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Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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Schlacht gewonnen. Ondragon erinnerte sich gerne an die knapp sechs Jahre bei DeForce. Der Job war wie das Schlüpfen aus einem Ei gewesen, die Wiedergeburt seiner lange unterdrückten Fähigkeiten. Fähigkeiten, die er endlich einsetzen konnte für jemanden, der sie zu schätzen wusste und der ihn nicht wie einen durchgeknallten Freak behandelte. Roderick DeForce hatte ihn gefunden und geformt, hatte den Grundstein gelegt zu dem, was er heute war. Sicher, der Job bei DeForce war hart gewesen und die Einsätze riskant, aber Ondragon hatte sich nie zuvor lebendiger gefühlt.
    Hart waren auch die Charaktere gewesen, mit denen er es zu tun hatte. Seine Kameraden waren raue, aber sehr zuverlässige Gesellen. Immer bereit, für den anderen durch die Hölle zu gehen. Darauf hatte Roderick DeForce bei der Auswahl seiner Leute großen Wert gelegt. Zwei Jahre lang war Kairo Ondragons Heimat und Ausgangsbasis für die Einsätze gewesen, die sie zumeist in den Mittleren Osten und nach Afghanistan geführt hatten. Danach zog das Mainoffice von DeForce nach Mombasa um und zwei Drittel der Mailmen mit ihm. Als Heimatloser war es Ondragon sowieso egal, wo er lebte, und er ging gern in die kenianische Hafenstadt, wo er sich eine Wohnung mit einem Kollegen teilte, nur wenige Schritte vom Strand und ihrer Stammbar entfernt. Er konnte die exotisch kribbelnde Atmosphäre, welche damals die Stadt beherrschte, förmlich spüren, hörte das multilinguale Stimmengewirr der Einwohner aus aller Welt, gemischt mit afrikanischen Musikklängen, und fühlte das eisgekühlte Glas mit dem Bier in seiner Hand.
    Ondragon seufzte und ließ es zu, dass diese Retrospektive ihn wie ein willkommener Gast umfing und sanft die Rotation seiner Zentrifuge abwürgte. Noch vor ihrer letzten Drehung schlief er ein.

    Punkt Mitternacht wurde er von Roderick geweckt. Schlaftrunken setzte Ondragon sich auf und brauchte einige Sekunden, bevor er sich bewusst wurde, wo er war. Hatte er so tief geschlafen? Das war wirklich erstaunlich, wenn man bedachte, dass das Boot über die Wellen sprang wie ein bockender Bronco beim Rodeo.
    Dankend nahm er die Hand seines Freundes und ließ sich auf die Beine ziehen. Gegen den Motorenlärm anschreiend erstattete Rod ihm Bericht. Laut GPS-Gerät hatten sie den westlichsten Zipfel Haitis vor zwei Stunden passiert und befanden sich nun rund 75 Seemeilen vom Ziel entfernt. Der Wind hatte etwas aufgefrischt, was einen höheren Wellengang verursachte, aber sonst war das Wetter beständig und die Lage ruhig.
    „Puh! Ruhig nennst du das?“, Ondragon hielt sich den strapazierten Rücken. „Das Boot tritt wie ein Maultier! Was ist mit der Madame?“
    „Sie versucht, in der Kabine etwas Schlaf zu finden.“
    „Bei den Benzinkanistern? Wie gemütlich.“
    „Ich hatte es ihr auszureden versucht, doch sie wollte lieber für sich sein.“
    Ondragon verstand. Die Madame hatte wenig Lust gehabt, sich neben ihn zu legen. Sonderlich viel Platz war auf dem kleinen Schiff ja nicht und da blieb nur noch die Kabine. Er klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Hau dich hin, Rod. Ich wecke euch, wenn wir unseren PO erreicht haben.“
    PO war die Abkürzung für Point One . Das stand für den Startpunkt einer jeden Operation und nicht selten markierte es auch den Endpunkt. Endete die Mission woanders, so hieß der Ort PT, Point Two . PC, der Point of Contact , bezeichnete den Punkt, an dem der Kontakt zu gefährlichem Boden oder Feindgebiet (in diesem Falle die Küste) stattfand. RT , Reach Target, bezeichnete das Ziel, wobei es sich entweder um ein bewegliches, zu transportierendes Objekt handeln konnte oder um eine fest verankerte Koordinate, die es zu erreichen galt. Und MC war das Signal an alle Crewmitglieder, dass die Mission erfüllt und erfolgreich beendet worden war. Mission Complete!
    Roderick DeForce beherrschte diese und andere Termini im Schlaf und er nickte, als er Ondragon die Wache überließ und sich auf dem Schlafsack zusammenrollte.
    Bockend fuhr das Boot durch die sternenklare Nacht. Weit genug von der Küste entfernt, um nicht aufzufallen, aber dennoch innerhalb der zwölf-Meilen-Zone. Bis jetzt war kein Schiff oder Flugzeug der Küstenwache auf sie aufmerksam geworden.
    Die hatten womöglich anderes zu tun, dachte Ondragon. Und das würde hoffentlich auch so bleiben. Er legte eine Hand auf das Steuer, spürte die Vibrationen der Motoren und ließ sie durch seinen Arm in seinen Körper fließen. Er wurde eins mit der Kraft des

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