Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
Vom Netzwerk:
, mein Freund, dachte Ondragon.
    „Nun“, fuhr die Madame fort, „Mr. Ondragon behauptet, sein Bruder sei seit über dreißig Jahren tot. Aber ich habe das Gefühl, er sagt nicht die Wahrheit.“
    Das Gespräch nahm eine definitiv unerwünschte Wendung. Und während Roderick DeForce zu dem Thema unangenehm berührt schwieg, beschloss Ondragon, dem ein Ende zu setzen. Es war ohnehin höchste Zeit, sich auf die Landung vorzubereiten. Unter ihnen tauchte schon das helle Band der jamaikanischen Küste auf. Daher erhob er sich hörbar laut gähnend aus seinem Sessel und streckte seine Glieder.

23. Kapitel
    Haiti
    Im Schacht

    Mit einem erschrockenen Schrei fuhr Christine hoch. Dort oben war jemand gewesen. Ganz kurz hatte sie gesehen, wie der Schatten eines Kopfes über den Rand des Schachtes gelugt hatte. Jetzt war er wieder fort.
    Christine überlegte, ob sie um Hilfe rufen sollte. Vielleicht hatte ja doch jemand aus dem Dorf eine Suche nach ihr und den anderen der Gruppe organisiert. Sie stemmte sich auf ihr gesundes Bein, legte den Kopf in den Nacken und rief, so laut sie konnte. Ihre Stimme klang rau und verzweifelt. Doch das helle Viereck starrte weiterhin ungerührt auf sie hinab. Kein Umriss eines Kopfes erschien. Sie rief noch ein paar Mal, bis sie vor Anstrengung zitterte und sich wieder setzen musste. In ihrem verletzten Bein pochte es, als sei die dünne Haut an der schmerzhaften Schwellung wie das Fell einer Trommel gespannt und würde von einem der Tempeldiener in einem teuflischen Rhythmus geschlagen werden. Im selben unerbittlichen Takt pumpte das Blut durch den heißen Unterschenkel und wieder zurück in ihren Körper. Das Böse darin konnte sie förmlich spüren. Das Bein war entzündet und das schlechte Blut verteilte sich stetig im ganzen Körper. Bald würde auch sie krank und aufgedunsen sein.
    Christine presste die Lippen zusammen. Sie wollte nicht daran denken, welche Qualen ihr der Tod bereiten würde, sie versuchte nur, sich vorzustellen, wie sie im Reich der Geister wieder auf ihren Bruder und ihre Mutter treffen würde. Ihre Familie wäre endlich wieder beisammen. Nein, nicht ganz. Ihr Vater fehlte. Er irrte noch immer zum Zombie verdammt durch die Welt der Lebenden. Rastlos, ratlos, willenlos. Auf ewig oder bis der Bokor ein Einsehen hatte und ihn entließ. Christine legte den Kopf zurück an die Felswand, als sei er zu schwach, diesen schrecklichen Gedanken zu tragen.
    Würde sie ihren Vater jemals wiedersehen? Würde er es schaffen, in die Welt der Geister zu gelangen? Christine machte sich Sorgen. Wer sollte jetzt, da alle anderen der Gruppe tot waren, das Werk der Priesterin vollenden?
    „Besser du gewöhnst dich schon einmal daran, dass du deinem Vater erst im Geisterreich begegnen wirst!“ Das hatte die Mambo ihr im Stillen gesagt, bevor sie die Expedition vorbereitet hatte. „In die Welt der Lebenden wird er nicht zurückkehren können. So will es das Gesetz der Shanpwel, sie haben über ihn geurteilt, verstehst du?“
    Christine hatte natürlich nicht verstanden, warum die Shanpwel wollten, dass ihr Vater ein Zombie blieb. Hatte nicht der Bokor der blancs ihren Vater verhext? Der böse Zauberer hatte doch mit der Geheimgesellschaft ihres Dorfes nichts zu tun. Oder etwa doch? Das hatte sie auch die Priesterin gefragt, doch die hatte nur verächtlich gelacht und gesagt, dass sie nicht so närrisch sein sollte wie ihre Mutter, die tatsächlich glaubte, Etienne Dadou könne gerettet werden. „Das Einzige, was ich für deinen Vater tun kann, ist, ihn zu töten“, hatte die Mambo mit unheilvoller Stimme gesagt und Christine anschließend einfach stehen lassen, um in ihrem Humfó die Zeremonie vorzubereiten.
    Christine zuckte zusammen bei dieser schmerzhaften Erinnerung. Sie legte die Arme um ihren mageren Brustkorb, um sich Wärme zu verschaffen. Hier unten im Schacht war es viel kälter als oben an der Oberfläche. Und ständig rann Feuchtigkeit die Wände herab – lebenspendendes Wasser, das sie immer wieder vom Stein leckte, damit wenigstens etwas ihren ausgehöhlten Magen füllte. Christine spürte die Tropfen auf ihren Scheitel fallen.
    Aber waren das überhaupt Tropfen? Sie fuhr mit der Hand über ihr Haar. Es war staubtrocken. Wieder spürte sie, dass etwas auf sie herabrieselte. Sie fing es in ihrer offenen Hand auf. Es war Sand. Ruckartig hob sie ihr Kinn und blickte nach oben. Der Sand fiel in ihre Augen und trübte ihre Sicht, dennoch war sie sich sicher.
    Dort oben war

Weitere Kostenlose Bücher