicht erst geschossen und dann gefragt hatte. Wie hatte er nur so unbedacht sein und hier derart plump herumschnüffeln können! Jeder wusste doch, dass mit den Einsiedlern nicht gut Kirschen essen war.
    Also wenn etwas definitiv schon Ferien hat, dann mein gesunder Menschenverstand, dachte Ondragon. Ohne die Flinte aus den Augen zu lassen, entschuldigte er sich bei dem Mann: „Es tut mir leid, dass ich ohne Ihre Erlaubnis hier eingedrungen bin, Sir, das war nicht meine Absicht. Sagen Sie, sind Sie der Großonkel von Mr. Peter Parker? Ich suche ihn nämlich. Ich wohne drüben in der Lodge und würde gerne mit ihm sprechen.“
    Der Alte grinste und entblößte das jahrzehntelange Fehlen eines Zahnarztes. „Ah, einer aus der Anstalt!“, sagte er trocken.
    Sehr charmant. Ondragon verzog keine Miene.
    „Pete is‘ …“ Der Alte wandte plötzlich den Kopf, nahm die eh schon erkaltete Pfeife aus dem Mund und brüllte den Hund an: „Schnauze, Bugs!!“ Dann spuckte er geräuschvoll aus.
    Ondragon verkniff sich ein Grinsen, während er zusah, wie der verlauste Köter sich mit eingezogenem Schwanz trollte. Diese Familie hatte einen wahrlich skurrilen Hang zu Comicfiguren!
    „Also, Pete is‘ nich‘ da.“ Der Alte steckte sich die Pfeife wieder zwischen die Lippen und deutete ein schiefes, unfreundliches Lächeln an.
    „Tja“, Ondragon hob die Hände, „dann sorry für die Störung.“ Er wollte schon das Feld räumen, da ging die Tür vom Blockhaus auf und ein ballonförmiger Kopf mit einem jungen, breiten Gesicht und struppigen grauen Haaren schaute hinaus. Ondragon war irritiert. Ein solch junger Bursche und schon ergraut?
    „ Hallooo, Ooonkeel Joeeel. Woo bleibst duu?“ Die Stimme des Jungen klang ein wenig schleppend und nasal.
    Zurückgeblieben, tippte Ondragon. Warum wundert mich das nicht? Er ließ seinen Blick über den schmuddeligen Einsiedlerhof wandern. Was

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