Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
Saugt er die Energie aus dem Äther“, fragte Ondragon weiter, aber nicht nur aus Neugier, er muss auch Zeit gewinnen.
Yaqub schüttelte den Kopf. „Nein, der Turm ist nur der Transmitter, eine Art Vermittler zwischen dem Äther und der stofflichen Welt, so ähnlich wie eine Antenne. Das eigentliche Wunder geschieht mit diesen Röhren dort. Wie ihre genaue Funktionsweise ist, wissen wir nicht, aber sie sind das Kernstück dieses einzigartigen Systems. Es ist also in der Tat so etwas wie ein Perpetuum mobile, wenn Sie so wollen. Aber keines im klassischen Sinne, bei dem sich ein Rad bis in alle Ewigkeit dreht, sondern eher ein Raumenergie-Konverter. Er fängt die Raumenergie ein und wandelt sie in elektrischen Strom um.“
Ondragon musste unwillkürlich an Truthfinder denken, dem dieses Gespräch sicherlich viel Freude bereitet hätte. Leider saß der Bengel gerade Tausende von Kilometern entfernt an seinem Schreibtisch und träumte von großen Abenteuern.
„Aber Sie können es nennen, wie Sie möchten, Monsieur Ondragon“, fuhr Yaqub fort, „Freie Energie, Nullpunktenergie, Neutrinos oder kosmische Strahlung. Jedenfalls ist es eine schier unerschöpfliche Energiequelle. Ihr Ursprung liegt im All. Nikola Tesla hat diese Art von hochenergetischen Partikeln ganz zufällig entdeckt, als er 1899 in seinem Labor in Colorado Springs geforscht hat. Nach der Verkündung dieses Phänomens ist er dafür ausgelacht worden, aber aller Ablehnung und Spott zum Trotz hat er es nicht aufgegeben, einen Weg zu finden, diese kosmische Strahlung einzufangen und zu nutzen.“
„Das klingt großartig“, sagte Ondragon. „Aber ich frage mich dennoch die ganze Zeit, woher Sie das alles wissen können? Schön, Sie sind ein Nachfahre der Männer, die das alles hier aufgebaut haben, aber Sie sind weder Wissenschaftler noch Ingenieur.“
„Das stimmt. Wir sind nur die Wächter dieses Ortes. Und das Wissen darüber wurde uns mündlich von unseren Vätern übertragen. Das war und ist bis heute die sicherste Methode, ein Geheimnis weiterzugeben. Dadurch ist aber leider auch viel Wissen verlorengegangen. Zum Beispiel die Funktionen des Systems. Heute sind uns längst nicht mehr alle bekannt. Wir wissen zwar, dass es auch einen sogenannten Todesstrahl erzeugen kann, haben aber keine Ahnung, wie wir ihn in Betrieb nehmen können.“
„Sehr schade. Auf diese Demonstration wäre ich gespannt gewesen!“ Er legte den Kopf in den Nacken und sah versonnen zu den Geräten auf. „Wenn das System nun aber tatsächlich funktioniert“, sagte er, „grenzt es dann nicht an ein Verbrechen, es der Menschheit nicht zur Verfügung zu stellen?“
Meister Yaqub blinzelte und ein gedankenvoller Ausdruck trat auf sein Gesicht. Schließlich hob er eine Hand und machte eine allumfassende Geste. „Diese fantastischen Apparaturen mögen zwar der ‚Heilige Gral‘ der Wissenschaft sein, aber sie stellen auch eine große Gefahr für die Welt dar. Das paradiesisch verlockende Licht, das sie ausstrahlen, birgt auch finstere Abgründe. Denn der Mensch trägt beides in sich, Licht und Schatten. Genau wie diese fabelhafte Maschine. Das Böse und das Gute sind untrennbar in uns verankert. Das ist unsere Natur. Wissen Sie, was passieren würde, wenn wir Teslas Traum an die Menschen da draußen weitergeben würden?“
„Nun, da fällt mir spontan ein ganz wesentlicher Punkt ein, nämlich dass wir schlagartig frei von der Geißel der Energiekonzerne wären – nur so als kleine Anregung“, entgegnete Ondragon.
Yaqub verzog das Gesicht und Clandestin, der immer noch neben seinem Meister stand, stieß verächtlich Luft aus. „So schlicht, wie Sie sich das denken, ist das leider nicht“, begann der Alte zu erklären. „Was wäre zum Beispiel geschehen, wenn die Nazis das Weltensystem in Betrieb genommen hätten? Richtig. Sie hätten nicht das Gute in ihr gesehen, sondern Böses mit ihr erschaffen. Für sie war es eine Waffe, mit der sie furchtbare Dinge angestellt und ihre Schreckensherrschaft über die ganze Welt ausgeweitet hätten. Und nun übertragen Sie das auf heutige Regierungen …“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause, in der niemand etwas zu sagen wagte. „So ist es. Niemand könnte beschwören, dass nicht das Gleiche passieren würde. Das ist die traurige Wahrheit. Und dies ist nur eine der möglichen Auswirkungen. Selbst ohne böse Absicht würde das System unabsehbare Folgen für unsere Gesellschaft haben.“
„Und welche, bitte
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