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Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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die drei Außenmotoren mit jeweils 300 PS auf und der Bug des Bootes hob sich aus dem schäumenden Wasser. Rasch entfernte sich das Gefährt von der Küste und nahm in einem eleganten Bogen Kurs nach Osten.
    Niemand hatte irgendwelche Fragen gestellt.

    Ondragon hielt das Ruder fest in der Hand und überprüfte den Kurs. Das Boot war eine helle Freude. Mit ungeheurer Kraftbretterte es über die ruhige See. Das Wasser glitzerte in der karibischen Sonne, und bei jeder Welle, die sie kreuzten, hob der Rumpf kurz ab, um danach gleich umso härter wieder aufzusetzen, als treffe er auf Beton und nicht auf Wasser. Diese ständigen Stöße auf die Bandscheiben waren anstrengend, auch der Sound der Motoren war irre laut und versetzte das ganze Schiff in Vibration. Aber die Kraft, die dahintersteckte, fühlte sich unwiderstehlich gut an. Ondragon grinste in den Fahrtwind. Ein echtes Männerspielzeug!
    Er blickte sich zu seinen beiden Begleitern um, die, nachdem sie die Ausrüstung sortiert und festgezurrt hatten, nun auf ihren gepolsterten Plätzen saßen und jeder für sich auf das Meer hinausschauten, wo Pelikane so dicht über dem Wasser dahinglitten, als hofften sie, dass die fliegenden Fische, die vor der Gischt des Motorenmonsters flohen, direkt in ihre Schnäbel springen würden.
    Ondragon fing einen Blick von Rod auf, der ihm kameradschaftlich zuzwinkerte, und sogleich überkam ihn ein wohliges Gefühl. Er war froh, den Briten für diese Mission an seiner Seite zu haben, obwohl er es sonst bevorzugte, alleine zu arbeiten. Aber als Partner konnte es keinen besseren geben. Mit dem Vater aller Mailmen als Waffenbruder fühlte er sich unbezwingbar.
    Er schaute kurz zu der Madame hinüber, die Rod gegenübersaß. Sie wirkte blass und noch verschlossener als sonst. War sie etwa seekrank? Oder hatte sie Sorge, ihre alte Heimat zu betreten? Ondragon spürte das alte Misstrauen aufkeimen. Was, wenn sie doch nicht ganz koscher war? Schließlich hatte sie im Flugzeug bei ihrem Gespräch mit Rod ihre Mimikryspielchen unbewusst offenbart. Ondragon beschoss, sie besser im Auge zu behalten. Dieser prächtige Nachtfalter war nicht das, was er vorgab zu sein.

    Zwei Stunden später ging die Sonne als leuchtender Protagonist in einem spektakulären Schauspiel unter. Kurz und heftig glühte der Himmel auf, als hätte jemand eine Atombombe gezündet, und wurde dann schnell mit Schwärze übergossen. In den tropischen Breiten kamen die Nächte schnell und schnörkellos.
    Ondragon drückte den Memoryknopf auf seiner Taucheruhr, der den aktuellen Zeitpunkt speicherte, und blickte zu den ersten Sternen hinauf. Der Wind auf seiner Haut fühlte sich noch immer warm an, und obwohl es früh am Abend war, spürte er, wie ihn seine alte Freundin, die Müdigkeit, noch immer nicht losließ. Wenn er für den Einsatz fit sein wollte, dann sollte er jetzt besser ein paar Stunden schlafen, dachte er und bat Rod, die erste Wache am Steuer zu übernehmen.
    Dort saß sein Freund nun und unterhielt sich gedämpft mit der Madame, während er genüsslich eine Havanna rauchte. Der Rauch der Zigarre zog mit dem Fahrtwind nach achtern, wo Ondragon auf einem Schlafsack lag und das stetige Vibrieren und Stampfen des Bootes zu ignorieren versuchte. Der aromatische Geruch und Rodericks entferntes Lachen beförderte angenehme Erinnerungen herauf. Hinter geschlossenen Lidern sah sich Ondragon am Strand von Mombasa mit seinen Kumpels in seiner Lieblingsbar sitzen, in der sich alle Mailmen stets getroffen und gefeiert hatten. Grund genug gab es dafür jedes Mal nach einem erfolgreich ausgeführten Job – man war am Leben geblieben.
    Ondragon war damals fünfundzwanzig gewesen, als er von Roderick DeForce angeheuert wurde und durch ihn eine völlig neue und anregende Welt betrat. Eine Welt jenseits der trockenen Theorie von Optimierungskonzepten für Firmenstrukturen und Controlling-Abteilungen, eine Welt hinter den Kulissen von Politik und Wirtschaft, zwielichtig und faszinierend. Sein Vater war natürlich dagegen gewesen, aber Ondragon hatte keine Lust mehr gehabt, nach dessen Pfeife zu tanzen. Er hatte es lange genug versucht. Es war an der Zeit gewesen, endlich seinem eigenen Willen zu folgen. Mit seinem Umzug von New York nach Kairo zu DeForce Deliveries besiegelte er den finalen Bruch in der Beziehung zu seinen Eltern. Traurig hatte ihn das ganz gewiss nicht gestimmt, eher hatte ihn ein triumphales Gefühl emporgehoben, so als hätte er eine hundertjährige

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