Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
Vom Netzwerk:
aufschnappen. Die Scharniere quietschen leise, als er schließlich den Deckel anhob.
    Er fand einen Stapel Kleidungstücke und zwei Paar Schuhe vor, die unordentlich in den Koffer geworfen worden waren, so als wäre derjenige in Eile gewesen. Das passte zu dem, was er über Myers‘ Abreise gehört hatte. Dessen Mutter war schwer erkrankt, da konnte man einen überhasteten Aufbruch und einen schlampig gepackten Koffer schon mal verzeihen. Vorsichtig wühlte sich Philemon bis zum Boden durch. Myers verfügte eindeutig über eine umfangreichere Garderobe, als er sie jemals besessen hatte. Auch der Koffer selbst machte einen teuren Eindruck. Aus was für einer Familie stammte der verschwundene Assistent eigentlich? Zumindest war schon mal klar, dass er in Boston zu Hause war, und dem Gepäck nach zu urteilen, einer sehr wohlhabenden Familie angehörte. Na ja, das war ja an und für sich kein Verbrechen, dachte Philemon und roch an einem der Hemden. Es war getragen, verströmte aber sonst keinerlei ungewöhnlichen Geruch. Er ließ es in den Koffer zurückfallen und tastete in den Seitentaschen nach etwas Auffälligem. Seine Finger förderten einige Toilettenartikel zutage: einen Kamm, eine Schere, eine Dose mit Pomade, eine Bartbinde und Rasiercreme. Nichts, was er nicht auch mit sich führte, doch dann stieß er im nächsten Fach auf etwas. Eine Ledermappe. Er zog sie heraus, öffnete sie und blätterte durch die leeren Seiten. Ein neuer Füllfederhalter steckte in der Schlaufe in der Mitte. Sonst war nichts Besonderes an der Mappe. Oder doch? Philemon stutzte. Eine der letzten Seiten war herausgerissen worden. Nur, wo war sie? Und was war darauf notiert worden?
    Er legte die Mappe zurück in den Koffer und wühlte erneut. Doch zwischen den Kleidern fand sich kein loser Zettel. Philemon seufzte und hielt enttäuscht inne. Dabei fiel sein Blick auf eine Naht im Stoff, mit dem der Koffer ausgefüttert war. Ein Faden hing lose herab. Er zog an dem Faden und stellte fest, dass die Naht an dieser Stelle offen war. Er steckte seine Finger hindurch und fühlte hinter den Stoff. Tatsächlich, da war etwas! Schell zog er seine Hand wieder heraus und sah auf einen Zettel. Es war die fehlende Seite aus der Mappe. Sie trug dieselbe Abrisskante. Aufgeregt faltete er das Papier auseinander und betrachtete verdutzt die Skizze darauf. Sie musste von einem technischen Apparat stammen, zumindest befanden sich daneben die komplizierte Anordnung eines Schaltkreises und eine handschriftlich durchgeführte Rechnung. Philemon erkannte die Größen W, Q und U für Arbeit, Wärme und innere Energie. Eine thermodynamische Gleichung? Aber da waren auch die Symbole für die elektrische sowie magnetische Feldstärke und Flussdichte aus der Maxwell‘schen Gleichung, E, D, H und B jeweils mit einem nach rechts weisenden Richtungspfeil darüber. Philemon versuchte, das Gekritzel zu verstehen. Es schien, als habe Myers oder jemand anderes versucht, mehrere Gesetze der Physik miteinander zu verbinden und in Einklang zu bringen. Hinter dem Ergebnis des Rechenweges waren gleich mehrere Ausrufezeichen förmlich in das Papier gestanzt worden.
    Ratlos schürzte Philemon die Lippen. Auf die Schnelle war es ihm unmöglich nachzuvollziehen, was dieser Rechenwert bedeutete, zumal er mit keinerlei Einheit gekennzeichnet war. Er steckte das Papier in seine Westentasche. Das würde er auch noch später herausfinden können. Jetzt sollte er erstmal zusehen, dass er hier rauskam. Er klappte den Koffer zu und ließ die Schlösser einrasten, dabei spürte er eine gewisse Enttäuschung. Er hatte nicht das Geringste über den Verbleib von Myers herausgefunden. Aber was hatte er auch erwartet? Dass er verkohlte Kleidungsstücke finden würde? Oder besser noch gleich die ganze Leiche von Mr. Myers?
    Du bist töricht, Philemon Ailey, schalt er sich. Du hättest nicht auf das Gerede der Leute, sondern besser auf den Doktor hören sollen! Er erhob sich und breitete sorgfältig das Tischtuch wieder über den Koffer. Auch die Teller und Tassen stellte er so hin, wie er sie vorgefunden hatte, und griff nach der Strippe. Nach einem letzten Blick auf das Arrangement löschte er das Licht.
    So leise, wie er gekommen war, schlich er nach unten auf sein Zimmer und begab sich schleunigst in sein Bett. Es war bereits nach drei Uhr morgens und er war hundemüde, doch sein Misstrauen loderte wacher denn je. Wie ein mahnendes Leuchtfeuer strahlte es in der Weite seines Gewissens. Unruhig

Weitere Kostenlose Bücher