Oneiros: Tödlicher Fluch
ein, streifte dabei seine Jacke ab und kam zu Kristins Überraschung zu ihr. »Rückzug«, sagte er, als er sie erreichte.
»Aber … w-w-was ist mit dem Narkoleptiker?« Das beschissene Stottern kehrte zurück, sie war zu aufgewühlt. Die Drogenwirkung ließ zu früh nach. Schnell warf sie sich zwei Pillen ein.
Der MI 6 -Agent sah sie ungläubig an, als wäre es völlig undenkbar, einen Befehl zu hinterfragen. »Rückzug, habe ich gesagt! Die Anweisung kam von Darling.«
»A-a-aber ich habe m-m-meine Anweisung auch v-v-von D-d-darling.« Kristin hatte nicht vor, ihre beiden wichtigsten Ziele aufzugeben, nur weil der Einsatz nicht nach Plan verlief. Sie wollte Arctander und Korff unbedingt haben, und nichts würde sie aufhalten. Tick, tack, ihre Zeit lief ab. »Wir gehen ihnen n-n-nach.«
»Bestimmt nicht, von Windau. Sie tun, was ich Ihnen sage.« Johnny wandte sich von ihr ab und bahnte sich seinen Weg durch die Flüchtenden zum Rand der Straße, die von Hauswänden begrenzt wurde. Hinter ihnen tauchte Strong auf.
Fluchend folgte Kristin dem Agenten und zog ihre Haarnadel. Lieber hätte sie ihn und die übrigen Teammitglieder als Versuchsobjekte mit nach Minsk genommen, doch die Situation machte es unmöglich, sie alle zu überwältigen, daher musste sie sich auf die beiden interessantesten Zielpersonen konzentrieren. Welche Verschwendung an Ressourcen.
Kristin stieß Johnny in einen dunklen Hofeingang und damit aus den Augen der Menschen. In derselben Bewegung stach sie ihm in den Nacken. »Sie sind ein entbehrlicher Idiot«, raunte sie.
Die Attacke traf Johnny völlig unvorbereitet. Die scharfe Spitze durchdrang die Haut, fuhr an Wirbeln vorbei ins Kleinhirn.
Kristin rüttelte einmal kräftig an der Nadel, um größtmöglichen Schaden anzurichten, bevor sie sie wieder herauszog. Mehr als ein kleiner roter Punkt war nicht zu sehen.
Lautlos sackte Johnny zusammen und stürzte eine finstere, ausgetretene Kellertreppe hinab, blieb dort am Boden liegen.
Kristin beugte sich aus der Hofeinfahrt und winkte Strong zu, der sich bereits suchend nach ihnen umsah. Die Straße hatte sich mittlerweile geleert, die Panik fegte die Menschen davon. »Green ist gestürzt«, sagte sie in ihr Headset und deutete auf die Treppe. »Alleine bekomme ich ihn nicht aufgehoben.«
»Verstanden.« Strong erreichte sie und setzte einen Fuß auf die erste Stufe, um zu Johnny zu gelangen. »Wie ist das passiert?«
»Ungefähr so.« Wieder stach Kristin mit der Nadel zu, erwischte die gleiche Stelle wie beim MI 6 -Agenten und tötete den
Topor’s Man
in weniger als zwei Sekunden. Auch er fiel die Treppe hinab.
Schnell folgte Kristin ihm, zog Johnnys Pistole, tauschte die Betäubungsmunition gegen scharfe und schoss beiden ins Genick, um ihre Spuren zu verwischen. Dann steckte sie die Waffe ein, eilte hinauf und lief in die schmale Straße, in der Arctander und Korff verschwunden waren. Die Nadel steckte sie in die Innenseite ihres Mantels, da sie ihre Lederlasche verloren hatte.
Keinesfalls ordnete sie sich Darlings Willen unter, nicht, solange es noch eine Alternative gab. Die Alternative bedeutete in diesem Fall eine Lüge und zwei Tote.
Kristin rief den Commander an. »Arctander ist entkommen. Korff hat ihm dabei geholfen«, sagte sie knapp. »Er hat Johnny und Strong getötet, als wir auf dem Rückzug waren. Ich glaube, es war ein Fehler, darauf zu vertrauen, dass Korff dumm genug ist, Ihnen zu glauben.« Kein Stammeln mehr, die Drogen wirkten wieder. Und sie war ruhiger geworden.
Darling fluchte laut. »Okay, verfolgen Sie die beiden. Der Satellit hat sie verloren.«
»Geben Sie mir eine Telefonpeilung von Korff.«
»Geht nicht. Sein Smartphone ist ausgeschaltet.« Darling rief etwas Unverständliches, anscheinend irgendeinen Befehl an einen Untergebenen. »Suchen Sie weiter«, wies er sie als Nächstes an. »Ich sage Ihnen Bescheid, sobald ich weiß, wo das Handy ist.«
»Verstanden.« Kristin beendete das Gespräch. Sie traute Darling nicht, genauso wenig wie er ihr vertraute. Sie beide waren es gewohnt, ein doppeltes Spiel zu treiben. Der Commander schickte garantiert ein neues Team auf den Weg, um sie zu kontrollieren. Er würde vermutlich bald herausbekommen, dass sie ihre Abmachung bereits gebrochen hatte. Wobei sie sich diesem Deal ohnehin nicht verpflichtet fühlte. Nicht unter den Umständen, unter denen er zustande gekommen war.
Das Heulen der Sirenen klang wie der klagende Ruf eines jammernden Tiers. Kaum ein
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