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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Moment: Er duckte sich, sprang gegen eine schrägliegende Palette, drückte sich ab, von da gegen die Wand und jagte auf den Angreifer zu.
    Die Mündung folgte seinen artistischen, raschen Manövern, dann krachte es.
    Konstantin spürte den Schlag gegen den Oberschenkel, rechts außen, der ihn einknicken ließ. Keinen halben Meter von dem Fremden entfernt, fiel er mit einem Schmerzensschrei in den feuchten Dreck. Schwindel erfasste ihn, seine Sicht verdunkelte sich. Schockauswirkung. »Sagte ich dir doch, Kleiner: Ich treffe verdammt gut. Streifschuss, nichts Schlimmes, aber es hält dich auf.« Der Mann steckte den ungewöhnlichen Revolver ein. »Jetzt folgst du mir bestimmt nicht mehr.« Er hob den Fotoapparat und machte noch zwei Aufnahmen von ihm. »Die schicke ich dir. Als Erinnerung an deine Ignoranz.« Er grinste breit und zeigte gelbliche Zähne, wie sie starke Kaffeetrinker und Raucher hatten. »Noch ein wohlgemeinter Ratschlag: Halt dich von der Süßen fern, bevor du sie in den Tod reißt.« Er trat aus dem Hofeingang auf die Straße und verschwand.
    Scheiße!
Konstantin stemmte sich an der feuchtkalten Wand in die Höhe und presste die Kiefer fest zusammen. Warm rann sein Blut aus der Wunde, und es schmerzte unglaublich. Die nächsten Tage konnte er Sport vergessen.
    Hinkend und fluchend folgte er dem Mann, doch er war nirgends mehr zu sehen. Er nahm sein Handy aus der Hosentasche, das jedoch den Geist aufgegeben hatte – ob durch den Regen und den Sturz, wusste er nicht.
    Ein Passant näherte sich Konstantin. »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte er unsicher.
    »Würden Sie einen Krankenwagen rufen?«, bat er. »Ich habe mich am Bein verletzt.«
    »Sicher. Kommen Sie, wir warten da drin.« Der junge Mann half Konstantin über die Straße in einen orientalischen Einkaufsmarkt namens HALAL , wo der Besitzer gerade damit beschäftigt war, neue Ware in den Laden zu schieben.
    Konstantin bekam von dem Orientalen, der sich als Jussef vorstellte, sofort Tee zu trinken. Die Blutung wurde vorerst mit Kompressen und einem Druckverband gestillt.
    »Danke.« Konstantin hielt sich an dem kleinen Glas fest, aus dem es heiß dampfte und nach Apfel roch.
    »Kein Problem.« Jussef nickte. »Übel. Wer hat Sie denn angeschossen?«
    Der Passant erbleichte, und Konstantin fluchte innerlich darüber, dass die Beschaffenheit der Wunde anscheinend so eindeutig war. »Nein, ich bin an einem Eisendraht hängen geblieben. Ich laufe Parkour.« Rasch erklärte er, was Parkour war und was sich angeblich zugetragen hatte.
    »Ah.« Jussefs Gesichtsausdruck besagte, dass er kein Wort glaubte. »Ich war früher Arzt im Irak, deswegen dachte ich, ich erkenne eine Schusswunde. Aber ich habe mich wohl geirrt. Ich bin schon lange aus meinem Beruf raus, und es geht mich auch nichts an.«
    Der Krankenwagen rollte vor den HALAL , die Sanitäter kamen herein und kümmerten sich um Konstantin, befragten ihn über den Unfall. An ihren Blicken erkannte er, dass sie seine Version des Geschehens im Gegensatz zu Jussef nicht in Zweifel zogen.
    Unvermittelt fiel ihm ein, dass es für Halal noch eine andere Bedeutung gab als die islamische. Auf Ungarisch und mit einem Akzent versehen bedeutete es: Tod.
Ausgerechnet.
Das Schicksal hatte Sinn für schwarzen Humor.
    »Dann alles Gute!« Der freundliche Passant machte sich wieder auf den Weg. Auch Jussef wünschte ihm eine schnelle Genesung und gab Konstantin noch ein Glas Hummus mit. Für mehr Kraft.
    Die Sanitäter brachten ihn zum Krankenwagen, um ihn mit ins Krankenhaus zu nehmen, wo die Wunde richtig gesäubert werden musste.
    Konstantin stimmte zu, weil er nicht wollte, dass kleine Stoffreste im Loch zu einer Entzündung führten.
Keine Blutvergiftung. Bloß nicht!
    Auf der Fahrt rief er mit dem Handy des Rettungsassistenten im
Ars Moriendi
an und sagte Mendy, dass er heute nicht kommen konnte. Danach machte er es sich auf der Liege bequem und dachte über den schwerbewaffneten Lodenrocker nach, der ihm anscheinend bereits längere Zeit an den Fersen haftete und Fotos machte. Für eine ominöse Ablage, die sich mit Todesschläfern beschäftigte.
    Länger als zwei Jahre.
    Länger als ein neues Leben in Leipzig währte.
    Leipzig, Deutschland
    Die Tür zum Krankenzimmer schwang in der gleichen Sekunde auf, in der geklopft wurde.
    Konstantin sah verwundert zum Eingang, weil er nicht mit Besuch rechnete. Er hatte gerade seine Plastiktüte nehmen und verschwinden wollen. Das Taxi war schon bestellt.
    Ein Mann

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