Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Kegel gereckt und blickte sich gleichfalls besorgt um.
„Derselbe Heuler wie letzte Nacht, vermute ich mal“, entgegnete Rod in unheilschwangerem Ton und griff nach seiner Pistole.
Wieder schwebte das Stöhnen zu ihnen hinüber. Diesmal sahen alle drei in dieselbe Richtung: Zum Waldrand, der sich keine fünfzig Yards vor ihnen als lebendige grüne Wand erhob.
„Da!“ Rod hielt seinen Finger ausgestreckt wie ein Matrose, der Land sichtet. „Dort drüben bei dem umgestürzten Baumstamm. Da war ein Schatten. Ich hab es genau gesehen!“ In seinen blauen Eiswürfelaugen flackerte es. War das etwa Furcht?
Ondragon schirmte mit einer Hand seine Augen ab und starrte ebenfalls auf die Stelle, an der sich jetzt nichts mehr rührte.
„Ich habe es auch gesehen“, flüsterte die Madame mit banger Stimme. „Es sah aus wie ein dünner Mann.“
„Unser Zombie-Freund.“ Rod sah vom Waldrand zu Ondragon, der entnervt Luft ausstieß.
„Zombie, na klar!“, wiederholte er sarkastisch und schaute auf die Uhr. Sie hatten keine Zeit für diesen Unfug. Er würde jetzt in die Mine zurückgehen und seinen Job erledigen, egal, was dort durch die Büsche kroch!
„Behaltet den Schatten im Auge. Rod, sichere das Seil, ich gehe jetzt wieder rein. Ich will dieses beschissene Land nämlich bis morgen verlassen haben!“ Er schenkte dem missbilligenden Schnalzen der Madame keine Beachtung und wandte sich zum Schacht, wo er das Seil wieder in seinen Klettergurt fädelte.
„Und was machen wir jetzt ohne Funk?“, wollte Rod wissen.
Ondragon fummelte sich den Sender aus dem Ohr und warf ihn weg. „Wir kommen auch so klar. Ich habe nämlich einen neuen schedule für euch, der klappt auch ohne Funk. Und zwar gehen wir wie folgt vor: Ich habe drei Stunden, um mich dort unten umzusehen. Wenn ich in spätestens dreieinhalb nicht wieder hier bin, dann geht ihr ohne mich zum Boot zurück. Klar?“
„Aber …“
„Ist das klar?“, unterbrach er Rods Einwand. Er hatte keinen Nerv mehr für Diskussionen. „Klar!“, sagte Rod mit hartem Gesichtsausdruck und fuhr sich mit der rechten Hand durchs weiße Haar. Eine Verlegenheitsgeste, wie Ondragon wusste. „Wir gehen ohne dich, Ecks.“
Irgendwie glaubte er seinem Freund nicht, und das machte ihn eher froh als unglücklich. Trotz allem wollte er ihn nicht in Gefahr bringen. Deshalb bestand er darauf, dass Rod es ihm bei der russischen Kugel in dessen linkem Schulterblatt schwor, nicht nach ihm zu suchen.
„Mann, Ecks! Hör mit diesem Pfadfinderquatsch auf. Ich mache, was du sagst, okay?“,
„Gut. Bekomme ich jetzt noch etwas zu trinken?“ Ondragon lächelte schräg und nahm die Wasserflasche, die Rod ihm reichte, entgegen. Er trank einen langen Schluck und gab sie dem Briten zusammen mit seiner Packung Kaugummis zurück. „Damit dir hier oben nicht langweilig wird. See ya! “
Er ließ sich in den Schacht hinab und erreichte in geschmeidigem Tempo die Sohle, wo er wieder seine Gasmaske aufsetzte und die Stirnlampe anschaltete. Ein Gutes hatte die kleine Verzögerung durch den Heuler wenigstens gehabt, dachte er, hier unten hatte sich der Staub der Explosion weitgehend gelegt.
Etwas geschickter als zuvor bewegte er sich durch den Gang bis zu dem Gewölbe. Einige frische Felsbrocken waren von der Decke heruntergefallen, auch vor dem Zugang zum Gewölbe lag nun ein fast mannshoher Steinkoloss. Ondragon untersuchte die Passage und stellte fest, dass er zwar durch den schmalen Spalt passte, die Wände aber sehr instabil waren und bei jedem nächsten Erdstoß herunterfallen und die Öffnung endgültig zuschütten konnten. Es bestand also eine gewisse Gefahr, für immer hier eingeschlossen zu werden, falls er diesen Punkt passierte. Viel Hoffnung auf einen anderen Ausgang gab es nicht, auch wenn er noch etwas Dynamit übrig hatte, um sich eventuell einen Weg freizusprengen. Dabei bestand jedoch auch immer das Risiko, selbst verschüttet zu werden.
Trotz aller Bedenken schlängelte sich Ondragon schließlich an dem Brocken vorbei in das Löcher-Gewölbe und schlüpfte wenig später in den tunnelartigen Gang zum Labor. Vorsichtig zwängte er sich an heruntergefallenen Gesteinsbrocken vorbei durch den unbefestigten Trichter und traf bald auf die Stelle, an der nun über einem hüfthohen Schutthaufen ein großes Loch anstatt der einstigen Betonwand im Fels gähnte. Dahinter war es dunkel.
Ondragon näherte sich dem Loch und leuchtete hinein. Staub tanzte im starken Schein seiner
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