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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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die Probe stellen.
    Kurz vor den automatischen Türen schnippte er seine Kippe weg, betrat die Halle und sah sich um.
    Er entdeckte den Arzt in der Schlange vor dem Eincheck-Schalter. Geduldig stand er in der Reihe, las dabei eine Fachzeitschrift und behielt gleichzeitig sein Wägelchen mit den sechs Koffern im Blick.
    Thielke sah auf die Anzeige über dem Schalter. Der Flug ging über Warschau nach …
    Scheiße, sie hat Minsk gesagt, nicht Minz!
    Thielke hob die Nikon und schoss ungeniert Aufnahmen, machte mit dem hektisch klackenden Verschluss absichtlich auf sich aufmerksam. Aus der Nähe erinnerte der Mann an einen Geier oder an die Karikatur eines Bestatters.
    Tillman drehte sich weg und ignorierte ihn ansonsten. Aber als Thielke nachrückte und weitere Fotos machte, hielt er sich das Heft vors Gesicht. »Was soll das?«
    »Nur ein paar Fotos für die
dpa
, Herr Doktor«, rief er frech. »Sie sind doch Doktor Tillman aus den USA , der Promi-Schönheitschirurg!«
    »Nein, bin ich nicht«, zischte der Arzt. »Hören Sie sofort auf! Sie haben kein Recht, mich zu fotografieren.«
    Thielke tat unschuldig und senkte die Kamera. »Aber auf Ihrem Schildchen steht doch
G. Tillman.
Sie sind nicht George Tillman, der Michael Jackson unterm Messer hatte?«
    »Nein.« Er machte einen Schritt auf ihn zu und streckte den Arm aus. »Her mit der Speicherkarte.«
    Thielke sah, dass er seine Reiseunterlagen in der Innentasche des Sakkos trug. Möglicherweise gab es da noch Zusatzinformationen zu holen. »Klar.« Er öffnete die Abdeckung, nahm den Chip heraus, ging auf den Arzt zu und tat, als würde er stolpern. Schon lag er in Tillmans langen Armen und schnappte sich die Papiere, ehe er vom Arzt ruppig weggeschoben wurde. »Sorry.« Er reichte ihm den Datenträger und hielt sein Diebesgut unter der Jacke verborgen. »Schönen Tag noch.«
    Thielke drehte sich weg, humpelte zum Ausgang und las hastig die Zettel, bevor Tillman den Verlust bemerkte und einen Aufstand probte.
    Die Reisedaten brachten nichts Neues. Eine ausgedruckte Straßenkarte, unter der dick die handschriftliche Ergänzung INSTITUT LEBEN stand, war da schon deutlich interessanter.
    Alles klar.
Thielke ließ die Papiere unauffällig neben einer Bank fallen. Sollte die Flughafensicherheit ihn am Ausgang stellen, wollte er damit nicht erwischt werden.
    Thielke verließ das Gebäude, ohne aufgehalten zu werden, verschwand zügig in seinen Bedford und begann rauchend und Cola trinkend eine neue Recherche. Über Minsk und das Institut Leben, das anscheinend Tillmans Reiseziel war.
    Seine Nachforschungen über Bent Arctander und Timothy Chester Darling legte er vorerst auf Eis.

[home]
    VIII

    Ich bin der Tod,
    ich scheu keinen Mann.
    Tret jeglichen an
    und verschone keinen.
    Hugo von Hofmannsthal, Jedermann
    Paris, Frankreich
    N
och ein Unglücksedelstein.
    Konstantin saß in seiner Suite des
Hôtel De Vendôme.
Um ihn herum standen die Reste des Frühstücks, das er sich aufs Zimmer hatte kommen lassen. Er wollte ungestört sein und das Lesen kaum unterbrechen.
Spannend.
Er sichtete mit Hilfe seines Laptops Jesters Unterlagen und vergrub sich seit Tagen regelrecht darin. Ebenso recherchierte er über das Motiv der Vanitas mit ihren Facetten, Symbolen, Deutungen und Gegenströmungen. Unendliche Möglichkeiten taten sich auf; mit dem Sichten der Bilder aus der damaligen Zeit kam er kaum hinterher.
    Zu Bent Arctander hatte ihm Jester ebenfalls einige Informationen geschickt, aber die Dateien mit den Nachforschungen zum Tod waren zu verlockend. Zu anspornend.
    Natürlich wusste er, was er in Wahrheit tat: flüchten. Vor Iva, vor den Gedanken an ihr schönes Gesicht und seinen überwältigenden Gefühlen für sie.
    Er reagierte auf keine Botschaft, die Iva ihm zukommen ließ. Weder auf den Brief, der für ihn ans
Ars Moriendi
ging, noch auf ihren handgeschriebenen Zettel, den er kurz vor seiner Abreise an Deck der
Vanitas
gefunden hatte. Ihm fehlte der Mut, sie durch seine Anwesenheit in Gefahr zu bringen, und weiterhin unverändert eine glaubwürdige Geschichte.
    Caràras Bitte war ihm daher recht gekommen. Durch seinen Aufenthalt in Paris mied er das Gewandhaus, besuchte kein einziges Konzert und ging nicht mal mehr durch die Straße, in der sich Ivas Wohnung befand. Niemals war der Wunsch in Konstantin größer gewesen, seinen Fluch abzustreifen. Damit er zu Iva zurückkehren konnte. Bis dahin schottete er sich von ihr ab, sonst würde er schwach werden, das wusste

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