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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Dominikanische Republik
    Kristin winkte in die eingebaute Webcam ihres Laptops und verabschiedete sich von ihrem Sohn Eugen mit einem gehauchten Kuss in die Linse, bevor sie die Verbindung unterbrach. Sie klappte den Deckel zu, verstaute den tragbaren Computer in ihrer Tasche und nahm die Flasche Mineralwasser in die Hand, aus der sie mit einem Strohhalm trank.
    Vor ihr plätscherte das Karibische Meer gegen die Befestigung der Uferpromenade, auf der wahre Heerscharen flanierten und den atemberaubenden Sonnenuntergang genossen.
    In den Abendstunden waren die Temperaturen in der Dominikanischen Republik gut zu ertragen, der Wind sorgte dafür, dass sich die Hitze des Tages nicht staute.
    Eine Musikband lief mit ihren umgeschnallten Instrumenten vor den Fronten der Bars und Kneipen auf und ab, um mit den Melodien der Marimbas, der Steel Pans und anderer Trommeln das typische Karibikfeeling zu verbreiten.
    Kristin saß zurückgezogen im Außenbereich einer Bar und beobachtete die Menschen um sie herum. Mit einer Bewegung, über die sie gar nicht mehr nachdachte, nahm sie die Pillendose aus der Tasche, schüttelte zwei Tabletten heraus und legte sie unter die Zunge. Die Aufputschmittel zerfielen, lösten sich auf und gaben ihre Substanzen in die Blutbahn ab. Kristin brauchte vollste Konzentration.
    Wo andere Urlaub machten, wartete auf sie knifflige Arbeit: die Jagd. Und sie stellte einer ganz speziellen Beute nach.
    Das
Esparcimiento
war eine Club-Bar für Leute mit einem großen Geldbeutel, der günstigste Drink kostete umgerechnet zwanzig Euro, was Pauschaltouristen und einheimische Habenichtse abschreckte. Es gab zahlreiche kleine Räume für eigene Festivitäten, während im Hauptraum jeden Abend eine stilvolle Themensause geboten wurde mit Essen, Getränken und Unterhaltung im exklusiven Ambiente. Weil diese Veranstaltungen sehr beliebt waren, tummelte sich die glanzvolle Gesellschaft im
Esparcimiento.
    Kristins ahnungsloses Opfer befand sich noch im Hauptraum, würde aber bald in einem Nebenraum verschwinden, um dort mit Freunden seine Beförderung zu feiern.
    Sie blickte auf die Uhr. In genau zehn Minuten würde sie sich an der Bar in Position bringen und zuschlagen.
    Ein blonder Mann erhob sich am Nachbartisch aus dem Schutz seiner Gruppe und steuerte auf ihren Tisch zu. Ihr weißes Kleid mit den roten Ornamenten darauf hatte die Aufmerksamkeit geweckt; ihre teilweise sichtbaren Ankh-Tätowierungen und die verspiegelte Sonnenbrille schreckten offenbar nicht genug ab.
    Der Mann stand gleich darauf vor ihr. »Guten Abend«, sagte er auf Spanisch. Sie hörte ihm sofort an, dass er eigentlich Amerikaner war. Südstaaten. Vermutlich im Ölgeschäft oder Rinderzüchter. »Ich bin Edward. Meine Freunde nennen mich Ed. Die Jungs und ich haben uns gefragt, ob Sie sich vielleicht zu uns setzen möchten, Lady?«
    Kristin sog den letzten Rest Mineralwasser aus der Flasche und warf ihm einen Blick über den Brillenrand zu. »Warum sollte ich, Edward?«, erwiderte sie ebenfalls auf Spanisch. Sie fand es erstaunlich, dass sie am meisten auf Deutsch zum Stottern neigte. Spanisch kam ihr reibungslos über die Lippen, Englisch und Russisch ebenso. Ob das mentale Ursachen hatte?
    »Wir würden uns über Ihre Gesellschaft freuen, Lady.«
    Kristin setzte ihr verstörend überhebliches Lächeln auf. »Weil?«
    »Weil …«
Der Blonde überlegte und verstand endlich, dass sie kein Interesse hatte, daher tippte er sich an eine imaginäre Hutkrempe und kehrte zu seinen Kumpels zurück.
     
    Kristin grinste ihm nach, stand auf und wechselte in den Innenraum an die Bar. Sie postierte sich in der Nähe der Tür, die zum Nebenraum führte, bestellte sich einen alkoholfreien
Mata Hari
und wartete geduldig. Die sonstigen Vorbereitungen waren abgeschlossen.
    Zehn Minuten später tauchte er auf, lachend, umringt von seinen Freundinnen und Freunden. Er wirkte etwas angetrunken, das Gelächter klang ausgelassen. Seine braune Haut konnte die roten Flecken nicht kaschieren, die er immer im Gesicht bekam, wenn er Alkohol zu sich genommen hatte. Was er sehr selten tat, weil er es sich in seinem Beruf nicht leisten konnte. Doch die Karibik war für einen Mann wie ihn weniger gefährlich als Miami oder El Paso, wo mexikanische Killer an jeder Ecke lauerten.
    Er bekam einen Rum vom Barkeeper gereicht, dann streifte sein Blick Kristin.
    Unverzüglich komplimentierte er die Gruppe in den kleinen Privatraum, während er die Bar umrundete und zu ihr

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