Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Lampe, und als sehe er in eine andere Welt, tat sich ein steril wirkender Korridor vor ihm auf, von dem links und rechts Türen abgingen. Das Labor!
29. Kapitel
16. Februar 2010
Haiti, in der Mine
Das Labor von Darwin Inc.! Die Bruthöhle des Bösen!
Ondragon prüfte noch einmal den Sitz seiner Gasmaske und kroch durch das Loch auf die andere Seite, wo er sich im Korridor bequem aufrichten konnte. Sich auf alle Szenarien einstellend, aber auch mit unkontrolliert wachsender Neugier ließ Ondragon den Lichtstrahl seiner Lampe durch den weißgetünchten Flur wandern. Er sah sieben verschlossene Stahltüren mit kleinen Fenstern, vier links, drei rechts. Eine achte lag am Ende des Ganges.
Ondragon beleuchtete die Schilder neben den Türen: Office, Archive/Storage, Kitchen/Canteen, Lab III, Staircase/Exit, Lab I, Lab II, Greenhouse.
Am anderen Ende des Flurs angelangt, öffnete er zunächst den Zugang zum Treppenhaus. Dahinter tat sich ein weiterer kleiner Raum mit einer noch massiveren roten Stahltür auf, die deutliche Dellen nach innen aufwies. Er versuchte, sie zu öffnen. Es gelang ihm aber nur einen winzigen Spalt breit, denn auf der anderen Seite versperrte etwas Schweres den Weg. Ondragon leuchtete in den Spalt und sah staubige Gesteinsbrocken, die bis unter die Decke aufgetürmt waren. Das musste der Schacht gewesen sein, den die Mailmen erfolgreich gesprengt und verschlossen hatten. Keine Chance, da irgendwie nach oben zu kommen. Ondragon ließ von der Schutztür ab und wandte sich der nächsten zu. Lab I. Unter dem Fenster der Tür prangten gleich mehrere Warnhinweisschilder aber kein Biohazard-Symbol.
Er drückte die Klinke, betrat den dunklen Raum hinter der Tür und sah sich um. Er erkannte die für ein Labor typische Einrichtung. Stahlregale voll mit Glasbehältern, Computermonitore, Mikroskope und andere technische Gerätschaften, geflieste Tische, darauf Schalen und Phiolen mit Alufolie bedeckt, Schränke mit und ohne Glastüren, darin Petrischalen und wieder unzählige Flaschen aus braunem und weißem Glas, Pipetten, Pinzetten und weitere Utensilien. Nur, dass durch das Erdbeben alles neu gemischt worden zu sein schien. Einiges Mobiliar war verrückt worden und zu Bruch gegangen. Nicht identifizierbare Flüssigkeiten waren aus zerborstenen Behältern ausgetreten und hatten sich auf dem Fußboden zu einer Lache vereint, die allerdings schon längst eingetrocknet war und an den Rändern kristallin glitzerte.
Die Wände des Labors waren durchzogen mit frischen Rissen. Betonstaub war daraus hervor gerieselt. Lichtkästen wie aus einer altmodischen Röntgenpraxis hingen schief neben Whiteboards, die mit Formeln beschriftet und Bildern von Helixmodellen und sequenzierten, senkrechten Strichcodes behängt waren. Ondragon besah sich die abgebildeten Codes näher. Die ungleichmäßig hell und dunkel gestreiften Abschnitte wurden von allen nur erdenklichen Kombinationen der Buchstaben A C G T flankiert, welche, so wusste er noch aus dem Biologieunterricht, die vier Nukleinbasen in der DNA betitelten. Doch das war es auch schon mit seinem bescheidenen Wissen über die Genetik, und leider konnte er nirgendwo einen für ihn verwertbaren Hinweis darauf entdecken, an was genau hier geforscht worden war. Mit den kryptischen Notizen am Whiteboard konnte er beim besten Willen nichts anfangen, und einen Organismus anhand seiner Gensequenz zu erkennen, beinhaltete sein recht gut ausgestattetes Repertoire an Fähigkeiten bisher nicht.
Er leuchtete in die Bechergläser auf einem der Tische, in denen jemand portionsweise ein gelbliches Pulver gefüllt hatte. Auf dem Etikett einer Plastikspritzflasche daneben stand aqua dest .
Ondragon ging zu einem der Whiteboards zurück, machte einige Fotos mit einer kleinen Kamera, die er mitgenommen hatte, und zog anschließend eine der Sequenzierungen mit dem Titel DWIN 411-Crypt unter einem Heftmagnet weg. Er faltete das Papier zusammen und steckte es in eine der Seitentaschen an seiner Hose.
Dann verließ er das wenig aufschlussreiche Labor und blieb einen Moment vor der nächsten Tür mit der Aufschrift Lab II stehen. Unheilvoll leuchtete das gelbe Dreieck mit dem Symbol für biologische Gefahren im Licht seiner Stirnlampe. Er starrte lange darauf, bis sein Blick auf eine Unregelmäßigkeit in der Gesamtstruktur gelenkt wurde, ein Fehler im Bild. Fünf bräunliche Streifen waren von innen an das kleine, mit Sicherheitsdraht durchzogene Fenster über dem Warnschild
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